Flying Colors
11.10.2014, Batschkapp, Frankfurt am Main
Batschkapp, Frankfurt am Main Flying Colors
Support: John Wesley Band
Batschkapp, Frankfurt am Main
11. Oktober 2014
Konzertbericht
Stil: Prog Rock, AOR
Fotos: ©Axel Clemens


Artikel vom 24.10.2014


Ingolf Schmock
Im Bannkreis kosmischer Sinfonien
Die konzertanten Rock'n'Roll-Verlockungen der Mainmetropole hielten bisher sämtlichen Erwartungen meinerseits stand. Geradezu eine sichere Bank für die sich endlos quälenden Autobahnkilometer, obendrein ein neuer Standort der mittlerweile legendären Frankfurter Batschkapp und das von Branchenkritikern angeheizte Euphorie-Fieber für die Helden des Abends, sollten sich ebenfalls auszahlen.
Flying Colors Fünf grandiose Musiker sowie in der Summe ein frühzeitig dem Marketing-verblendeten Geist der Plattenbosse entsprungener Blitz energischerer Erfolgsmaximierung und eine dieser überambitionierten Supergroups: Flying Colors, ein Bandname und in diesem Fall eine den visionären Reißbrettplänen des Produzenten-Doppels, Bill Evans sowie Peter Collins, entsprungene Idee, die musikalischen Einfältigkeiten kollaborierender Alleskönner samt deren zur Beliebigkeit verkommenen Ego-Frickeleien zu umgehen. Sozusagen eine der trendpolierten Angepasstheiten längst entwachsene sowie im wahrsten Sinne des Wortes über Rock-Epochen hinweg gereifte Herrenriege, plus einem noch ungezügelten - vom süßen Most alternativer Pop Rock-Trauben gespeistem Frischling auf Refomierungskreuzzug - über musikalisch längst beschrittene Saatäcker.
Flying Colors Nährte die Musikerbande mit ihren bisherigen Kollektiv-Oeuvre samt einem Neuem und von Kritiker-Samtpfötchen getätscheltem Studio-Lehrstück Oxygen-beatmeter Rock-Fusionen durchaus auch kontroverse Meinungen, bilden diese zweifelsohne eine ansehnliche, von der gleisenden Korona musikalischer Weisheit überstrahlte Bühnen-Boygroup. Im Gegensatz zu anderen, auf den handwerklich-routinierten Narziss apostrophierte Retorten-Bands, erfasst man bei den 'fliegenden Farben' augenscheinlich sowie hörbar den offenbar zubringlichen »Einer für alle, alle für Einen«-Verbund.
So offenbarte sich von Anfang an ein inbrünstiger Konzert-Diskurs eines spürbar nimmermüden Allstar-Ensembles ohne Imponiergehabe, überdies sich verselbstständigenden Fingerfertigkeiten und - abgesehen von Drum-Entertainer Mike Portnoys aufpolierter Tama-Protzburg - Verzicht auf technisches Brimborium.
Aber es macht gerade dieses Credo der Zurücknahme samt dem sympathischen Bekenntnis zum pathosgeschwängerten Classic Rock, welches das dichtgedrängte Publikum im einstigen Fabrikations-Ambiente schätzungsweise tausendfach beseelte.
Flying Colors Die Protagonisten erschufen in den folgenden neunzig Minuten ihre ureigene Magie der Musikalität und inszenierten die monströse Konzert-Eröffnung "Open Up Your Eyes", als ein zwischen sehnsuchtserweckenden Pop-Melodien und elektrischen Ekstasen schwankendes Pomp-Manifest. Mit jahrzehnte-erprobtem Gespür im Rücken lavierte die Allstar-Combo durch die reizüberflutenden Kompositionen ihrer zwei Studio-Kollaborationen und ließen sich dann auch vom scheinbar unter Strom stehenden sowie mitklatschwilligen Auditorium abfeiern.
Da wären der nach wie vor beim Hard Rock-Schlachtschiff Deep Purple hauptbeschäftige Steve Morse samt seiner multitasken Genre-Fähigkeiten, der sowohl mit leichthändigem Griffbrettgleiten als auch
Dixie Dregs entkoppeltem Jazz Rock-Gniedeln, gern den ausdauernd härteren Grundtenor für sich einforderte.
Schlagwerk-Roboter und Stimmungskanonier Mike Portnoys Drumkit-malträtierende Präzision sowie Polyrhythmik und gleichwohl unter selbiger Vorgabe aufs Podest erhoben, lieferte mit Tieftöner-Lichtgestalt Dave LaRues (Dixie Dregs) verschachtelten und dem Funk Jazz würdigenden Fünfstring-Läufen das unverrückbare Fundament dieser Tour de Force.
Flying Colors Prog-Tausendsassa und Bühnen-Charismatiker Neal Morses' Tastenzauber verknüpfte als gleichsam fleischgewordener Empfänger seiner einst göttlichen Umlichtungen und seiner Passion für vielschichtige Wohlfühl-Kompositionen die teilweise unterschiedliche Klangakrobatik seiner Mitstreiter zu einem homogenen Verbund.
Über all dies ergossen sich Frontpfiffikus Casey McPhersons emotionsheischende sowie vom Seelenwaidwund gezeichnete Sangesschmelze, welche spätestens zur konzertanten Halbzeit mit Alpha Revs verschreibungspflichtigen Mädchen-Pop-Ballade "Colder Months" samt Gospel-gleichem und von Steves himmelstürmendem Gitarrensolo penetriertem "Peace Harbor" sämtliche bis dahin verborgenen Gefühlseinschlüsse aufbrachen. Spätestens jetzt wurde jedem klar, wie stark der sechsunddreißigjährige Texaner mit seinem herzergreifenden Tremolieren sowie zuckrigen Indie Rock-Sanges-Tinkturen den ansonsten vorherrschenden Prog Rock-Gefälligkeiten das Sahnekrönchen ersetzte.
Flying Colors An diesem nachhaltigen Konzertabend agierten, mal abgesehen von Portnoys wortreichem Möchtegern-Entertainment, keine musikalischen Alphatiere, sondern mannschaftssensibilisierte Rock-Genies, die beispielsweise ihre erworbenen Weisheiten aus dem spielerisch fortschrittlichem Kalkül der frühen
Spock's Beard nebst songschreiberischem Feingefühl der
Fab Four oder Purples und Dixie Dregs' zeitlosem Hard- sowie countryesken Jazz Rock, harmonisch zusammenführten. Obendrein verstanden es die Herren, die sonst an Rock-Unverträglichkeit krankendenden und von Kitsch-Adern durchzogenen Pop-Manierismen als durchaus verträgliches Suchtmittel perfekt zu integrieren.
Flying Colors Ein unglaublich knackiges Potpourri aus Mehrstimmigkeits-beschlagenem Instrumental-Irrwitz der Siebziger, Flower Power-implizierten Ewigkeits-Chorälen samt jazziger Soloeinlagen, bei "Cosmic Symphony" und sorgsam komponierten AOR-Klumpen wie "Mask Machine" zudem sparsam inszeniertem Einzelkönnen, bescherten der etwas kühl wirkenden Räumlichkeit der Batschkapp tropische Betriebstemperaturen. Spätestens während des finalen Monolithen "Infinite Dreams", bei welchem die Ausnahmemusiker ihre kaum abzusprechenden Multi-Fähigkeiten und Empathie-gestärkten Innereien gänzlich nach Außen krempelten, drangen dem leicht überzuckernden Augen- und Ohrenzeugen unaufhaltbare Erkenntnisse durchs Hirn, sowohl eine Live-Performance edelster Prägung, als auch das wohl musikalisch zeitgemässeste Konsolodierungsergebnis aus Glückspillen-ersetzenden Prog, Rock sowie radiotauglichen Pop, erlebt zu haben.
Dementsprechend erhaschten Porcupine Trees Aushilfsgitarrist John Wesleys mittelmäßige Vorplänkeleien nur die ungeliebten Höflichkeitsbekundungen eines Hauptact-verpflichteten Publikums. Knapp fünfundvierzig Spielminuten voll blutleerer Hardrock-Traumata samt grungigem sowie klagendem Sing-Sang, ein livehaftig missglückter Feldversuch und die schlussfolgernde Lehre, demnächst rockistisch-gehaltvollere Nährlösungen in die Petrischale zu geben.
RockTimes bedankt sich bei Mark Dehler von Netinfect für die problemlose Akkreditierung und der Batschkapp für einen barrierefreien Abend.
Flying Colors:
Steve Morse (lead guitars)
Neal Morse (keyboards, vocals)
Mike Portnoy (drums, vocals)
Casey McPherson (lead vocals, rhythm guitar)
Dave LaRue (bass)
John Wesley Band:
John Wesley (guitars, vocals)
Ian Medhurst (guitars)
Mark Prator (drums)
Sean Malone (bass)
Setlist Flying Colors:
01:Open Up Your Eyes
02:Bombs Away
03:Kayla
04:Shoulda Coulda Woulda
05:The Fury Of My Love
06:A Place In Your World
07:Forever In A Daze
08:One Love Forever
09:Colder Months (Casey Solo Spot)
10:Peaceful Harbor
11:The Storm
12:Cosmic Symphony
13:Mask Machine
Encore:
14:Infinite Fire
Flying Colors  
Flying Colors  Flying Colors  Flying Colors
Flying Colors  Flying Colors  Flying Colors
Flying Colors      Flying Colors      Flying Colors      Flying Colors
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