Nach vier Jahren Pause meldet sich das amerikanische Metal-Urgestein Flotsam And
Jetsam mit dem neuen Album "Dreams Of Death" zurück.
Die 1983 in Phoenix im US Bundesstaat Arizona gegründete Band sorgte erstmals mit ihren "1984 Bootleg" und "Metal Shock" (1985) Demo Tapes für weltweites Aufsehen, welche ihr auch letztendlich zu einem Plattenvertrag bei dem Label 'Metal Blade' verhalfen. Das
1986 veröffentlichte Debüt "Doomsday For The Deceiver" schlug in der internationalen Metal-Szene ein wie eine Bombe und muss noch heute zusammen mit
dem Nachfolger "No Place For Disgrace" von 1988 zu den absoluten Meilensteinen des
US-Metal gezählt werden.
Der große Erfolg blieb der Band jedoch leider verwehrt.
Man erreichte nie wieder die Klasse dieser beiden LPs. Einer der Gründe dafür war
sicherlich der Abgang ihres Bassisten und Hauptsongwriters Jason Newsted, der Ende
1986 zu Metallica wechselte, die zu diesem Zeitpunkt kurz vor ihrem Durchbruch
standen. Während Newsted zu Weltruhm gelangte, bekamen Flotsam And Jetsam kein Bein mehr auf den Boden. Es wurden zwar immer noch ganz annehmbare Platten veröffentlicht, aber die Band wurde stets an ihren ersten beiden Alben gemessen.
Es ist fraglich, ob sich das mit "Dreams Of Death" ändern wird.
Nach dem kurzen Intro "Requiescal" beginnt die CD mit "Straight To Hell" recht
vielversprechend. Mit seinem brutalen Death Metal-artigen Grundriff, den
griffigen Hooklines und Gitarrenharmonien ist die Nummer einer der besten Flotsam
Songs, die ich seit dem recht gelungenen "High" Album von 1997 gehört habe.
Anständig Gas gegeben wird auch beim anschließenden "Parascychic, Paranoid", das
mit einigen ruhigen Breaks aufgelockert wird. Die Ballade "Bleed" soll wohl der
Versuch sein, etwas Airplay im amerikanischen Radio zu bekommen, obīs klappt? Auf jeden Fall nett gemacht. Tja, und "Look In His Eyes" hätte eigentlich der
Höhepunkt der CD werde können, denn musikalisch ist es der einzige Song, der
wirklich an die alten Glanztaten aus den Achtzigern erinnert, doch leider wird er durch den völlig uninspirierten Gesang ziemlich verdorben. Womit ich auch schon bei
einem der beiden größten Kritikpunkte angelangt wäre. Ich habe Erik A.K. noch nie
so saft- und kraftlos singen hören, wie auf "Dreams Of Death". Gehörte er früher einmal zu den stärksten Metalsängern überhaupt, so ist er heutzutage nur noch ein Schatten seiner selbst. Nach einem Blick auf das Bandfoto im Booklet könnte man schon spekulieren, was seine Stimme
so ruiniert hat.
Aber zurück zur Musik: die Nummer verfügt eigentlich über alle Stärken, die die
Band einst berühmt gemacht haben: ein treibendes Riffing, eingängige Gesangslinien und technisch perfekte Soli. Wirklich schade.
Die folgenden Songs können das musikalische Niveau leider nicht mehr ganz halten.
Das balladesk beginnende "Childhood Hero" wirkt im Mittelteil ziemlich zerfahren und orientierungslos. Mit "Bathing In Red" ist eine weitere Ballade auf dem Album, die mir um einiges besser gefällt als das vorangegangene "Bleed" und sich nach mehrmaligen hören zu einem echten Ohrwurm entwickelt. Völlig überflüssig finde ich allerdings das Instrumental "Nascentes Morimar", das nur so vor sich hinplätschert
und überhaupt keine Spannung aufbaut.
Das abschließende "Out Of Mind" ist zwar vom Songaufbau recht gelungen, aber wie schon auf vielen anderen Stücken dieser Platte bereitet mir Erik A.K.īs Gesang echte Schmerzen. Zu oft liegt er mit seiner Stimme total daneben.
Es ist auch noch ein Hidden-Track enthalten (Ja, ich habe mir die CD komplett
angehört und das sogar mehrmals), der aus einigen abgefahrenen Soundcollagen besteht und noch mal das Grundthema von "Bathing In Red" aufnimmt.
Im Großen und Ganzen ist "Dreams Of Death" eine zwiespältige Angelegenheit geworden. Flotsan Aand Jetsam haben einige wirklich brauchbare bis gute Titel eingespielt, die aber streckenweise sehr unter dem schwachbrüstigen Gesang und dem dumpfen und drucklosen Sound leiden. Es ist für mich unbegreiflich, dass Musiker, die seit mehr als zwanzig Jahre im Geschäft sind, beim heutigen Stand der Technik eine
solche Produktion abliefern. Newcomern könnte man so was ja noch verzeihen, aber nicht einer solchen Band.
Ohne diese beiden Mängel wäre "Dreams Of Death" ein wirklich solides Album geworden.
Alte Fans sollten die Scheibe ruhig mal antesten und sich ihr eigenes Urteil bilden.
Spielzeit: 47:20, Medium: CD, Crash Music Inc, 2005
1:Requiescal 2:Straight To Hell 3:Parasychic, Paranoid 4:Bleed 5:Look In
His Eyes 6:Childhood Hero 7:Bathing In Red 8:Nascentes Morimar 9:Out Of Mind
Stefan Gebauer, 14.09.2005
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