Als ich von meinem Schwager vor ca. anderthalb Jahren eine CD mit dem Titel "The Blues" zum Probehören bekam, meinte ich »Henrik - wer??« Es dauerte eine Weile bis ich Freischlader innehatte. Beim Hören von "The Blues" wurde mir schnell klar, dass ich mir diese Band bei Gelegenheit unbedingt mal live anschauen müsste.
So geschehen im Februar 2007, als die Henrik Freischlader Band als Vorband von Joe Bonamassa agierte und später noch am 31. Mai 2007 bei ihrer Berlin-Premiere. Inzwischen erschien schon ihr 2. Album "Get Closer", und beim checken ihrer Tourdaten entdeckte ich, dass sie am 31. August 07 in meinem Lieblingsschuppen, dem Downtown Bluesclub von Hamburg, ein Konzert geben würden.
Am letzten Freitag war es dann soweit und ich fuhr recht früh mit meiner Frau Conny nach Hamburg. Untergekommen bei den Downtown-Stammgästen Andi und Katrin ging es abends zum gut gefüllten Club. Schon erstaunlich, entdecke ich doch eine Stunde vor Beginn des Konzerts 'Mützenfetischist' Henrik noch beim Brunchen. Nachdem ich mit Andi die letzten Live-Gigs durchdiskutierte, war es dann soweit, um 21.05 Uhr kündigte Clubchef Uwe Mamminga in gewohnter Manier die HFB an! Wobei er Basser Olli Schmellenkamp als »Schmelling« ankündigte und er noch betonte, dass es sich hier um eine der besten Bands Deutschlands handelt. Sein Fachwissen wurde an diesem Abend natürlich bestätigt!
An meinem Frontplatz staute sich die Hitze, und es kam eine gewisse Langeweile in meinem Hals auf, die durch eine Hamburger 'Pilsbrause' beseitigt wurde. Ohne großen Firlefanz legte die HFB mit "The Blues" los. Schneller als der Schatten von Lucky Luke zog ich meine Handpocket aus der Tasche und die ersten Bilder waren schon geschossen. Während die Scheinwerfer dafür sorgten, dass ich zu 'ölen' anfing, genoss Uwe Mamminga den Gig aus dem Backstagebereich. Andi zeigte mir seinen Daumen nach oben, und sein Grinsen verriet mir seine Zufriedenheit, war es doch seine HFB-Premiere. Nach "Disappointed Woman" folgte "Too Cool For Me". Als er dabei die Fender auf seine rechte Hüfte ablegte und zu einem grandiosen Solo ansetzte, rutschte ihm der Gitarrengurt runter. Doch dieses kleine Malheur konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen, und die Band legte gleich "Keep Playing" nach. Bei "Nothin' To Lose" stieg Freischlader nach Taktvorgabe von Dirk Sengotta mit seiner Klampfe ein, ehe er die Bühne Olli Schmellenkamp überließ und dieser uns ein Bass-Solo präsentierte, wie ich es bisher nur von Jimmy Johnsen ( Michael Landau Group) oder Jassen Wilber ( Bernard Allison) gehört hatte.
Weiter ging es mit "Dirty Low Down And Bad" (von Keb' Mo') und "I Give Up On Loving You". Beim darauf folgenden Song "She's Back (For Another Try)" gönnte sich Sengotta die Freiheit, legte seine Sticks beiseite und offenbarte uns seinen Rhythmus mit bloßen Händen, so wie einst John Bonham von Led Zeppelin in den 70ern!
Nach weiteren spektakulären Soli Freischladers, bei "You" und "Someone Like Me", in dem er sich zum Teil in Trance spielte und es so aussah, als ob sein Körper die Töne seiner Fender mit einzigartigen Zuckungen untermauerte, war auch Sengotta so richtig warm gespielt. Nun war für ihn Showtime und er legte ein unglaubliches schnelles, variantenreiches Solo hin, bei dem ich glatt 'ne 'Hühnerpelle' bekam! Es dauerte über 6 Minuten, seine Sticks flogen durch die Luft und die Fans tobten, pfiffen und klatschten. Henrik lobte ihn als den »großen SUA« und meinte, dass Sengotta dazu jedem Einzelnen eine Geschichte erzählen könnte. Sengotta erwiderte ihm ein undefinierbares Schimpfwort. Es wurde zwar von Henrik gebrubbelt gekontert, doch ein Lächeln beiderseits verriet, alles Paletti.
Währenddessen hatte Schmellenkamp seinen Bass gestimmt und leitete einen Song ein, den ich schon in Berlin genoss, der aber auf den aktuellen CDs nicht zu hören ist, "I Loved Another Woman" (vom Bluesveteranen Peter Green). Henrik hatte mittlerweile seine knallrote Gibson umgeschnallt, stieg bei Sengottas geschmeidigen Drums ein und bezauberte uns mit herrlichen Tönen. Diese wurden noch durch seine Grimassen verstärkt und ich glaubte, er war gerade in einer anderen Welt.
Für mich schon ein Klassiker "She Ain`t Got The Blues", der uns anschließend auf die Gehörsnerven gelegt wurde, und nach guten 2 Stunden, in denen die HFB den Fans allerlei Leckerlis bot, deutete Freischlader das Ende des Abends an. Zuvor wurde noch "Let The Good Times Roll" geboten, und dabei verausgabte sich Sengotta dermaßen, bis ihm ein Stick aus seiner rechten Hand flog, der aber niemanden traf oder gar verletzte. Während ich mir die dollsten Gedanken ausmalte, hat Sengotta längst wieder einen neuen Stick in der Hand.
Bei diesem Song konnte Freischlader die Fans zum Mitsingen animieren und zum Schluss gab es noch einen Reggae Groove!
Doch die Fans ließen die Band nicht in Ruhe und forderten den Hendrix. Nachdem die Band ihren wohlverdienten Applaus eingeheimst hatte, ging es mit "Get Closer" noch einmal sehr bluesig zu, wobei es Henrik nicht lassen konnte und zwischenzeitlich enorm an Fahrt aufnahm um dann den Song ruhig ausklingen zu lassen.
Für mich wurde es Zeit meinen Wasserhaushalt zu regulieren, und ich versuchte aus Andis schmaler Brieftasche eine 'Pilsette' zu ergattern. Mit Erfolg!
Erst jetzt griff sich Freischlader seine Fender und hämmerte uns den Hendrix um die Ohren.
Ich bemerkte, dass Sengotta schon schwer atmete und einen flehenden Blick in Richtung Henrik warf. Der aber nach "Fire" mit "Voodoo Chile" (beide Hendrix) erst so richtig in Fahrt gekommen und kaum zu stoppen war, bis plötzlich Olli Schmellenkamp das Zepter übernahm. Seine Finger bearbeiteten den Bass als ob er selbst eine E-Klampfe bediente. Einfach fantastisch, wie die Band unbemerkt die Führungsrollen getauscht hatte.
Schließlich war es wieder Henrik, der Olli ablöste. Da auch Olli noch seinen Spaß hatte, ließen beide Sengotta noch recht lange zappeln. Zwar tat er mir leid, doch auch ich konnte nicht genug von Freischladers Gitarrenkünsten bekommen und war von seiner Präzision und Schnelligkeit begeistert. Solch eine Schlagzahl kenne ich nur von Frau Schönrock und die gewinnt bei uns in der Schule jeden Schreibmaschinenwettbewerb.
Nach einer unendlichen Zeit (Fans berichteten, dass "Voodoo Chile" ca. 28 Minuten gespielt wurde!), in dem Henrik an den Saiten seiner Fender zog, zerrte und zupfte, sein Plectron beinahe zu glühen anfing, kannte er mit seiner Klampfe kein Erbarmen und zwang sie, uns die letzten Töne preiszugeben. UFF!!
Nun war aber endgültig Feierabend und die Band hinterließ ein begeistertes Publikum. Die Fans hatten von der HFB gute 2,5 Std. den Blues auf höchster Ebene zelebriert bekommen.
Als ich gierig ein Mineralwasser in meine Kehle schüttete, entdeckte ich die Band nahe dem Backstagebereich, und so bekam ich recht schnell meine Autogrammwünsche erfüllt, um dann schnellstmöglich die Heimfahrt nach Berlin zu starten. Ich hatte aber die Rechnung ohne Fans und Band gemacht. So schien es, als ob ich der Einzige war, der einen brauchbaren Stift besaß! Einmal ausgeborgt wanderte er in der Fangemeinde umher und so legte ich noch ein Überstündchen ein, bis jeder Fan seine Signatur erhielt. Aber was sollte es? Für die Band, die Fans und einen unvergesslichen Abend war mir diese Verlängerung allemal wert!
Ob Joe Bonamassa, Bernard Allison, Walter Trout, Steve Fister, Ian Parker, und Robin Trower, um nur einige zu nennen, alles begnadete Blueser, alles Individualisten, die uns den Blues in den höchsten Ansprüchen präsentieren, so habe ich in der Vergangenheit fast alle Bluesgrößen gesehen. Da ist es sicherlich müßig, eine Rangliste zu erstellen. Aber eins steht für mich fest, die HFB reiht sich nahtlos in dieser Champions-League ein. Da kann man doch stolz verkünden, die HFB - Made in Germany!
Wer selbst die beiden Alben besitzt, es ist fast nichts gegen ein Live-Erlebnis der HFB! Ich habe die Band nun zum 3. Mal gesehen, Freischlader improvisiert gern in seinen Songs, er hat eine unvergleichliche rauchige Stimme und ist immer in der Lage, noch 'ne Schippe drauf zu legen, sich selbst und die Fans in einem Rausch zu spielen! Er ist unheimlich variabel und besitzt eine enorme schnelle Fingerfertigkeit. Dazu noch die Ausnahmemusiker, Schlagzeuger Dirk Sengotta und Bassist Oliver Schmellenkamp, die ihre Instrumente perfekt beherrschen! Und da liegt vielleicht das Erfolgsrezept der HFB, im Gesamtbild sind sie absolute Spitzenklasse und nur schwer zu toppen!
Da ich die beiden Alben schon besaß, wäre der Erwerb einer DVD der HFB noch der Gipfel gewesen. Die gibt es zwar noch nicht, aber wenn Henrik sein Versprechen einhält, bei dem er prophezeite, dass die Band in den nächsten Jahrzehnten zusammen bleibt, wird sicherlich irgendwann eine DVD erhältlich sein.
Um 0.15 Uhr traten wir zufrieden die Heimfahrt an, bei der uns "The Blues" und "Get Closer" durch die Nachtfahrt begleiteten…..
Line-up:
Henrik Freischlader (guitars and vocals)
Oliver Schmellenkamp (bass)
Dirk Sengotta (drums)
Tracklist |
01:The Blues
02:Disappointed Women
03:Too Cool For Me
04:Keep Playing
05:Nothing To Lose
06:Dirty Low Down And Bad (Keb Mo)
07:I Give Up On Loving You
08:She's Back
09:You
10:Someone Like Me
11:Sengottas Drum Solo
12:I Loved Another Woman (Peter Green)
13:She Ain't Got The Blues
14:Let The Good Times Roll
Zugaben:
15:Get Closer
16:Fire (Hendrix)
17:Voodoo Chile (Hendrix)
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