Foreigner
04.11.2014, Admiralspalast, Berlin
Rocktimes Konzertbericht
Foreigner
Admiralspalast Berlin
04. November 2014
Konzertbericht
Stil: Melodic Rock


Artikel vom 12.11.2014


Holger Ott
'Acoustique' - Unter diesem Begriff wird die Best-of-Tour von Foreigner angekündigt. Normalerweise nicht unbedingt der Zünder, der mich zur Begeisterung animiert. Akustik-Konzerte haben für mich immer etwas Seichtes, Druckloses, Uninteressantes bis hin zum Langweiligen. Nach endlosen Unplugged-Konzerten auf MTV, von denen mich bislang nur extrem wenige berührt haben, gehe ich mit sehr gemischten Gefühlen in den Admiralspalast, im Herzen Berlins. Immerhin ist dort eine Band auf der Bühne, deren Songs von Power und markanten Gitarrenriffs geprägt sind und die einen Sänger in ihren Reihen haben, der die Bühne zum Austoben braucht, und deren Shows grundsätzlich mitreißend sind. Nun greifen die Musiker zu Hohlkörperklampfen und geben Lagerfeuersongs zum Besten. Wie sich aber schnell zeigen wird, ist meine Grundeinstellung völlig daneben und ich werde total begeistert diesen ehrwürdigen Bau verlassen.
Der spartanische Bühnenaufbau bestärkt anfangs noch meine negative Einstellung. Da ich keine Bilder liefern kann, werde ich versuchen, es so präzise wie möglich zu beschreiben: Im Hintergrund hängen sechs weiße Tücher von der Decke bis zum Boden. Sie dienen später der stimmungsvollen Lichtanlage als Leinwände. In der Mitte der Bühne stehen fünf Stühle im Halbkreis, bezogen mit weißem Stoff. Zwischen den Stühlen kleine Tische, auf denen die Musiker ihre Getränke abstellen können. Eine Galerie Mikrofone vor ihnen und das war's auch schon. Kein Schlagzeug und nichts weiter, was darauf hindeuten könnte, dass es etwas lauter werden könnte. Für das Vorprogramm sind ein Keyboard sowie zwei weitere Stühle aufgebaut.
Als Support für die Konzerte im deutschsprachigen Raum ist eine Künstlerin namens Coshiva aus Österreich angekündigt. In Deutschland ein unbeschriebenes Blatt, macht es mich neugierig, ihre Musik kennenzulernen. In ihrer Heimat hatte sie bereits mehrere Hits und hat sich auch als Songschreiberin für Filmmusik bekannt gemacht. Ihr Genre ist Pop mit Sidesteps in verschiedene Richtungen. Die Nervosität steht ihr im Gesicht geschrieben, sie redet viel, um diese zu überspielen. Alleine am Keyboard singt sie ihren aktuellen Song. Ihre Stimme ist sehr schön und angenehm, hat ein großes Spektrum und animiert zum Relaxen. Zum zweiten und den weiteren Songs wird sie von zwei Gitarristen flankiert, die ihre Musik etwas voluminöser klingen lassen. Hellhörig werde ich, als der Name Dirk Nowitzki fällt und sie erzählt, dass sie die Musik für den aktuellen UNICEF-TV-Spot geschrieben und gesungen hat, bei dem der Vorzeigebasketballer als Botschafter fungiert. Natürlich steht auch dieses Werk auf dem Programm sowie weitere aus ihrer noch recht kurzen Schaffensphase. Dabei steigert sie sich von Song zu Song und begeistert nicht nur mich, sondern auch den Rest des Publikums im ausverkauften Haus. Während der kurzen Pausen erzählt sie immer wieder kleine Geschichten aus ihrem Leben und heitert die Gesellschaft damit zusätzlich auf. Irgendwie möchte ich gar nicht, dass sie aufhört, sondern könnte ihr stundenlang zuhören. Ihre Musik macht Spaß, ihre Erzählungen sind interessant, was will man mehr? Aber leider geht auch ihr Gastspiel irgendwann zu Ende und macht nach kurzer Umbaupause den Weg für den Haupt-Act frei.
Lediglich Mick Jones ist von der Ur-Besetzung übrig geblieben und wird beim Einmarsch der Band wie ein Held gefeiert. Er genießt den Ruhm, nimmt wie die anderen gemütlich Platz und überlässt das Zepter seinem grandiosen Sänger Kelly Hansen. Der sorgt auch in jedem Song dafür, dass der Rhythmus stimmt. Shaker, Klopfer, Rassler - alles, was irgendein Geräusch verursacht, hält er in der Hand und gibt den Takt vor. Ein Schlagzeug ist somit ebenso überflüssig wie ein Keyboard und dadurch haben diese beiden Bandmitglieder bereits ihren Weihnachtsurlaub. Die Setlist verspricht einen Abend, bei dem kein bekannter Klassiker ausgelassen wird. Keiner? Wo ist denn bitte "Urgent"? Ausgerechnet das Stück mit der, für mich, meisten Power fehlt gänzlich. Wie schade, wobei mir das erst im Verlauf der Show richtig bewusst wird. Vorher bin ich davon begeistert, wie kraftvoll die Hits nur mit Gitarre und Saxofon interpretiert werden. Einfach nur phänomenal, was die Gäste zu Begeisterungsstürmen hinreißt.
Die ersten vier Songs könnten auch heute noch jede Hitparade anführen. "Double Vision", "Long Long Way From Home", "Say You Will" und die Überballade "Waiting For A Girl Like You" bedürfen keiner Worte. Jeder kennt sie, jeder liebt sie und in der Form, in der sie hier dargeboten werden, haben sie nichts, aber auch gar nichts an Qualität verloren. Sicher fehlen die elektrischen Gitarrensoli, die druckvollen Drums und vielleicht auch ein wenig die Stimme von Lou Gramm, aber das, was die Band aus diesen Songs gemacht hat, ist einfach nur Oberklasse. Jeglicher Zweifel ist bei mir auf einen Schlag verflogen und ich muss meine Einstellung zu akustischen Konzerten völlig neu überdenken.
Diese Best-of-Show ist natürlich nicht nur von den alten Klassikern geprägt, denn Foreigner sind ja nach wie vor mit Produktionen am Markt. So stammt "When It Comes To Love" aus jüngeren Tagen, gefolgt von "Fool For You Anywhere". Beide unbekannt für mich, dennoch eine schöne Bereicherung des Programmes.
Im Anschluss daran nimmt Mick Jones das Mikrofon in die Hand, erzählt einige Anekdoten aus der Bandgeschichte und entschuldigt sich für den kommenden Song, damit er wegen seines Titels nicht falsch verstanden wird. "Dirty White Boy" ist damit gemeint, bei dem doch bei ungenauer Interpretation rassistische Züge erkennbar sein könnten. Dabei handelt es sich nur um eine kleine Lovestory, in der ein Typ, der nicht viel Glück im Leben hatte, zu seiner Freundin spricht. Jones redet nun bis zum Ende der Show öfter zum Publikum, bringt somit nicht nur die Fans zum Lachen, sondern sorgt immer mehr für lockere Stimmung auf der Bühne, denn durch die gezwungene Sitzanordnung, bleiben bis auf den Sänger und Saxofonist Thom Gimbel alle wie angeklebt sitzen. Der haut in sein Sax hinein, als wenn es keinen morgen mehr gäbe. Nebenbei gibt er in einigen Songs auch noch einen guten Gitarristen und Backgroundsänger ab. Wenn dann auch noch Jeff Pilson zu seiner akustischen Bassgitarre greift, bebt sogar der Boden im Saal. Er sorgt auch mit seinen Bewegungen dafür, dass die Band nicht wie angewurzelt wirkt, wobei man im Sitzen nicht viel Bewegung zeigen kann.
Das Konzert lebt aber von der Musik. Auf der Liste taucht nun ein Song auf, der mir nichts im Zusammenhang mit Foreigner sagt und die Erklärung lässt auch nicht lange auf sich warten.
Elvis Presley wird mit "That's All Right Mama" gecovert und Sänger Kelly Hansen outet sich als wahrer Elvis-Imitator. Nicht nur stimmlich sehr nahe, sondern auch die wenigen Gesten, die er auf dem Stuhl vollführen kann, sind dem 'King' sehr ähnlich. Das Publikum zeigt Begeisterungsstürme und auch ich ziehe meinen Hut vor dieser Darbietung.
"Cold As Ice", "Feels Like The First Time" und "Juke Box Hero" leiten das Ende des Abends ein. Niemanden hält es mehr auf den Sitzen und auch Sänger Hansen schließt sich dem an. Jetzt darf er und jetzt kann er so richtig aus sich herausgehen. Er entert die erste Reihe, bedankt sich bei jedem per Handschlag und gibt sich sehr publikumsnah. Auch im Übergang zu den Zugaben werden von allen Musikern viele Hände geschüttelt, Autogramme geschrieben, Fotos geduldet und einfach nur Geselligkeit verbreitet. Womit die kurze Pause in einen nahtlosen Übergang geht.
"I Want To Know What Love Is" wird angestimmt. Ein Chor aus Berlin baut sich im Hintergrund auf und die Zuschauer stürmen zur Bühne. Gänsehautfeeling als die Sänger und Sängerinnen einsetzen und eigentlich ist der Abend nun nicht mehr zu toppen. Dennoch wird noch ein Hit nachgelegt und mit "Hot Blooded" im knallroten Licht werden die Fans nach Hause geschickt.
Meine Skepsis, was akustische Konzerte angeht, habe ich schon längst über Bord geworfen. Wie genial war das denn, frage ich mich auf dem Weg in Richtung Heimat. Die Band hat mich überzeugt und mir gezeigt, dass es keine elektrischen Instrumente braucht, um ein Wahnsinns-Konzert zu spielen, bei dem jeder Song für sich spricht. Es liegt sicher nicht nur am hohen Wiedererkennungswert der Musik, sondern auch viel an der Ausstrahlung der Interpreten und den Erinnerungen, die jeder Zuschauer mit den Songs von Foreigner verbindet. Enttäuschte Besucher wird es bestimmt nicht gegeben haben und die Band hat eine hervorragende Werbung für ihre kommenden Tourneen gemacht. Der Abend war einfach nur großartig.
Vielen Dank an Janine Worotnik und das Concertbuero-Zahlmann für die Akkreditierung.
Line-up:
Kelly Hansen (vocals, percussion)
Mick Jones (guitar)
Jeff Pilson (bass, guitar)
Bruce Watson (guitar)
Thom Gimbel (guitar, saxophone)
Setlist Foreigner:
01:Double Vision
02:Long Long Way From Home
03:Say You Will
04:Waiting For A Girl Like You
05:When It Comes To Love
06:Fool For You Anyway
07:Dirty White Boy
08:That's All Right Mama
09:Flame Still Burns
10:Girl On The Moon
11:Cold As Ice
12:Feels Like The First Time
13:Jukebox Hero

Encore:
01:I Want To Know What Love Is
02:Hot Blooded
Externe Links: