Schon lange haben
Henry und ich davon geträumt, dass
Warren Haynes
und der Rest von
Gov't Mule mal hier spielen würden. Das wäre ein weiteres Sahnestück in der Historie der Blues Garage. Ich muss zugeben, dass ich arge Bedenken hatte, ob das je klappen würde.
Gov't Mule ist sicher nicht die billigste Band. Doch eines Tages - man traute seinen Augen kaum - stand auf der Webseite der Termin fest. Freudentaumel!! Freudentränen!! Tickets kaufen!! Glückwunsch
Henry!!
Am Tag des Konzerts waren gegen 17 Uhr schon etliche Fans vor der Blues Garage anwesend, um die Atmosphäre zu schnuppern, um Freunde zu treffen, um die jüngsten Setlists der Band auszutauschen, um zu spekulieren, was
Gov't Mule wohl heute spielen würden oder um zu schauen, ob man nicht jetzt schon ein Autogramm des einen oder anderen Bandmitglieds abgreifen konnte. Bier, Brause und Currywurst halfen, die lange Wartezeit zu überbrücken. Aber irgendwann musste man sich anstellen, um einen guten Platz in der Blues Garage zu ergattern. Tief durchatmen war angesagt, voll und eng wird es heute werden. Das war allen klar. Nun noch zwei Stunden warten, Brause, Bier, Jack Daniels und Smalltalk halfen erneut.
Mein Freund
Torsten hatte via SMS ständigen Kontakt zum Webmaster der Internetseite
Mule Army. Die wollten die Setlist so schnell wie möglich posten. So waren wir während des Sets immer gut damit beschäftigt, die Songs möglichst schnell zu identifizieren. Aber der Reihe nach.
21 Uhr, endlich ist es soweit.
Warren Haynes, Matt Abts, Danny Louis und
Jorgen Carlsson entern die Bühne und legen gleich mit "Blind Man In The Dark" los. Fetter Sound, schön laut, gut ausgesteuerter Raumklang. Alles gut!! Glückseligkeit!! Dass
Warren Haynes ein Gitarrist der Extraklasse ist, weiß heute jeder. Er stellt es aber auch gern unter Beweis:
Warren spielt beeindruckende Gitarrenparts, druckvolle Riffs, sensationelle Gitarrensoli. "Steppin' Lightly", "World Boss" und der altehrwürdige "Catfish Blues" müssen dafür herhalten. Die Fans sind begeistert, ein wenig Headbangen geht auch bei
Gov't Mule. Etwas später dann ein volles Riff, ein tiefer Bass von
Jorgen, aha!! "The Hunter" von
Free.
Torsten postet es per SMS rüber. Aber dann, verdammt, nein, das ist doch "Mr. Big", auch im Original von
Free. Schnell wird die Korrektur hinterher geschickt. Das Stück hat durch den treibenden Bass einen unwiderstehlichen Groove. Eine furiose Version von "I'm A Ram" beendet dann das erste Set. Pause. Verschnaufen. Pinkeln gehen.
Das zweite Set beginnt mit "Slackjaw Jezebel", einem Klassiker in jedem Konzert der Band.
Warren sagt uns, dass sie jetzt eine Hommage an
Jon Lord, dem kürzlich verstorbenen Keyboarder von
Deep Purple, spielen werden. Eine gute Idee, aber wir bekommen gleich drei Coverversionen in unnachahmlicher
Gov't Mule-Art dargeboten: "Hush", "Lazy" und "Maybe I'm A Leo". Danach waren wir völlig atemlos - was für eine tolle Musik von beiden Bands.
Crazy Chris Kramer durfte auch ein Harpsolo beisteuern. Das hat es ebenfalls noch nicht gegeben, dass ein deutscher Musiker mit
Gov't Mule jammen durfte. Und er machte es gut. In "Banks Of The Deep End", "Kind Of Bird", "Thorazine Shuffle" und "Mule" hatte man Gelegenheit, die anderen Musiker näher unter die Lupe zu nehmen und dem genialen Zusammenspiel der Band zu lauschen.
Matt Abts ist der absolut coolste Drummer der Welt. Immer wieder erstaunlich, wie er die Songs vorantreibt, die Ecken und Kanten ausbügelt, wie er
Warren traumhaft sicher folgt, auch wenn er nicht weiß, wo es den Chef während seiner Improvisationen hintreiben wird. Heute hatte er Lust, "Who Do You love" und "Whole Lotta Love" mit einzuflechten.
Danny Louis legt seine gottlob sparsamen Klangteppiche unter die Songs und gibt dem Ganzen einen volleren Klang. Der neue Bassist Jorgen Carlsson beeindruckte durch ein abwechslungsreiches und songdienliches Spiel. Und mit der Rückkehr zum "Mule"-Thema war der zweite Set schließlich auch beendet.
Natürlich wollten wir mehr und brüllten uns die Seele aus dem Leib. Die Band ließ sich dann auch nicht lange bitten und gab uns mehr. Zweiunddreißig Minuten Zugabe folgten, das kann sich sehen lassen.
Warren sagte "Soulshine" an, seine wunderschöne Ballade, die in keiner Setlist fehlen darf. Er bat dazu
Duane Betts, den Sohn von
Dickey Betts, auf die Bühne. Oh yes, das wird ein denkwürdiger Abend. Nur schade, dass
Dickey nicht mitspielte. Anyway… der spielt ja morgen mit seinen
Great Southern hier in der Blues Garage.
Duane und
Warren spielen jeweils ein langes Solo und somit geriet der Song zu einem wunderschönen Jam. Hier konnte man auch die warme Stimme von
Warren Haynes besonders genießen.
Mit
Andy Aledort kam danach noch einer der
Great Southern-Gitarristen auf die Bühne und spielte uns schwindelig.
Chris Kramer kam ebenfalls wieder - die kleine Bühne der Blues Garage wurde immer voller. Zwei Bluesstandards sollten den heutigen Schluss des Konzerts bilden. "It Hurts Me Too" und "Look Over Yonder Wall" boten jedem nochmal reichlich Platz und Gelegenheit für ein Solo. Nicht so oft gespielte Stücke von der Band, deshalb freuten sich die beinharten Fans auch besonders. Es ist immer toll, wenn die Bands Sachen spielen, die sie selten darbieten. So twitterten auch die Fans von
Mule Army von einer sensationellen Setlist.
Das letzte Konzert der Europatournee wurde somit zu einem denkwürdigen Ereignis. Nach drei Stunden und acht Minuten reiner Spielzeit war dann schließlich Schluss. Das war aber ein Gegenwert zum Eintrittspreis, der sich sehen lassen kann. Noch lange blieben die Fans in oder vor der Blues Garage und diskutierten heftig über das soeben Erlebte. Und schließlich kam noch
Warren Haynes zu seinen Fans und unterschrieb LPs und CD-Booklets ohne Ende. Was der Mann für eine Energie hat...