Die deutsche Bluesszene ist ja durchaus abwechslungsreich, mit Bands und Bluesern gut gefüllt. Richie Arndt & The Bluenatics , B.B. & The Blues Shacks, Blues Company, Doug Jay & The Blue Jays, Pee Wee Bluesgang , Marc Breitfelder ( The Germans), Hans Blues & Boogie oder Abi Wallenstein, um nur einige zu nennen.
Dennoch ist mein bluesgetränktes Adlerauge ständig auf der Suche nach weiteren, jungen Bluesern aus Deutschland.
Nicht erst zu diesem Zeitpunkt stoße ich vermehrt auf einen Namen:
Henrik Freischlader, einem Blueser aus dem 'Tal', wie Leute, die dort wohnen, zu sagen pflegen. Mit 'Tal' ist Wuppertal gemeint. Und Wuppertal hat eine lebhafte Musik/Blues-Szene.
Hat der junge Henrik mit Töpfen und Bratpfanne angefangen 'Schlagzeug' zu spielen, widmete er sich 1985 der Gitarre, die viel zu groß für ihn war, so dass er sie Jeff Healey -mäßig auf den Oberschenkeln liegend spielte. Am Bass und Klavier hat er sich auch erprobt, 1996 wurde die elektrische Gitarre sein Instrument.
Ein Amerika-Aufenthalt wurde genutzt, um in den Chicagoer Clubs bei Sessions mit zu spielen. Es gab in 2003 die Band LASH und im September 2004 wurde die Henrik Freischlader Band gegründet. 2005 folgte ein Auftritt bei den 'Leverkusener Jazztagen'.
Zur Band gehören:
Henrik Freischlader - Guitars, Vocals
Oliver Schmellenkamp - Bass
Daniel Guthausen - Drums
Ihr Debüt-CD heißt kurz und knapp "The Blues" mit 11 Eigenkompositionen (!!!).
Sascha Kühn ist für Organ und Rhodes zuständig, von dem auf dem Rundling ausreichend geboten wird.
Dann gehen wir mal in medias res. Die Tür öffnet uns die Band mit dem Titelsong "The Blues". Freischlader singt zur akustischen Gitarre. Habe ich mich gerade eingehört, die Lautstärke etwas höher gedreht, geht dann "The Blues" direkt in die Vollen.
Fürwahr, ein vor Energie strotzendes Stück Bluesrock, im Mittelteil nochmals kurz 'aufgelockert' durch Akustisches. Höchst kurzweilig, was mir da zu Ohren kommt.
"My Baby" ist im 12-Takter verwurzelt. Kristallklare Gitarre, tolle Breaks, Freischlader-Riffs vom Feinsten, Bass und Drums bilden einen perfekten Rhythmusteppich und Sascha Kühns Keyboards 'runden' "My Baby" ab.
Zwei Songs, die bereits abgehen wie die viel zitierte Schmitz' Katze. So soll Bluesrock klingen.
Und auf "Nothin' To Lose" hat der Mann am Tieftöner seinen Einsatz. Oliver Schmellenkamp zupft ein mitreißendes Solo. Der Track hat einen vorzüglichen Refrain und schraubt sich in hypnotische Höhen. Gitarren-mäßig lassen Freischlader und Band es krachen, dass die Wände wackeln.
Blues mit all seinen Facetten wird geboten. Es 'krachen lassen' ist die eine Seite der Medaille, einen Slow-Blues zu spielen die andere. Auch bei "When I First Saw You" sitze ich hier kopfschüttelnd und frage mich, woher Henrik Freischlader dieses Feingefühl holt.
Ein solcher Song will ja auch erstmal geschrieben sein. Irgendwie hat ihm ein guter Geist etwas mit in die Wiege gelegt, das jetzt zum Tragen kommt. Neben den ineinander verschmolzenen Gitarrenläufen hat es mir besonders dieser kleine Part, wenn Henrik die beiden Zeilen
"First, I kissed you once,
then I kissed you twice, … angetan.
Warum haben die beiden sich bei ihrer Liebe auf den ersten Blick nicht öfter geküsst.
Ein Slow-Blues mit gleich hoher Qualität bietet noch mal "Lonely Word", fast 9 Minuten mit einem perfekt aufgebauten Spannungsbogen. Habe ich mir für diese Rezension ganz fest vorgenommen, nicht einen Vergleich zu ziehen, muss ich meinen Vorsatz zumindest ein einziges Mal an dieser Stelle komplett über den Haufen werfen. Hier kommt nur einer in Frage, der in Zusammenhang mit Freischladers "So Lonely" nun genannt werden muss: Peter Green.
Songs wie "Tired Of Beggin'", das schleppende "It's Alright" oder das riffige "No Question" erhöhen nur den Spaß-Faktor an "The Blues".
Freischlader hat den Blues … "She Ain't Got The Blues". Henrik hatte eine Frau in Denver, eine in Chicago, eine in L.A kennen gelernt. Sie erfüllten ihm so manchen Wunsch, aber immer fehlte das Entscheidende, Wichtige.
"… 'cause she ain't got the blues …
… so I take my guitar
and knock her a kiss!"
Nicht nur das Songwriting bürgt für Qualität, Freischlader hat auch durchweg erstklassige Texte geschrieben.
Henrik Freischlader hat ein Sahneteil von CD abgeliefert, nein eine Sahnetorte in 11 Stücken. Doch, das geht, ein Stück ist halt etwas größer als die anderen und das ist für mich "Lonely World".
Es gilt abschließend aber die gesamte Band zu loben. Das versierte Spiel von Daniel Guthausen, Oliver Schmellenkamp und nicht zu letzt Sascha Kühn tragen ihren Anteil dazu bei.
Für die außergewöhnlich gute Produktion in 'Jens Schilling's Klangbau' ist das Team Schilling/Schmellenkamp zuständig und Magdalena Schaarwächter hat die tollen Fotos im Booklet geschossen.
In RockTimes wird es in Bälde noch einiges über die Henrik Freischlader Band zu lesen geben.
Eine Bitte habe ich doch zum Schluss noch: Tourdates der Band beachten.
Spielzeit: 55:36, Medium: CD, Pepper Cake/ZYX Music, 2006
1:The Blues 2:My Baby 3:Nothin' To Loose 4:Tired Of Beggin' 5:Asappointed Women 6:Is It Alright 7:When I First Saw You 8:Did You Right 9:She Ain't Got The Blues 10:No Question 11:Lonely World
Joachim P. Brookes, Fotos: Norbert Neugebauer, 15.02.2006
|