Der Name Andrea Hermenau ist nicht unbekannt in der Münchener Jazzszene. Bereits im frühkindlichen Alter wurde sie vom Vater an die Musik herangeführt, auch direkt an Keyboards. Dies scheint prägend gewesen zu sein, und Klavierunterricht war die Folge. Später folgte unter anderem noch ein Studium des Jazzpianos. Mit diesem Instrument bestreitet sie nun auch ihre aktuelle Platte, daneben singt sie dazu.
Zum Start gibt es ein traditionelles bosnisches Lied, das unter Begleitung des gestrichenen Basses fast schon wie eine alte keltische Volksweise wirkt, jedoch in der slawischen Sprache mit den typischen Melodiewendungen, und nach gut einer Minute Laufzeit verändert sich der Song hin zu einem Jazztitel. Von Bass und Schlagzeug feinfühlig unterstützt, entwickelt Andrea Hermenau ein ausdrucksstarkes Pianosolo voller Melancholie und Schönheit. Schließlich stößt noch Till Martin mit seinem Solo hinzu und vollendet diesen harmonischen Auftakt. Sein Spiel erinnert mich dabei etwas an Paul Desmond, jedenfalls in einigen Momenten und Stimmungen.
Nach Bosnien werden wir noch zwei weitere Male entführt, mit den Titeln sechs und zehn. Außerdem wird uns mit dem dritten Stück eine traditionelle albanische Volksweise vorgestellt. Hierbei werden die Folkelemente in der Melodie stark in den Jazz integriert - der Gesang ist wortlos, aber kein Scat. Aber auch abseits folkloristischer Ausflüge wird musiziert und hier steht dann natürlich Jazz im Vordergrund. Bei "Hermelin" ist es dann erneut Martin, der mit großer Energie und Frische spielt, dabei sehr elegant und klar im Ausdruck formuliert.
Diese Klangästhetik fiel mir bereits bei seiner aktuellen eigenen Platte auf.
"Time It Is" - unter anderem wird hier das Vibrafon eingesetzt und bringt eine weitere Klangfarbe ins Spiel, die diesem balladesken Song eine fast schon poetische Ausstrahlung verleiht. Auf dem Titelsong paaren sich freiere Klänge mit Ruhe und meditativer Ausstrahlung. Neben der Folklore von "Zute Dunje" gesellen sich Elemente hinzu, die mich sowohl an mittelalterliche Klänge als auch Passagen aus der Klassik erinnern, bevor der Song in eine laszive Jazzballade ausfließt. Der Dialog zwischen Piano und Vibraphon auf "Orpheus" gibt Erinnerungen an jene Musik frei, die Chick Corea und Gary Burton einst zusammen spielten.
Die angenehme Stimme, die sich nicht in den Vordergrund drängelt, paart sich mit dem sehr melodiösen Pianospiel und beide bilden mit den Mitspielern eine gelungene und vor allen Dingen sehr abwechslungsreiche Einheit. Das ist melodischer, moderner Jazz mit melancholischer und expressiver Färbung. Dabei swingt die Musik, kann aber auch ganz einfach einmal schweben und lässt auch Elemente der Fusion zu. Kammermusik paart sich mit Folklore, Jazz gibt den Ton an und vereint sich mit beiden zu einem hochinteressanten Hörerlebnis von höchster musikalischer Güte. Wichtige Bestandteile sind dabei die Komposition und die Ausgestaltung der Arrangements, vereint mit sehr einfallsreichen Momenten, die zwischendurch immer wieder aufhorchen lassen und keine Langeweile aufkommen lassen. Ganz im Gegenteil, hier kann man sich treiben und auch aufrütteln lassen.
Diese Musik ist nicht nur des Nachts eine Pracht, sondern grundsätzlich den ganzen Tag über…
Line-up:
Andrea Hermenau (vocals, piano)
Peter Cudek (bass)
Till Martin (tenor saxophone)
Tim Collins (vibraphone, drums)
Tracklist |
01:Emina (7:01)
02:Hermelin (5:48)
03:Dy Lule Pas Malit (4:01)
04:Time It Is (3:57)
05:Die Nachtpracht (7:04)
06:Zute Dunje (7:52)
07:Orpheus (8:59)
08:Time Between (5:33)
09:Lagrimas (6:18)
10:Kad Ja Podjoh Na Bembasu (5:11)
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