Golden Kanine / Oh Woe!
Oh Woe! Spielzeit: 38:34
Medium: CD
Label: Indigo/Glitterhouse, 2011
Stil: Independent

Review vom 06.05.2011


Wolfgang Giese
Kann man von einem speziellen 'Glitterhouse-Sound' sprechen? Auf diesem Label oder zumindest dort, wo es irgendwie beteiligt ist, hat sich bereits eine besondere Schar von Musikern versammelt. Solche, die eine große Bandbreite aktueller Strömungen des Independent-Bereiches abdecken - auch Golden Kanine kann man gut und gerne in diese Kategorie packen.
Der Ursprung der Gruppe liegt in Helsingborg. Linus Lindvall und Andreas Olrog gründeten die Ashtray Hearts. Später, nach einigen personellen Wechseln, gab es die Nachfolgeband The Luscious Four. Ehemals war geplant, Musik im Umfeld der Jayhawks und Wilco zu produzieren. Man kann davon ausgehen, dass Spuren dieser Bands auch noch heute vernehmbar sind. Allerdings war man offensichtlich bemüht, die Grenzen einer klassischen Band zu sprengen, indem man die Instrumentierung erweiterte - wir hören Blechbläser und Streicher.
Nach "Scissors & Happiness" ist "Oh Woe!" das zweite Album Golden Kanines. Geräusche, Sprachfetzen - was will uns die schwedische Band mit der Einleitung der Platte mitteilen? Es folgt verhaltener, verwaschen-nuscheliger Gesang. Der Titel steigert sich langsam durch den Eintritt verschiedener Instrumente und so klingt die Trompete aus dem Hintergrund über verschiedenen Gitarren, auch ein Banjo scheine ich zu hören... Leider konnte ich nicht eruieren, wer von der Band dieses spielt. Auf jeden Fall taucht das Banjo später wieder auf. Instrumente des Bluegrass neben Trompete, Celli und Geigen - etwas wirr, diese Mischung, die dazu führt, dass auch keine klare Richtung vorgegeben wird. Vielmehr können wir uns auf einen ganz eigensinnigen und -willigen Sound einstellen, der beileibe nicht einfach konsumierbar ist. Muss ja auch nicht sein, das Leben besteht schließlich auch aus vielen Ecken und Kanten und diese symbolisiert Golden Kanine sicherlich. Stark gewöhnungsbedürftig ist für mich der manchmal gepresst-gequält wirkende Gesang, der mich nicht sehr anspricht, so dass mir die Instrumentalpassagen bleiben, die mich bedeutend mehr fesseln.
Das Tempo wechselt im Laufe der Platte, doch die Atmosphäre bleibt weitestgehend einheitlich, oftmals recht gedrückt und mit traurigem Anstrich. Nur gelegentlich scheint sich Fröhlichkeit Platz zu schaffen, und das ausgerechnet mit einem Titel wie "All Must Die". Nun ja, sollte das Leben nach dem Tode doch angenehmer Natur sein? Gelegentlich assoziiere ich bei einigen Passagen spontan die Musik der Waterboys, deren Stimmung durchaus gelegentlich durchschimmert.
Doch bleibt für mich weitestgehend eher eine düstere Ausrichtung vordergründig, gleichwohl die Musik auf gewisse Weise faszinierend ist und eigentlich genau darum, weil so grundsätzlich gegensätzliche Instrumente in die Arrangements eingeflochten wurden. Fast schon gruselig, wie sich "Back From The Woods" mit den tieftraurigen Streichern über die Runden quält. Ein weiterer Titel, der etwas aus der Lethargie reißt, ist der von eher fröhlichen Violinklängen geführte Song "Climb" - dazu dieses ungewöhnliche Posaunensolo mittendrin. Dies ist ein Titel, der mich aufmerken lässt und neben dem Nachfolgetitel "Burial", der zudem flotter und inspirierter über die Bühne geht, zu den interessantesten Songs zählt.
Nach einigen Hördurchläufen bleibt die Gewissheit, dass eigentlich alle Titel auf ihre Weise recht interessant sind, man aber stimmungsmäßig eintauchen muss, um sie zu genießen. Denn das ist Musik nicht für jede Zeit und Stimmung - manchmal dürfte sie gut, manchmal weniger gut ankommen. Es gilt also, den rechten Zeitpunkt zu finden, um dieses wirklich sehr ungewöhnliche Gebräu zu geniessen.
Line-up:
Andreas Olrog (lead vocals, lead guitars)
Linus Lindvall (lead vocals, lead guitars)
Dante Ekfeldt (bass)
Marcus Lundquist (trombone, trumpet, percussion)
Micke Sahlin (drums, percussion)
Åsa Gjerstad (cello)
Johan Malmberg (violin)
Emma Wahlgren (vocals)
Tracklist
01:Arkham
02:Climb
03:Burial
04:Fire
05:Law Of Probable Outcome
06:Get By
07:All Must Die
08:A Change
09:The Devil
10:Oh Lord
11:Back From The Woods
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