Freedom Call / Land Of The Crimson Dawn
Land Of The Crimson Dawn Spielzeit: 61:25
Medium: CD
Label: SPV / Steamhammer, 2012
Stil: Melodic Metal

Review vom 22.02.2012


Jochen v. Arnim
Schaut man sich die Konterfeis der vier Musiker im mit allen Texten und etwas Zusatzinfo versehenen Booklet an, so denkt man unwillkürlich an eine Spaß-Combo, die den Metal persifliert. Die Herren aus dem Frankenland schauen einen an, als hätten sie sich aus reiner Gaudi in einen dieser Passbild-Automaten gesetzt und Grimassen gezogen. Dazu passt dann auch ihre eigene Typifizierung der Musik als Melodic Happy Metal. Wir würden aufs Glatteis geführt, wüssten wir es nicht besser. Freedom Call sind ja nicht erst seit gestern im Business, gründeten sich bereits 1998 aus Mitgliedern der süddeutschen Cover Band-Szene und haben neben neun Veröffentlichungen mittlerweile auch eine feine Vita in puncto Tourneen. So konnte man sie u. a. schon mit Edguy, Saxon oder Savatage sehen und auch ihre Präsenz auf Festivals spricht eine deutliche Sprache. Fast schon naturgemäß gab es im Laufe der Jahre einige Wechsel in der Besetzung, u. a. hat Gründungsmitglied Daniel Zimmermann die Truppe nun endgültig in Richtung seiner 'anderen' Band Gamma Ray verlassen. Er hat die Trommelstöcke jetzt an den von Sinner und Primal Fear bekannten Klaus Sperling übergeben. Auch Downspirits Cede Dupont war einige Jahre dabei und hat sich danach anderen Aufgaben gestellt. In der aktuellen Zusammensetzung haben die Jungs im vergangenen September das Material für die zehnte Scheibe eingespielt, die nun als "Land Of The Crimson Dawn" in die Regale kommt.
In feiner, althergebrachter Manier bringt uns direkt der Opener "Age Of The Phoenix" alle Stilelemente des Melodic Metal, die wir hören wollen. Hämmernde Double Bass, treibendes Riff auf der Stromgitarre, choral anmutender Refrain und Vocals in verschiedenen Stimmlagen, von kernig bis in höhere Regionen, führen uns nicht nur durch die die Eingangstür, sondern begleiten uns auf dem weiteren Weg durch die noch folgenden 13 Songs auf knapp über einer Stunde Spielzeit. "Rock Stars" wartet zudem mit einem mehr als eingängigen Chorus auf, der den Song zu einem der zukünftigen Live-Kracher machen wird, egal wie pathetisch der Refrain anmuten mag. Auch der Titeltrack "Crimson Dawn" hat ein bemerkenswertes Gesangsarrangement, wechselnd zwischen choralen Elementen und der Main Voice Chris Bays in ebenso wechselnden Tonlagen, immer begleitet von einer fast hypnotisierend vorantreibenden Rhythmusfraktion. Unbedingt nicht zu vergessen sind die Keyboard-Einlagen, die an vielen Ecken für ein ausgefeilteres Gesamtpaket sorgen.
Insgesamt fällt beim Durchlauf auf, dass die Band ihre Songs mit einer fast schon erstaunlichen Bandbreite präsentiert, die aber nie den Eindruck erweckt, man hätte krampfhaft versucht, möglichst viele Elemente einzubauen, nur weil man das gerade spielen kann. Das Konzept der Scheibe stimmt bis zu Track Nummer vierzehn "Power & Glory", für mich kommt nicht die Spur von Langeweile auf. Bin ich auch sonst nicht unbedingt ein uneingeschränkter Freund allzu vieler Breaks, Rhythmus- oder Tempowechsel in Musikstücken, so muss ich dem Quartett bescheinigen, dass es das hier äußerst clever angegangen ist. "66 Warriors" ist so ein Beispiel, bei dem zwischen schnellen, von der Double Bass dominierten Parts, feinen Soloausflügen auf der Sechsaitigen und weiteren Elementen hin- und hergeschwenkt wird. Der reine Schwermetall findet seine Ecken und an anderen Stellen kommt mehr der melodische, hymnenhafte Charakter durch. Oh, und bei "Killer Gear" muss ich bei den Stimmeffekten an einigen Stellen unheimlich an Crimson Glory auf ihrer "Transcendence" denken, während mir der Rausschmeißer "Power & Glory" wie ein alter irischer Sing-Along-Pub-Song erscheint und durchaus zu meinen eingangs augenzwinkernd angebrachten Worten in Bezug auf Ernsthaftigkeit passt.
Für den subjektiven Geschmack kommt das aktuelle Album viel lockerer und weniger düster rüber, als es beim Vorgänger "Legend Of The Shadowking" der Fall war, mit dem ich persönlich ein oder zwei Probleme hatte. Hier aber vermag ich kaum so richtig zu entscheiden, welchen Song ich als Anspieltipp propagieren darf. Vielleicht versuche ich es mal umgekehrt: "Hero On Video" geht zwar unmittelbar ins Ohr und hat dort auch eine längere Halbwertzeit, ist mir aber einen Tacken zu Pop-lastig und bei "Valley Of Kingdom" sind mir die choralen Backings etwas zu grenzwertig, aber dafür gibt es feine Läufe auf der Gitarre. So, you can't always have it all und den Rest empfehle ich ohne großes Wenn und Aber.
Line-up:
Chris Bay (vocals, guitar, keyboards)
Lars Rettkowitz (guitars, backing vocals)
Samy Saemann (bass, backing vocals)
Klaus Sperling (drums, backing vocals)

sowie:
Ecki Singer, Daniel Haag, Chris Stark, Dave Maier (choir)
Anne Maertens (violin)
Katharina Neumann (piano - #3)
Mr. Captain America (spoken voice - #10)
Tracklist
01:Age Of The Phoenix
02:Rockstars
03:Crimson Dawn
04:66 Warriors
05:Back Into The Land Of Light
06:Sun In The Dark
07:Hero On Video
08:Valley Of Kingdom
09:Killer Gear
10:Rockin' Radio
11:Terra Liberty
12:Eternity
13:Space Legends
14:Power & Glory
Externe Links: