Nach zwei Büchern über die Gitarrenlegenden
Jimi Hendrix und
Keith Richards geht die "Guitar Heroes"-Buchserie des Monatsmagazins Guitar in die nächste, die dritte Runde. Diesmal wird mit
George Harrison ein Gitarrist vorgestellt, der sich garantiert nicht aufdringlich in den Fokus rückte. Dessen Wirken für die Axtschwingerszene zwar eher subtil, aber nicht minder nachhaltig als das der beiden zuvor in dieser Reihe Vorgestellten war.
Ein Autorenteam um
Lars Thieleke beleuchtet das Phänomen
George Harrison in zehn relativ kompakt gehaltenen Kapiteln. "Guitar Heroes" bezieht für mich seinen Reiz aus den verschiedenen Blickwinkeln, die die Autoren auf den introvertiertesten
Beatle richten. Nach einem (recht knappen) biografischen Abriss von
Ernst Hofacker, der unseren Weg schon einmal
kreuzte, richtet
Uwe Schleifenbaum seinen Schwerpunkt auf
Harrisons Rolle bei den
Beatles. Danach erläutert
Jan Wölfer dessen Spielweise und begründet, was
Harrison für ihn zum
»perfekten Lied-Gitarristen« machte. Hochspannend sind
Hofackers folgende, überaus einfühlsamen Einblicke in
Harrisons private Persönlichkeit und die Beziehung zu
Pattie Boyd, der Ehefrau, die er bekanntlich mit einem seiner besten Freunde -
Eric Clapton - teilte. Das folgende Kurzinterview mit
Roger McGuinn, mit dessen
Byrds die
Beatles befreundet waren, wirkt allerdings etwas deplatziert. Der Einfluss der
Fab Four auf die US-Szene geht für meinen Geschmack dann doch etwas am Thema vorbei, auch wenn die Thematik natürlich interessant ist.
Die folgenden Kapitel (und damit fast die Hälfte des Buches) beschäftigen sich mit Harrisons Equipment: seinen Gitarren, seinen Pick-up-Präferenzen und Vox-Amps. Hier merkt man deutlich, dass ein Gitarrenmagazin hinter "Guitar Heroes" steht. Für Freunde des polierten Edelholzbrettes dürfte dieser Teil mit Sicherheit das Sahnehäubchen dieses Bandes sein. Dahingehend lediglich rudimentär 'Behintergrundete' dürften - ein gewisses Maß an Interesse vorausgesetzt - allerdings ebenfalls von der Lektüre profitieren.
Abgerundet wird das Buch durch tiefe Einblicke in die beachtliche Gitarren- und Memorabilia-Sammlung von Bernhard Paul, dem Direktor und Clown des Zirkus Roncalli, und natürlich einer Unmenge von feinen Bildern.
Buchbesprechungen sind gegenüber CD-Reviews immer eine etwas heikle Angelegenheit. Zuviel zu verraten wäre gänzlich unangebracht; schließlich soll lediglich das Interesse geweckt werden, ohne mehr als dafür nötig vom Inhalt preiszugeben. Deshalb nur einige Flashlights aus dem biografischen Teil:
Jemand wie ich, der erstmals etwas Biografisches über
George Harrison in den Händen hält, findet einige richtig spannende, nachdenkenswerte Ansatzpunkte für die weitere Beschäftigung mit dem
stillen Beatle. Genau dieses Adjektiv, das
Harrison immer wieder gerne angehängt wird, muss aber hinterfragt werden. Er gab sich der Presse gegenüber nämlich gerne etwas 'zugeknöpft', was die Kollegen der schreibenden Zunft nur zu gerne zu Spekulationen veranlasste. Das öffentliche Bild entstand also lediglich aus diesen Interpretationen und hatte mit der Wirklichkeit relativ wenig zu tun.
Harrison war sehr viel vielschichtiger und ganz gewiss auch widersprüchlich. Er war gleichzeitig ein weltgewandter Musikpionier und ein introvertierter Eigenbrötler. Das Machismo seiner Arbeiterwurzeln hatte er trotz 'Hare-Krishna-Spinnereien' und späteren Allüren als Schlossherr nie abgelegt.
Hofacker beschreibt ihn ebenso treffend wie humorvoll als
»komischen Heiligen und heiligen Komiker« - quasi das personifizierte Ying & Yang-Prinzip...
Sehr schön arbeitet
Uwe Schleifenbaum später heraus, warum
Harrisons Rolle hinter dem genialen Songschreiber-Duo
Lennon/
McCartney gleichermaßen Segen wie Fluch war. Unglaublich und heute nur schwer nachvollziehbar, dass er mit "Something" erst im Jahr 1969 seine erste Single bekam. Da lagen die
Beatles bereits in der Agonie. Je brüchiger das Bandgefüge wurde, umso mehr Freiräume ergaben sich, die er zu innovativ stilprägender Pionierarbeit (hier sei vor allem sein Sitarspiel genannt!!) nutzen konnte. Schließlich entstammen anerkanntermaßen einige der schönsten
Beatles-Songs aus seiner Feder. Nach der Lektüre des biografischen Teils wird klarer, was
George Harrisons wohl wichtigste Rolle bei den
Beatles war: Die letzten fünf Prozent zur Perfektion beizutragen, das letzte Quäntchen an Eigenständigkeit.
"George Harrison - Seine Instrumente, Spielweise und Geschichte" beleuchtet ziemlich genau hälftig die Persönlichkeit und den Musiker. Obwohl die Zielgruppe des Buches wohl eher bei interessierten Gitarristen liegen dürfte, kommt der biografische Teil, wenn auch gelegentlich etwas im 'Hoppla-Hopp', nicht zu kurz. Lesenswert!!