FM Trio / Objects & Animals
Objects & Animals Spielzeit: 38:46
Medium: CD
Label: Bottom Records, 2011
Stil: Jazz

Review vom 15.11.2011


Wolfgang Giese
Seit gut sieben Jahren ist diese Trioformation, das FM Trio, aktiv, und das hört und spürt man auch, in positivem Sinne! Die Schweizer wurden zwischen 1980 und 1983 geboren und zählen somit zur jungen Jazzgeneration. Diese Stücke wurden vom Saarländischen Rundfunk (#1-6) und vom Deutschlandfunk (#7) live mitgeschnitten, am 17.6.2010 und bzw. am 10.11.2010 und das in klanglich hervorragender, plastischer Qualität, die mich als Hörer mitten in die Konzerte versetzt.
Die ersten Klänge lassen sogleich an Musik aus dem Künstlerstall des Labels ECM denken. Seinerzeit - in den Siebzigern - war es Bobo Stenson, der mit seiner Gruppe nicht nur Soloeinspielungen vorlegte, sondern auch als Begleiter vieler anderer Acts fungierte. Die frühen ECM-Einspielungen waren noch nicht so von Schönklang geprägt, wie es für kurze Zeit stark angesagt war. Da war noch so etwas wie Pioniergeist zu spüren, die Suche nach einer neuen, eigenen Sprache prägte die Musik. Diesen Eindruck gewinne ich auch bei "Objects & Animals" schnell.
Über den Pianisten Fabian M.Mueller hatte ich bereits eine Rezension anlässlich seiner Soloplatte Monolog vorgelegt.
Hier ist nun eine Triobesetzung am Werk, wobei noch ein weiteres Instrument, die Melodica, einst als 'Kindertröte' verschrien, zum Einsatz kommt. Gleich beim ersten Stück wird zum Schluss des Titels diese Melodica eingesetzt. Für mich hat das allerdings nicht unbedingt einen Mehrwert - nicht nur, weil ich den Klang nicht so mag, sondern auch, weil aus meiner Sicht der Einsatz weder die Atmosphäre aufwertet, noch ergänzt oder abrundet. Vielmehr stört es mich sogar. "Platzhirsch", mit seinem gebetsmühlenartigen Pianothema und dem dahin fließenden Charme ist dagegen ein Titel, der mich sofort angenehm anspringt und wenn dann das Solothema darüber gelegt wird, entwickelt er eine Schönheit, die Zufriedenheit auslösen vermag.
Die live eingespielte Musik besitzt Strukturen, die mal mehr, mal weniger ausgeprägt sind und dadurch auch einen unterschiedlichen Wiedererkennungswert besitzt. Dominant ist kein Instrument - ich bin begeistert, wie alle drei Musiker über das hinausgehen, was die Tradition möglicherweise so festgemauert hat. Bass und Schlagzeug agieren nicht nur als reine Rhythmusinstrumente, sondern sind maßgeblich an der Gestaltung beteiligt und das Piano ist nicht nur reines Soloinstrument. So entsteht viel Kommunikation, unerlässlich für Musik, die nicht nur statisch und steif verharrt und sich allein auf Hooklines verlässt. Das die Unterhaltung, die ab und an ausufert und Grenzen sanft überschreitet, die Lebendigkeit der Musik unterstützend. Dennoch entsteht kein Free Jazz, wenngleich für einige Zuhörer/innen die Nutzung der Pianosaiten im Inneren des Instruments, zum Beispiel auf "Die Spule", diesen Tatbestand möglicherweise bereits erfüllen könnte.
Im sechsten Titel, mit der originellen Bezeichnung "Selber Fisch", scheint ein Sprung in die späten Fünfziger, frühen Sechziger vollzogen worden zu sein, klingen hier doch Sounds á la Ornette Coleman oder Lennie Tristano durch. Mir gefällt diese Musik gewordene Energie ausgesprochen gut. Zum Schluss wird es dann wieder ruhig, beschaulich und sehr harmonisch mit der "Montage". Oder ist hier der Wochentag gemeint? Mich begeistert das enorm flexible und federnde Spiel der Akteure rundherum, das von hohem Können und Verständnis untereinander zeugt.
Es ist einfach unglaublich: Die Schweiz scheint sich einen Namen im Jazz zu machen, denn von dort kommen immer wieder neue Impulse mit hochkarätigen Produktionen, zu denen ich auch diese zählen möchte.
Line-up:
Fabian M.Mueller (piano, melodica)
Kaspar von Grüningen (bass)
Fabian Bürgi (drums)
Tracklist
01:Hemtuck (von Grüningen)
02:Platzhirsch (Mueller)
03:Schublade (Mueller)
04:Tanz der Bären (Mueller)
05:Die Spule (von Grüningen)
06:Selber Fisch (Mueller)
07:Montage (von Grüningen)
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