Neues am norwegischen Prog-Himmel? Jein, denn ganz so neu sind Gagamel nicht. Gegründet 2001 in Oslo, gab es aber außer Liveauftritten und einer 2-EP Scheibe noch nichts für erfahrene Prog-Ohren.
Erfahrene Ohren sollte man schon haben, denn leichte Kost bereiten die Köche Jon Edmund Hansen (Guitar), Bjorn Viggo Andersen (Hammond Organ, Fender Rhodes, Clavinet, Synths),
Geir Tornes (Bass), Morten Tornes (Drums, Vocals), Tom Uglebakken (Guitar, Vocals, Flute) und Leif Erlend Hjlmen (Cello) nicht unbedingt zu.
Eine Stunde Spielzeit, aufgeteilt in fünf Titel lässt erahnen, wie es zu Werke geht. Bereits der Opener "Ties" zeigt den Weg: experimentell und improvisatorisch wird hier aus den Vollen geschöpft. Am ehesten noch mit King Crimson zu vergleichen. Aber richtig passt das auch nicht ganz, denn Gargamel setzen an Experimentierfreude meiner Meinung nach noch 'ne gehörige Schippe drauf.
Das norwegische 'Tarkus' Magazin schrieb in einer Konzertreview:
"We noticed elements from Van Der Graaf Generator, combined with krautrock; of the Amon Düül II type. together with loads of keyboards (rhodes, organ and analog Synths) that added a sophisticated jazz touch."
Celloeinsatz in Strayed Again", dazu düstere, gruftige Chorstimmung zu wütenden, klagenden Vocals. Aberwitzige Breaks, die scheinbar erst mal Chaos verbreiten. Nur kurz, denn wenn man sich drauf einlässt erschließen sich surrealistische Prog-Landschaften. Da schrammelt ein Cello und die Flöte scheint nach Schlangen zu suchen. Harte Gitarrenriffs teilen sich die Minuten mit süßen Orgelklängen.
"Below The Water" glänzt mit traumhaften Tastensequenzen in einer an sich apokalyptischen Grundstimmung. Fast orientalisch anmutender Gitarrensound zu Celloschwingungen, Vocals die mal jammern, dann zu aggressivem Lachen ansetzen. Ein spannender Track, ohne Zweifel.
Fast lustig flötet sich "Into The Cold" in das Geschehen. Vertracktes Drumming stößt dazu, die Flöte erzählt süßliche Märchen und auf dem fiktiven Basar beschwört das Cello nun die Schlange. Gegen Mitte der Spielzeit werden in der Tat Reminiszenzen an alte Krautrockscheiben wach. Supertrack!
Düster brodelt sich "Agitated Mind" durch die ersten, der fast 18 Minuten. Mollstrukturen im schwermütigen Takt scheinen wieder das Ende der Welt verkünden zu wollen. Ich bemühe noch mal den Waschzettel, der von der nächsten Generation des skandinavischen Progs redet. Ich kann da nicht widersprechen, denn in dieser Dimension hat es selten eine Platte geschafft, mir fast plastisch Unheimliches beim Musikhören vor die Augen zu projizieren. Bis Minute Sieben zumindest, denn nun 'kippt' das Bild, weil Flöte und Cello die Oberhand übernehmen, das Thema aufhellen, scheinbar musikalisch dem 'Horror' entfliehen und auf einem fast lustigen Jahrmarkt landen.
Break, kurze Stille und das 'Ende der Welt' naht wieder.
Was für ein musikalisches Abenteuer!
Sollte ich heute Nacht von Albträumen geplagt werden, kenne ich den Auslöser.
Spielzeit: 58:04, Medium: CD, Record Heaven/Transubstans Records, 2006
1:Ties 2:Strayed Again 3:Below the Water 4:Into the Cold 5:Agitated Mind
Ulli Heiser, 21.01.2006
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