Jimmy Giuffre Quartet / Live In 1960
Live In 1960 Spielzeit: 77:56
Medium: CD
Label: Phoenix Records, 2011 (1960)
Stil: Jazz


Review vom 28.12.2011


Wolfgang Giese
Der am 26.4.1921 in Dallas/Texas geborene und am 24.4.2008 verstorbene Jimmy Giuffre war ein in der Entwicklung des Jazz wichtiger Musiker, allerdings nicht so bekannt wie mancher Kollege. Zitat aus ZEIT ONLINE MUSIK:
»Meister des leisen Schreis«, »Jimmy Giuffre ist die Vaterfigur des freien lyrischen Jazz.«
Giuffre prägte durch die Komposition "Four Brothers" bereits 1947 den Stil seines damaligen Arbeitgebers, die Band um den Arrangeur Woody Herman. Doch nicht nur dort war er aktiv, bis er sich 1956 auf eigene Füße stellte. Denn auch Namen wie Jimmy Dorsey und Buddy Rich sind im Zusammenhang mit Giuffre zu nennen.
Die Zeit seines Soloschaffens war meistens durch die Arbeit im Trioformat geprägt, dabei war ein langjähriger Begleiter der auch hier agierende Gitarrist Jim Hall. Auch Gruppierungen ohne Bass und Schlagzeug waren keine Seltenheit. Daher ist es andererseits umso seltener, dass wir auf den Live-Einspielungen zweier Konzerte aus dem Jahre 1960 zumindest bei den ersten sieben Titeln, aufgenommen im Five Spot, New York, im August des Jahres, ihn im Quartettformat erleben dürfen. Und ein Erlebnis ist es allemal.
Auf den restlichen Titeln aus dem Olympia in Paris, eingespielt am 23.2.1960, gibt es dann wieder lediglich Begleitung von Gitarre und Bass.
Aus der Cool-Ära des Jazz grüßt die Musik, der Sound ist sehr plastisch, die Konzertatmosphäre zieht den Hörer direkt in den Club. Mit Klarinetteneinsatz startet der erste Titel; bereits nach gut eineinhalb Minuten darf der Bassist ein kurzes Solostatement abgeben, sogleich symptomatisch für die ganze Musik, die die Musiker gleichberechtigt agieren lässt.
Als Fan der 'coolen Jazzgitarre' zieht mich Jim Hall gleich in seinen Bann, die fußwippende Atmosphäre inklusive. Mit klarem Solospiel und warmem Ausdruck vermag mich der Gitarrist erneut zu begeistern, was er danach noch lange in der Band von Paul Desmond bestärken sollte. Diese Formation ist einfach erstklassig, der Bassist konnte mich mit damaligen Aufnahmen mit dem Free Jazzer Cecil Taylor bereits überzeugen, das Schlagzeug treibt dermaßen elegant und der Chef spült inmitten des coolen Anstrichs der Musik ganz viele Emotionen an die Oberfläche.
Im Wechsel verschiedener Stilelemente geht es weiter mit hartem Swing ("The Crab"), einem Klassiker schlechthin, "My Funny Valentine", dieser herzzerreißenden Ballade, wo auch Hall wunderschöne Elemente setzen kann, einem Stück in einer Mischung zwischen Be Bop und Ornette Coleman ("Wee See"). Hier, wie auch bei anderen Titeln mit Giuffre am Tenorsax, und der Quartettversion von "Two For Timbuctu", mit dem wohl 'modernsten' Anstrich der Aufnahmen aus New York.
Und dann wären da noch die Boni, aus Paris, im Trioformat. Auch ohne Schlagzeug vermochten die Bands um den Leader stets zu swingen, so "The Boy Next Door" mit sanftem Vortrag, wieder mit Saxofon, oder auch "Meckie Messer", das etwas flotter voran geht. "Two For Timbuctu" nun noch einmal zum Schluss, und eine hervorragende Platte geht zu Ende mit diesem vorwärts preschenden Titel. Giuffre ist sehr ausdrucksstark, bisweilen leicht kratzig wie zu guten alten Zeiten in Kansas City.
Hier zeigt er, welch brillanter Musiker er doch auf dem Saxofon war, wo er doch eher stets mit der Klarinette in Verbindung gebracht wurde.
Line-up:
Jimmy Giuffre (clarinet, tenor sax)
Jim Hall (guitar)
Buell Neidlinger (bass - #1-6)
Billy Osborne (drums - #1-6)
Milford Middlebrooks (bass - #7-10)
Tracklist
01:The Quiet Time [Giuffre] (9:30)
02:The Crab [Hall] (8:27)
03:My Funny Valentine [Rodgers/Hart] (8:00)
04:Wee See [Monk] (9:22)
05:What's New? [Burke/Haggart] (6:30)
06:Two For Timbuctu [Giuffre] (6:57)
Bonus Tracks:
07:The Boy Next Door [Blane/Martin] (7:56)
08:Mack The Knife [Brecht/Weill] (9:15)
09:My Funny Valentine [Rodgers/Hart] (6:33)
10:Two For Timbuctu [Giuffre] (5:27)
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