Foreigner / Can't Slow Down
Can't Slow Down Spielzeit: 49:57
Medium: CD
Label: e.a.r music/edel Germany GmbH, 2010
Stil: Rock/AOR

Review vom 12.02.2010


Jürgen Hauß
In meinem allerersten, im Jahr 2008 für RockTimes verfassten Review über das letzte Greatest Hits-Album von Foreigner No End In Sight wies ich darauf hin, dass das Album neben Altbewährtem einen einzigen völlig neuen Titel enthielt, von dem ich erwartete, dass er auf dem seinerzeit bereits für das kommende Jahr - also für 2009 - angekündigten neuen Studio-Album veröffentlicht werden würde. Und in der Tat wurde im vergangenen Jahr das vorliegende Album "Can't Slow Down" - das erste Studio-Album seit (damals) 14 Jahren - veröffentlicht - allerdings nur in den USA und auch da zunächst nur über den Online-store von WalMart erhältlich. Dort erreichte die CD immerhin Platz 29 der Billboard-Charts; so groß muss der 'Hunger' nach neuem Foreigner-Material gewesen sein. Warum die Scheibe aber erst ein halbes Jahr später in Deutschland herausgebracht wird, erschließt sich mir nicht.
Wie bereits in den USA, gibt es auch hierzulande eine beinahe schon als inflationär zu bezeichnende Anzahl von Versionen von "Can't Slow Down":
  • Die 'einfache' CD mit insgesamt 13 neuen Titeln (lt. 'Waschzettel' enthält sie zudem einen Bonus-Track in Gestalt einer Live-Version von "I Want To Know What Love Is", den ich aber bei diversen Ankündigungen nirgends gefunden habe, den aber auch niemand vermissen dürfte)

  • Eine Special Edition samt eines 2005 gemachten Konzertmitschnittes der Greatest Hits von Foreigner sowie zweier exklusiver Live-Tracks plus einer DVD mit 80 Minuten Live-, Backstage-, Interviewmaterial und allen verfügbaren Videoclip
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  • Eine auf 1.000 Stück limitierte farbige Vinyl-Ausgabe

  • Eine handsignierte Collector's Edition mit 7-Inch-Vinyl-Scheibe, auf der sich zwei exklusive Live-Versionen ("Headknocker" und "At War With The World") befinden

  • Ein Mini-Album, welches außer dem Titelstück und dem ebenfalls neuen "Lonely" drei Live-Aufnahmen älterer Hits sowie zwei Videos neuer Titel und ein Interview umfasst.
Welche Version für den potentiell Interessierten die richtige ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Mir liegt leider nur die einfache CD in einem ausdrücklich als Promotionsexemplar bezeichneten, dürftigen Pappschuber (und ohne Bonus-Track!) vor. Mir ist es schleierhaft, wieso die Plattenfirmen vielfach nur Basis-Versionen einer CD zu Promotionszwecken versenden. Sinnvoller wäre es - schon im eigenen Interesse der Plattenfirmen - jedenfalls an Presseorgane, die ja als Multiplikatoren mögliche Käufer ansprechen sollen, in erster Linie die aufwändigsten Versionen abzugeben; nur dann besteht eine reelle Chance, dass für dieses Produkt geworben wird.
Dabei machen vorliegend die verschiedenen Versionen - und insbesondere die Special Edition - durchaus Sinn. Will die 'Rentnerband' Foreigner (ihr Boss Mick Jones ist am 27. Dezember vergangenen Jahres gerade 65 Jahre alt geworden) noch neue Fans gewinnen, kann sie mit der Präsentation jüngerer Live-Aufnahmen sowie ihrer alten Video-Clips durchaus Werbung in eigener Sache machen. Mehr jedoch will ich mich hierzu nicht auslassen.
Zur Erinnerung: Foreigner, bei der Gründung im Jahr 1976 wie aktuell ein Sextett, sind seitdem bekannt für ihren Mainstream-Rock, der sowohl harte Stücke als auch ruhige Songs umfasst. Dieses Schema muss bei über 70 Millionen verkauften Alben durchaus als erfolgreich angesehen werden. Dabei hat die Band bis zur vorliegenden Scheibe über einen Zeitraum von fast 35 Jahren lediglich acht Studioalben sowie einige Live-Aufnahmen veröffentlicht. Weitaus größer ist die Zahl der Best-of-Alben (zuletzt das bereits benannte "No End In Sight", wodurch das Interesse an der Band bis heute aufrecht erhalten werden konnte).
Wie schrieb ich seinerzeit über "No End In Sight"? »In der Tat ist es Mainstream, was da aus den Boxen herüberkommt: Man hört es, es klingt durchaus eingängig, man nimmt es aber nicht wirklich bewusst wahr, und man merkt insbesondere keine gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen Songs. Lediglich Kuschelrock-geeignete Schmusesongs, die zu den erfolgreichsten Songs der Band gehören und die man deshalb mehr als genug gehört hat, haben einen durchaus positiven Wiedererkennungswert.«
Dies kann ich unumschränkt auch für die vorliegende CD sagen: Die gesamte Platte klingt so, wie man sie von Foreigner erwartet. Von daher würde man es letztendlich auch glauben, wenn sie als Veröffentlichung zahlreicher 'never-released-before'-Aufnahmen angepriesen würde. Dies bestätigt Mick Jones selbst, wenn er auf dem 'Waschzettel' in Bezug auf den Titelsong mit der Bemerkung zitiert wird, »es klingt wie Foreigner in den Anfangstagen «.
Daran haben auch zahlreiche Besetzungswechsel nichts ändern können. Vielzählig war in den vergangenen fast 35 Jahren die Besetzungsliste. Und auch auf der aktuellen Veröffentlichung hat es eine Veränderung gegenüber dem Line-up aus dem Jahr 2008 gegeben: Anstelle von Jason Bonham bearbeitet Brian Tichy die Felle.
Bereits der Titelsong klingt ganz nach "Urgent": Mit klaren, direkten Beats geht es los, und dieses Konzept wird beim nächsten Track - auch wenn er ein wenig an U2 erinnert - weiter verfolgt. Danach wechseln sich regelmäßig härtere und weichere Songs ab; doch was ist das: Plötzlich erkenne ich auch einen Titel der etwas härteren Art tatsächlich wieder. "Too Late" war jener eingangs erwähnte Track, der das letzte Best-of-Album zierte. Also doch auch die rockigeren Nummern mit Wiedererkennungswert?
Schrieb ich nicht außerdem, dass die gesamte Scheibe so klingt, wie man sie von Foreigner erwartet? Die gesamte CD? Nein, denn das letzte Stück ist eine Ausnahme. Leicht Reggae-mäßig, durch den Einsatz von Bläsern auch als funkig zu bezeichnen, kommt "Fool For You Anyway" herüber. Die Erklärung für diesen Ausbruch aus dem üblichen Foreigner-Schema gibt wiederum Mick Jones selbst mit dem Hinweis, dass er bei dieser Aufnahme »die völlige kreative Kontrolle« seinem Stiefsohn Mark Ronson, der ansonsten für Amy Winehouse arbeitet, überlassen habe. Der Titel ist noch aus einem weiteren Grund eine Ausnahme. Denn gerade dieser Track ist im wahrsten Sinne des Wortes nichts Neues, war er doch schon auf dem allerersten Album der Band "Foreigner" enthalten und klingt dort bereits ähnlich.
Tja, mein Fazit? Für Foreigner-Fans, die auf neues Material ihrer Band warten, ist diese Scheibe sicherlich ein MUSS; sie bekommen, was sie erwarten dürfen, es sei denn, sie wären enttäuscht, dass bei der Band keine Entwicklung mehr eingetreten ist. Aber wer soll sich in diesem hohen Alter noch neu erfinden? Klanglich ist die CD zudem gut produziert. Neue Fans wird die Band mit dieser Platte hingegen kaum gewinnen.
Line-up:
Mick Jones (lead guitar, keyboards, bass, vocals)
Kelly Hansen (lead vocals)
Jeff Pilson (bass, backing vocals)
Tom Gimbel (guitar, saxophone, vocals)
Michael Bluestein (keyboards)
Brian Tichy (drums)
Tracklist
01:Can't Slow Down (3:28)
02:In Pieces (3:53)
03:When It Comes To Love (3:54)
04:Living In A Dream (3:43)
05:I Can't Give Up (4:32)
06:Ready (3:43)
07:Give Me A Sign (3:52)
08:I'll Be Home Tonight (4:14)
09:Too Late (3:45)
10:Lonely (3:28)
11:As Long As I Live (3:47)
12:Angel Tonight (3:32)
13:Fool For You Anyway (4:04)
Externe Links: