So so, unser Gehirn anzustreichen werden wir also aufgefordert. Meines kommt mir eigentlich bereits bunt genug vor. Nun denn, ich lasse mich überraschen, welchen Vorschlag zur weiteren farblichen Ausgestaltung der Bielefelder Gitarrist Jörg Fleer zu unterbreiten hat. Vorweg: Es ist Fusion pur - mehr Rock Jazz als Jazz Rock, um es einmal so darzustellen, denn Rockelemente entdecke ich mehr als solche des Jazz.
So startet "Paint Your Brain" dann mit einem typischen Fusion-Stück und ich kann behaupten, dieses hat internationales Format. Fleer steuert spieltechnisch gar ein wenig in Richtung Allan Holdsworth. Die stimmlichen Elemente, welche die Eingangsmelodie begleiten, hätte ich mir allerdings erspart - mir gefällt das jedenfalls nicht. Am Schluss taucht dies dann wieder auf, und leider - auch das mag ich eigentlich nicht so gern - wird der Titel ausgeblendet. "Dark June" treibt nun mehr beschaulich und besinnlich dahin. Der Bass übernimmt in der Gestaltung der Eingangsmelodie eine wichtige Rolle. Gut gefällt mir die dezent im Hintergrund punktgenau eingesetzte Perkussionsuntermalung. So gibt es stets unterschiedliche Ausrichtungen innerhalb einer doch - im positiven Sinne zu sehenden - relativ gleichbleibenden Ausstrahlung der Atmosphäre. Mal klingt es ein wenig gesichtsloser, wie auf "Voice From Jupiter", bei dem mir erneut der wortlose Gesangseinsatz echt die Stimmung verdirbt. Die lyrischen und verträumten Elemente können verzaubern, wie zum Beispiel sehr schön geboten mit "Here Is All The Love I Have".
Hinsichtlich des Einsatzes verschiedener Gitarren gibt es auch gute, atmosphärisch unterschiedliche Ausrichtungen. So bei dem kürzeren "Look Behind The Moon" - unbegleitet und kaum verstärkt, so, als würde der Künstler skizzenhaft Gedanken durch die Gitarre ausdrücken wollen. Besonderheiten gibt es also zwischendurch immer wieder, so wenn bei "Yesterday, Tomorrow" der Vibrafonist Florian Poser zusätzliche Aspekte in die Musik einbringt. Das erinnert dann ein wenig an die Band Steps Ahead. Bei "Blood And Milk" lassen lasziv südamerikanisch angehauchte Rhythmen den Song sehr ausdrucksvoll treiben. Diese Spielart der Platte sagt mir hinsichtlich der Besonderheit und der Außenwirkung am meisten zu.
Bei "Secret For You" gibt es noch einmal ein von sanfter Perkussion unterstütztes Zwiegespräch mit dem sehr flüssig gespielten Bass. Das Stück lässt Raum zum angenehmen Träumen, bis mich dann "Where Is The Hope?" an Musik von Pat Metheny erinnert, mit einer sehr schönen Melodieführung und viel Harmonie ausstrahlend.
Die Schlussakzente setzen die beiden letzten Titel, die mir sehr gut gefallen: Das mit einer angenehm romantischen Prägung ausgestattete "Lay Your Hands On Me" und "Late Tears", das mit seiner Ausstrahlung an einen meiner liebsten Gitarristen, Terje Rypdal, erinnert. Da jener mit seiner Kunst auf weiter Flur relativ allein dasteht, wäre es sicher gut für Fleer, hier noch einmal auf diese besondere Weise nachzulegen.
So hat, resümierend betrachtet, Jörg Fleer ein Album mit Flair vorgelegt, das allerdings über sehr viele kurze Stücke verfügt - länger gehalten hätte sich mehr Stimmung entfalten können. Gerade hinsichtlich des sehr guten Gitarrenspiels wäre eine noch stärker auf Improvisation ausgerichtete Musik "Paint Your Brain" gut bekommen und den einen oder anderen Solisten hätte die Platte ebenfalls vertragen können.
Line-up:
Jörg Fleern(guitars, bass, loops, guitar-synthesizer, voice)
Florian Poser (vibraphone - #7)
Qusai Zureikat (vocals - #1,3)
Peter O´Mara (guitar and first guitar solo - #1)
Daniel Le-Van-Vo (bass - #1,10)
Nicole Badila (bass - #7)
Torsten Krill (drums - #1,4,6,12)
Tracklist |
01:Paint Your Brain (5:35)
02:Dark June (4:45)
03:Voice From Jupiter (5:26)
04:Here Is All The Love I Have (4:45)
05:Look Behind The Moon (2:26)
06:Song For The Sun (para Marta) (5:17)
07:Yesterday, Tomorrow (5:51)
08:Blood And Milk (4:17)
09:No Words (1:06)
10:The White Heart (4:19)
11:Secret For You (4:13)
12:Where Is The Hope? (4:43)
13:The Reason Why I Am Here (4:40)
14:Light Of Unknown (2:54)
15:Lay Your Hands On Me (5:37)
16:Late Tears (2:03)
(all titles composed and arranged by Jörg Fleer)
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