Steve Gibbons ist irgendwie einer der traurigen Helden der Rockgeschichte: Mit dem Potenzial eines Superstars ausgestattet fehlte es immer an wirklich kompetenten Förderern, die seiner Karriere den entscheidenden Schub hätten geben können. So blieb der Sänger, dessen spröder Charme an einen Bryan Ferry oder vielleicht noch mehr an Willy DeVille zu erinnern wusste, stets ein Geheimtipp, konnte sich aber in seiner Heimatregion rund um Birmingham bis heute einen wahren Kultstatus erspielen. Man glaubt es kaum: Seit 1958 ist dieser Mann ohne Unterbrechung aktiv. Der Mann hat viel erlebt und das hört man seiner Musik an!
Steve Gibbons war und ist ein Liebling der Musikjournalisten, die seine intensiven Alben und Konzerte in den höchsten Tönen lobten. An der breiten Masse der Rockkonsumenten lief der heute Siebzigjährige - immer noch fleißig auf Tour - ungerechtfertigter Weise völlig vorbei. Ein trauriges, von viel zu vielen Leidensgenossen geteiltes Schicksal...
Am 3. November 1981 gastierte die Steve Gibbons Band im Rahmen des Rockpalast im Berliner Metropol, die Songs des gerade veröffentlichten neuen Albums "Saints And Sinners" für das wartende Fanvolk 'im Köcher'.
Der Bandleader hatte gerade seine Truppe umformiert und damit ein äußerst glückliches Händchen bewiesen. Besonders die beiden Gitarristen Trevor Burton und P. J. Wright verstanden es, Glanzpunkte zu setzen. Die Rhythm-Section ist bei einer solch 'groovigen' Mixtur aus Rock, Soul, R&B und sogar psychedelischen Elementen von überragender Bedeutung. Derek Wood (bass) und 'Sticky' Wickett (drums) agierten im Metropol traumhaft und in blindem Verständnis miteinander - auf dieser satten Basis hatte es Steve Gibbons nicht schwer, zu einem wahren Höhenflug abzuheben.
Startend mit einem schönen A-Capella bringt "Social Dance" karibisches Flair ins November-triste Berlin - quasi ein wenig Buena Vista Social Club. Mit "A To Z" folgt ein unglaublich warm groovender Song, der Soul- und Blues-Bezüge einbindet und in den Gesängen gelegentlich an die swingenden Twenties erinnert. Eine Nummer von Gitarrist Trevor Burton, "Loving Me, Loving You", bringt treibenden Roots Rock - Americana würde man heutzutage dazu wohl sagen. Mit "No Spitting On The Bus" bringt Gibbons nun einen seiner bekanntesten Songs und beweist aufs neue , warum er zu den begnadetsten Geschichtenerzählern des Rockzirkus gerechnet werden darf.
"The Rugged Rock" ist der zweite Song aus dem damals aktuellen Album "Saints And Sinners" - ein rauer Rock'n'Roll zu dem Wright eine 'fiebrige' Slide beisteuert. Mit "Biggle's Fly's Undone" wird der vielleicht beste Songs dieses Konzertes nachgeschoben. Eine blues-getränkte, auf 'glühenden' Riffs basierende Nummer - sensationell!
Zu den erklärten Vorbildern des Barden aus Birmingham gehören Bob Dylan und Elvis, the Pelvis. Mit "To Be Alone With You" wird der 'Knödler' und mit "Paralyzed", wild-virtuos vorgetragen, die 'Hüfte' geehrt. Bei der Eigenkomposition "Gave His Life For R'n'R" bedient sich Gibbons der Wurzeln dieses Genres, um dann mit "Git It" tief in den Rockabilly einzutauchen. Ein Liveklassiker Gibbons' ist - bis in heutige Tage - "Down In The Bunker". Ein cooler Rub-Rocker, der etwa zeitgleich mit Dire Straits' viel beachtetem Debüt erschien und locker deren Qualitäten erreicht - aber ganz locker und lässig! Jammig auf über zehn Minuten 'aufgeblasen' klingt der Song mit einem wunderschönen gitarristischen Duett zwischen Burton und Wright aus.
Zur Zugabe wird mit Chuck Berry ein weiteres Idol Steve Gibbons mit "Bye Bye Johnny" bemüht, bevor dann acht Minuten lang 'der Stein rollt'. Was ich von diesem 'Ostküsten-Misanthropen' halte ist bekannt, aber "Like A Rolling Stone" ist eine geniale Nummer - vor allem, wenn sie wie hier von der Steve Gibbons Band in leicht Reggae-inspirierter Weise interpretiert wird.
MiG Music veröffentlicht seit geraumer Zeit solche Perlen, wie hier "Live At Rockpalast" der Steve Gibbons Band. Dafür kann man gar nicht genug danken und es sind noch so viele Schätze zu heben...
Eine wirklich bemerkenswerte DVD eines Künstlers, der völlig zu Unrecht im Halbschatten der Musikhistorie steht!
Line-up:
Steve Gibbons (vocals, guitar, harp)
Trevor Burton (guitar, vocals)
P. J. Wright (guitar, vocals)
Derek Wood (bass, vocals)
Alan 'Sticky'Wickett (drums, vocals)
Tracklist |
01:Social Dance (5:18)
02:A To Z (3:23)
03:Loving Me, Loving You (3:20)
04:No Spitting On The Bus (4:53)
05:The Rugged Rock (4:45)
06:Biggel's Fly's Undone (5:24)
07:To Be Alone With You (4:36)
08:Paralyzed (3:41)
09:B.S.A. (3:42)
10:Gave His Life For R'n'R (4:21)
11:Git It (4:20)
12:Down In The Bunker (10:42)
13:Bye Bye Johnny (4:19)
14:Like A Rolling Stone (8:12)
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