Dreiundzwanzig Jahre hämmern die
Gothic Knights ihren US-Metal schon in die Welt hinaus und dennoch kennt kaum ein Schwein die Jungs aus dem Big Apple, zumindest hierzulande nicht so recht. Alle anderen haben seit der letzten Scheibe gedacht, sie seien nicht mehr auf dem Markt. In ihrer Heimat haben sie landauf landab schon hunderte von Shows mit namhaften Größen des Business abgeliefert. Sie standen seit ihrer Gründung im Jahre 1990 bereits mit
Savatage,
U.D.O.,
Manowar,
Helloween,
Riot,
Saxon oder
Symphony X auf der Bühne und haben sich den Respekt ihrer Kollegen und Fans erspielt. Drei ordentliche Alben hat es bis dato gegeben und nach rund neun Jahren Wartezeit liegt seit einigen Monaten der Rundling Nr. 4 in den Regalen. "Reflections From The Other Side" hat man dieses Werk getauft und es bietet uns elf Tracks auf etwas mehr als einer Stunde Spielzeit.
Bereits vom ersten Track an zeichnet sich der Longplayer durch eine solide Gitarrenarbeit in Form von kernigen Riffs aus, unterstützt von den satten Tönen aus Schlagzeug und Bass, wie es sich für eine zünftige Rhythmusfraktion gehört. Die Keyboards werden immer wieder eingesetzt, dominieren aber beileibe nicht und harmonieren doch perfekt. Das Herausragendste ist jedoch die Stimme des Frontmannes Rick Sanchez, die den Hörer in die unendlichen Höhen reinen Screamings und auch in die endlosen Weiten hohen und melodiösen Metal-Gesangs zu entführen vermag. Von klassischem Heavy Metal bis hin zu schwerem und düsterem US-Power Metal reicht seine wunderbar variable Stimme. (Leider hat die Band erst vor wenigen Wochen verkündet, dass die Wege von Gothic Knights und Sänger Rick Sanchez nun in unterschiedliche Richtungen führen. Schade eigentlich, das hat echt gut gepasst.)
So vielseitig wie die Stimme, so abwechslungsreich ist auch die Abfolge der elf Songs. Mal geht es in reiner Power Metal-Manier richtig flink zur Sache, mal werden die Bremsen etwas angezogen und die Melodien ziehen sich fast schleppend aus den Boxen ("Scythe Denied" oder "Shadows Of Time"). Auch innerhalb der Tracks warten die Jungs ab und zu mit geschickten Tempi- und Rhythmuswechseln auf, jagen mal ein donnerndes Double Bass-Inferno in die Gegend oder ergehen sich in gefälligen, melodiösen Ausflügen auf Solo- und Rhythmusgitarre, wie z. B. bei "Welcome To My Horror" - Anspieltipp.
Ach, was soll ich groß sagen? Mir gefällt dieses Album sehr und ich glaube, dass es jedem Leser/Hörer zusagt, der ein wenig auf Power Metal aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten steht und kein Problem damit hat, wenn dieser auch noch mit etwas Beiwerk garniert ist. Was den gerade arbeitslosen Frontmann
Rick Sanchez anbelangt, so würde ich ihm raten, mal bei
Crimson Glory vorzusprechen. Die haben ja derzeit ein verwaistes Mikrofon zu verwalten, nachdem
Todd LaTorre mit
Queensrÿche nur noch einen Arbeitgeber hat.
Sanchez würde sich mit ein bisschen Umgewöhnung nicht schlecht als möglicher Nachfolger des göttlichen
Midnight (R.I.P.) und
LaTorre machen. Diese Scheibe kann man sehr gut kaufen!