Giri = Pflicht, Ehre, Pflichtgefühl
Bedeutet das pflichtbewusste Handeln gegenüber allen Lebewesen
[Quelle: Hagakure - "Verborgen im Laub"; ein Werk des Samurai Yamamoto Tsunetomo (1659-1719)]
Pflicht?
Pflichtgefühl?
Nun, das hat der gute Andreas Lindbergh, der sich Giri nennt, wohl wörtlich genommen und, nachdem der Muliti-Instrumentalist vom 'Radio Stockholm' für das 'Demo des Jahres' eine Auszeichnung erhalten hat, sich gleich verpflichtet gefühlt, einen Longplayer nachzuschieben, den er schlicht und ergreifend "Giri" betitelte.
Giri beherrscht nicht nur die Gitarre, nein er beherrscht daneben noch die Sitar, Bass, Drums und spielt Keyboards. Und er schreibt Songs im Minutentakt. Hut ab vor so viel Talent.
Nachdem man weder von Oasis, The Verve, Blur oder wie sich die ganzen, Anfang der 90er wie Pilze aus dem Boden schießenden Brit-Pop-Bands nennen, keine größeren Heldentaten mehr erwarten kann, hat es sich der Skandinavier mit Pass aus Sri Lanka wohl zur Aufgabe gemacht, diesen Stil neu zu beleben. Mal was anderes also, ist man doch von Schweden eher die Power-Metal-Invasion gewöhnt.
Ich war noch nie ein klassischer Anhänger der Britpop-Welle, nur kam man auf Grund des ganzen 'MTVIVA'-Hypes damals an diesen Truppen gar nicht vorbei. Man wurde tagtäglich mit deren Ergüssen zugedudelt. Und wenn ich dazu noch an das öffentlich breitgetretene Gezänk der Brüder Gallagher von Oasis denke, oder auch den medienwirksamen Krieg zwischen dieser Formation und Blur, wird mir heute noch speiübel. Wobei ich nach wie vor der Meinung bin, das gerade der von Bowie, den Kinks und Madness beeinflusste Sound von Blur der bessere war, zumal sie gerade Mitte der 90er wesentlich gitarrenlastiger wurden und teilweise einige Punkelemente mit einfließen ließen.
Das ist auch ein Grund für mich, soundmäßige Parallelen zwischen Giri und Blur zu ziehen.
Giri wird vermutlich von den typischen Band-Egotrips verschont bleiben, hat er doch sein Debüt fast komplett selbst eingespielt und neben Hasse Sjölander sogar an der Produktion mitgewirkt.
Die Stücke sind eingängig und erfrischend unkompliziert wie das locker flockige "Hurricane" oder auch die Singel-Auskopplung "Do It" beweisen. Könnte man ohne zu zaudern im Radio spielen. Dazu kommt, dass Giri eine sehr angenehme Stimme hat. Himmel, wenn ich dagegen an diesen fürchterlichen Jammerlappen aus Mannheim denke....!
Etwas sperriger dagegen wirkt "Shadow Of A Doubt", dass mit einer tollen Frauenstimme verziert wurde. "Clean" im Sinne von steril ist dagegen der folgende Song überhaupt nicht, denn hier erklingt bereits erwähnte Sitar, aber nicht nur hier. Dieses Instrument findet immer mal wieder Verwendung und sorgt sozusagen für den Zuckerguss auf den Stücken.
Das Giri sogar richtig rocken kann, zeigt er uns mit "Roots" und "Cannonball".
Selbst die Slide wird ab und zu ausgepackt.
Der Musiker setzt sich (bewusst?) zwischen zwei Stühle: Für die Zahnspangen-Girlies ist er vermutlich zu 'hart' - dem echten Rock-Fan zu 'weich'.
Aber es ist ein angenehm zu hörendes Album geworden, dass man sich getrost reinziehen kann.
Blaue Flecken bekommt man nicht davon, dafür gibt es schöne Melodien. Sagt selbst: Was will, was kann man von einem - ich nenne es mal Gitarren-Pop-Album - anderes erwarten?
Spielzeit: 41:11, Medium: CD, Roasting House, 2006
1:Do It 2:Back To Square One 3:Hurricane 4:Shadow Of A Doubt 5:Clean 6:Roots 7:Stuck In Between 8:Cannonball 9:Save Me 10:Wannabe 11:Million Miles 12:Gone
Ilka Czernohorsky, 11.05.2006
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