Ghost & The Oath / 19.11.2013, Schlachthof, Wiesbaden
Rocktimes Konzertbericht Ghost & The Oath
Schlachthof, Wiesbaden
19. November, 2013
Konzertbericht
Stil: Doom/Occult

Artikel vom 19.12.2013


Marius Gindra
Im Laufe der letzten zwei bis drei Jahre haben sich Ghost (in Amerika muss man aus rechtlichen Gründen mittlerweile noch ein B.C. hinten anhängen) vom Insidertipp unter Doom/Occult Rock-Liebhabern zum führenden Act ihres Genres entwickelt und genießen längst mehr als Kultstatus. Böse Zungen und intoleranteste Untergrundkrieger mögen dies als 'Hype' und 'Ausverkauf' titulieren und die Band nun auf ihre schwarze Liste setzen. Man kann den Aufstieg dieser Gruppe aber auch einfach als schillerndes Beispiel für die Rückkehr handgemachter, authentischer Rockmusik in den Mainstream betrachten. Und das ist - in Satans Namen - absolut nichts Schlechtes; vor allem wenn man ein solch starkes Album wie das dieses Jahr erschienene "Infestissumam" vorzuweisen hat. Nachdem ich leider zwei Ghost-Shows mehr oder minder verpasste (Bei ihrem ersten Gig überhaupt als Opener auf dem Hammer Of Doom 2010 kam ich erst zwei Stunden später an und ihren Support-Slot beim Maiden-Open-Air-Gig in Singen-Aach 2013 konnte ich nur noch zur Hälfte sehen, da man den allgemeinen Beginn unverschämterweise vorgezogen hatte...), stand dieser Abstecher in meine direkte Nachbarstadt natürlich auf der Prio-Liste ganz oben.
Als Opener hatte man die deutsch-schwedische Allianz von The Oath verpflichtet. Das Quartett (zwei durchaus sehr hübsche Blondinen an Gesang und Gitarre, die beiden Herren an Bass und Drums) formierte sich erst letztes Jahr und veröffentlichte im Frühjahr diesen Jahres ihre Debütsingle "Night Child/Black Rainbow" über High Roller Records. Natürlich wurden beide Songs im Laufe des rund 40-minütigen Auftritts zum Besten gegeben, ein Großteil der Setlist bestand jedoch aus Stücken ihres noch unveröffentlichten Debütalbums, das Anfang nächsten Jahres über Rise Above erscheinen wird. Das Material kann sich durchaus hören lassen: Eine grundsolide, kurzweilige Mischung aus Doom und klassischem Heavy Metal, die ihre Gefolgschaft garantiert finden wird. Nach dem Gig wurde - Sammelwut olé! - erst einmal besagte 7-Inch am Merch abgegriffen.
The Oath            The Oath
Nach einer längeren Umbaupause stiegen dann die Helden des Abends mit "Infestissumam/Per Asperi Ad Inferi" - dem Opener des aktuellen Meisterwerks - auf die Bühne. Als Backdrop hatte man überdimensionierte Kirchenfenster mit verschiedenfarbiger Beleuchtung gewählt, welche die entsprechende Aura zusätzlich verstärkten. Papa Emeritus II und seine fünf Nameless Ghouls zogen ab der ersten Minute alle Register ihres Könnens. Während die dunkle Seite von Franziskus auf sympathischste Art und Weise seine satanischen Botschaften in die mit rund 400-500 Leuten eher mittelmäßig besuchte, große Halle des Schlachthofs vermittelte, überzeugte die Instrumentalfraktion mit ihrer eigenwilligen, durch und durch originellen Mischung aus 70er-Jahre-Rock, Doom, ein wenig frühem NWoBHM und einer leichten Prise Psychedelic.Ghost Die choralen Background-Gesänge wurden zwar offensichtlich vom Band eingespielt, wobei ich vermute, dass die Orgel-Parts vom Keyboarder selbst stammten. Die Setlist der Satansbraten ließ außerdem keine Wünsche offen: Sieben Songs von "Infestissumam", ebenfalls sieben Nummern des Debüts, das gelungene Beatles-Cover "Here Comes The Sun" sowie ein Track der kürzlich erschienenen Cover-EP "If You Have Ghost" machten aus der rund 80-minütigen Show einen Auftritt, der das gesamte Schaffen dieser mysteriösen Occult Rock-Sternchen abdeckte. Und als dann mit dem Übersong "Monstrance Clock" um ca. 22:30 Uhr das endgültige Finale eingeleitet wurde, sollte auch dem letzten Nörgler klar gewesen sein, dass Ghost - Maskeradenspielchen hin oder her - nicht zu Unrecht den Status genießen, den sie mittlerweile inne haben!
Zum Abschluss erwähnt werden sollte noch folgende, interessante Feststellung: Obwohl man auf Occult/Doom-Gigs normalerweise immer einen gewissen, festgefahrenen Besucherstamm trifft, konnte man an diesem Abend wirklich unterschiedlichste Personengruppen entdecken: Neben Kutten- und Lederjackenträgern standen einträchtig bärtige Studenten, Normalo-Leute und stellenweise sogar aufgeschminkte Mädels, die man auf den ersten Blick eher in einer Popper-Disco vermuten würde. Sogar einen alten Schulkumpel aus der Orientierungsstufe, dem ich vorher niemals die Begeisterung für Ghost zugetraut hätte, habe ich dort nach einigen Jahren wieder getroffen. Ganz klar: Ghost sind mittlerweile weit über ihre eigentliche Szene hinaus ein Phänomen, für das man sich interessiert. Aber das ist vielleicht auch gut so, denn dadurch hat 'unsere' Szene wenigstens wieder einmal ein Musterbeispiel, das noch nicht vollkommen verwässert wurde.
Vielen Dank an Dominik Schmidt vom Schlachthof Wiesbaden für die kurzfristige Akkreditierung und Christian Bunke für das Bereitstellen der Fotos!
Setlist Ghost:
01:Infestissuman/Per Aspera Ad Inferi
02:Con Clavi Con Dio
03:Stand By Him
04:Ritual
05:Prime Mover
06:Year Zero
07:Here Comes The Sun (Beatles-Cover)
08:Elizabeth
09:Secular Haze
10:Jigolo Har Megiddo
11:Death Knell
12:Genesis
13:If You Have Ghosts (Roky Erickson-Cover)
Zugaben:
14:Ghuleh/Zombie Queen
15:Montrance Clock
Externe Links: