Fugo / Avant 93:43
Avant 93:43 Spielzeit: 30:24 (CD 1), 34:59 (CD 2), 28:58 (CD 3)
Medium: 3-CD
Label: Engineer Records, 2011
Stil: Progressive

Review vom 24.02.2011


Holger Ott
Fugo könnte auch der Name eines neuen Kantons der Schweiz sein, denn aus dem Alpenstaat kommt diese Band, die mit "Avant 93:43" ein recht ungewöhnliches Konzeptalbum veröffentlicht.
Das Trio ist nun schon über sechs Jahre in der Musikwelt unterwegs, legt aber mit seinem aktuellen Album erst ihr drittes Werk vor. Nach dem Debüt "Aie" und der vor vier Jahren erschienen Split-CD "Entrements D'Hier", erscheint nun sogar eine Dreifach-CD. Jede der drei Scheiben beinhaltet sechs Tracks und befasst sich mit dem Thema Zeit. Die künstlerisch hervorragend gestalteten CD-Cover zeigen aus dem Leben gegriffene Schwarzweiß-Zeichnungen, die den Zyklus vom Kind bis zum Alter darstellen, und das über einen Zeitraum von drei Jahrhunderten. Der Hörer wird nun vermuten, dass die Musik diesen Zeiträumen angepasst ist, aber vom ersten bis zum letzten Stück könnte es in jede Epoche übertragen werden. Schnelle Songs in der Zeit der Jugend und des Wachstums, düstere und traurige im mittleren Altersabschnitt um die Probleme dieser Zeit zu vertonen, und sehr gemischtes Programm im letzten Abschnitt, dem Alter in der Zukunft. Zum Teil ist recht schwere Kost dabei, aber als Gesamtwerk sehr interessant zu hören.
Zur Zeit befinden sich Fugo auf Tour durch Europa. In ihren Shows kann das neue Album eigentlich nur als Komplettwerk ohne Pause gespielt werden. Wir kennen das ja schon von Pink Floyd oder Grobschnitt, bei denen die Stücke über eine Stunde zelebriert werden, nur so kann ja der Sinn eines Konzeptalbums realisiert werden. Einzelne Passagen ohne Zusammenhang daraus zu spielen, wäre in diesem Fall der falsche Weg. Das Trio Donze, Rothen und Kyburz wird auf der Bühne dabei von Gastmusikern unterstützt, die zum Teil auch bei der Produktion mitwirken, um so den bestmöglichen Sound zu präsentieren.
Blickt man nun auf die Rückseiten der drei Cover, so fällt sofort ein Name ins Auge. Da steht doch tatsächlich in Großbuchstaben KISS im Text als Co-Produzenten. Inwieweit Simmons und Co. ihre Finger im Spiel von Fugo haben, werden wir noch zu ergründen haben. Was ich allerdings vergeblich suche sind die Songtitel. Bis auf fortlaufende Nummern und die voranschreitende Spielzeit ist nichts angegeben. Hat den Vorteil, dass man sich nicht durch Umschreibungen von irgendetwas ablenken lässt. Trotzdem werde ich versuchen, euch die Songs etwas zu verdeutlichen.
Auf der ersten CD geht es sofort richtig zur Sache. Kräftige Gitarren hören sich sehr Metall-mäßig an. An die Gesangsstimme muss sich der Hörer erst einmal etwas gewöhnen. Sitzt sie aber dann im Gehörgang, lässt sie einen nicht mehr los. Song zwei und drei knüpfen daran reibungslos an. Betrachtet man dabei ständig das Cover von CD 1, so erhält man unweigerlich das Gefühl, den jungen Knaben immer weiter wachsen zu sehen. Eine perfekte Illusion entsteht somit.
Ein kleiner Ausflug in düstere Gefilde lässt mich dabei an meine eigene Jugend denken. Gegen Ende von CD 1 wird das Tempo wieder deutlich angezogen und findet seine Fortsetzung auf der zweiten Scheibe.
Das Bildnis auf dem Cover zeigt dabei ein junges Ehepaar in der heimischen Küche, verzweifelnd an sich selbst und vermutlich kurz davor festzustellen, dass ihre Bindung gescheitert ist. In der Musik stellt sich das so dar, dass die Songs sehr gefühlsbetont rüberkommen. Mal sehr schnell und druckvoll, mal langsam und traurig und zum Teil wieder sehr düster und dramatisch. Einzelne Stücke hier nun auseinander zu dividieren, um sie besser beleuchten zu können wäre fehl am Platz. Musikalisch gibt es nichts auszusetzen. Sehr gute Gitarren, rockig bis melodiös mit starkem Druck aus der zweiten Reihe an den Drums. Alles im Hard Rock- bis Progressiv-Bereich, mit vielen Tempowechseln und netten Soloeinlagen.
Was Fugo allerdings unter, wie sie selbst sagen, »Other Music« verstehen, kann ich nicht feststellen. Was ich bisher gehört habe, ist mir von anderen Bands bekannt und ich würde sie mehr in den Prog-Bereich einstufen.
Auf der dritten Platte bestätigt sich darin mein Eindruck noch mehr. Das Cover könnte Captn. Kirk kurz vor Ende seines Lebens zeigen wie er an Steuerpult seiner geliebten Enterpreise tief in sich versunken über seine Taten nachdenkt, dabei besorgt von seinem Lieblingsroboter getröstet wird. Ebenso ist die Musik auf dem letzten Teil der Dreifach-CD "Avant 93:43": schleppend, melodiös, durcheinander und manchmal etwas chaotisch. Die Stimme wird auch etwas anstrengender und langsam wird es Zeit, dass der Musikgenuss dem Ende entgegen geht. Eine Stunde und vierunddreißig Minuten sind doch recht lange, und da man sich keine Lieblingsstücke rauspicken kann, ist der Hörer jedes Mal gezwungen, alles von vorne bis hinten zu hören. Liegt ja auch im Sinne eines Konzeptalbums.
Tracklist
CD 1:
01. 1_1 (00:00 - 03:20)
02. 1_2 (03:20 - 07:57)
03. 1_3 (07:57 - 14:35)
04. 1_4 (14:35 - 19:32)
05. 1_5 (19:32 - 25:08)
06. 1_6 (25:08 - 30:30)
CD 2:
07. 2_1 (30:30 - 35:28)
08. 2_2 (35:28 - 39:56)
09. 2_3 (39:56 - 46:52)
10. 2_4 (46:52 - 52:49)
11. 2_5 (52:49 - 56:44)
12. 2_6 (56:44 - 64:39)
CD 3:
13. 3_1 (64:39 - 68:21)
14. 3_2 (68:21 - 72:22)
15. 3_3 (72:22 - 80:09)
16. 3_4 (80:09 - 84:48)
17. 3_5 (84:48 - 88:04)
18. 3_6 (88:04 - 93:43)
 
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