Fun. / Some Nights
Some Nights Spielzeit: 45:54
Medium: CD
Label: Fueled By Ramen, 2012
Stil: Indie/Alternative

Review vom 24.06.2012


Grit-Marina Müller
1290 Avenue of the Americas, New York. Dieser prachtvollen geografischen Herkunft erfreut sich das Album "Some Nights", hervorgebracht von drei jungen Ostküsten-Ungestümen, einem Trio fanatico namens Fun..
Fun. behaupten sich bravourös im hoffnungslos ausufernden, schwerst differenzierbaren Inferno unzähliger Leuchtfeuer am Firmament pop-musikalischer Brandneuheiten.
Sie wollen nur das Eine, und das um jeden Preis - gehört werden, mit letzter Konsequenz und bedingungsloser Aufmerksamkeit. Dreht man Fun. auf volume, kracht es gewaltig in den Boxen. Die Schublade für diesen kapriziösen Indie-Ausläufer muss tatsächlich noch gezimmert werden. Dran schreiben könnte man: Bombastischer Choir-Power-Pop, dramatischer als Fleet Foxes, cooler als Shins, hipper als Arcade Fire...
Fun.s Meister fahren ganz große Geschütze auf, verpflichten Chor und Orchester direkt von der Musical-Bühne weg für nahezu jedes ihrer episch hymnischen Welt-Vermächtnisse. So bricht das trügerisch zart schimmernde Intro von "Some Nights" wie ein seidig verhüllter Tornado durch die Membranen hinein ins Donnerwetter des pompösen Titeltracks. Man vergreift sich mit respektabringender fulminanter Komplexität, Fun.-typisch opulenten Arrangements und dem charismatischen, glasklaren Lead-Gesang des Nate Ruess an monumentaler Rock-Klassik à la Bohemian Rhapsody. Die verwegenen royalen Expressionisten der Neuzeit jedoch durchleben ihren ganz eigenen emotionalen 'Fun'-Kreislauf hilfloser Verlorenheit, tiefster Verzweiflung, verzweifelter Einsamkeit und dennoch unbändigen Lebenswillens.
Gnadenlos verachten die 'Fun.damentalisten' elegante Drahtseilakte und diplomatische Feinheiten. Sie klopfen mächtig auf den Busch, auf den afrikanischer Buschtrommeln, wenn's sein muss, weil es laut sein muss, und gar furchteinflößend. Ihr Projekt heißt 'GIANT', ihr Format protzt herrlich übertrieben, ihr Konzept ist sperrig, sperrt sich leidenschaftlich pathetisch noch so verlockend geschmackvollen Konzessionen. Denn sie sind ganz anders, und sie sind selfmade, und vor allem fun! Doch der Spaß täuscht. Die Komik zerschmettert an der tragischen Illusion des Lebens. Geprägt von rauen Spuren erstaunlich jungblütiger Altersweisheit ertränken unsere geborenen Endzeit-Romantiker umwerfende Stücke wie "All Alone", "All Right" oder das wunderbare "Stars" in melancholischer, oft sarkastisch schmerzender Bitternis.
Kreative Höhenangst kennen Fun. nicht. »Higher than the empire state…« ragt lyrisch treffend "We Are Young" in den Himmel und bescherte den überambitionierten New Yorker Spaß-Legionären bereits ihren ersten Mega-Erfolg. Der Hit-Song spielte sich durch die ultrapopuläre US-Chor-Serie "Glee" ins Ohr heiß begehrter A-Jugend-Zielgruppen und vertonte zudem das Superbowl-Commercial einer höchst bekannten amerikanischen Automarke. Dieser Geniestreich verschaffte den Fun-Giganten schlagartig Kultstatus und katapultierte ihren Studio-Zweitling "Some Nights" aus dem Nichts der gepflegten Alternative-Mittelklasse an die Spitze der Billboard-Charts.
Genussvoll zelebrieren die drei unerschrockenen Funthusiasten ihren phänomenalen Höhenflug, erkunden längst europäisches Terrain in selbstbewusster Manier, sammeln diese Auszeichnung und jenen Preis, um den gelungenen Sprung über die stattliche Hürde des next Big Thing hinaus zu wagen. Mit dieser bemerkenswerten Anlaufstrategie haben sie beste Chancen dazu, wenngleich die Messlatte ihres eigenen künstlerischen Anspruchs schwindelerregend hoch zu liegen scheint.
Wer montagmorgens mit dem Leben ringt und die apokalyptische Situation 'kein Kaffee im Haus' zu verstehen versucht, filtere sich alternativ etwas Fun.-Pulver durch den betagten Automaten, beobachte sorgfältig die interessante, folgenreiche Wirkung und kalkuliere auf dem rauschenden Trip zur täglichen Bestimmung ein paar völlig neue, hellrote Ampeln ein…
Und sollten wir es alle nicht mehr schaffen, im Jahr der düsteren Prophezeiung, könnten wir samt (wohl reichlich vorhandenen) fliegenden Fahnen und dem kaum würdigeren Soundtrack von "Some Nights" funtastisch untergehen.
Line-up:
Nate Ruess (vocals)
Andrew Dost (vocals, piano, fluegelhorn)
Jack Antonoff (guitar)
Tracklist
01:Some Nights Intro
02:Some Nights
03:We Are Young (Featuring Janelle Monáe)
04:Carry On
05:It Gets Better
06:Why Am I The One
07:All Alone
08:All Alright
09:One Foot
10:Stars
Out On The Town (Bonus Track)
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