In Deutschland gibt es ein Phänomen - es nennt sich 'Jammern auf hohem Niveau'. Ausdruck davon ist, dass man auf die Frage 'Worauf wartest Du?' häufig die Antwort hört: 'Auf bessere Zeiten!'. Die gängige Reaktion lautet meist: 'Da kannste aber lange warten!'
Auch auf "Die besseren Zeiten", das neueste Album der Band um den charismatischen Sänger und Songschreiber Christian Haase, musste man etwas länger warten. Geplant war die Veröffentlichung bereits für das Jahr 2010. Grund: In jenen Tagen beging Christian Haase sein 15-jähriges Bühnenjubiläum.
Da wäre eine Record-Release-Party natürlich sehr angemessen gewesen. Würde Haase rein kommerziell denken, hätte es im Vorjahr auch bestimmt schon den neuen Silberling gegeben. Da der an Jahren durchaus noch junge Haase aber ein alter Hase im Geschäft ist, war ihm klar: Ein halbherziges Jubiläumsalbum ist nicht das, was die Fans von mir erwarten. Recht so. Mit den bis zur ursprünglichen Deadline fertiggestellten Tracks war der Meister einfach noch nicht zufrieden.
Mag ihm Allüren unterstellen wer will - das nun endlich erhältliche Werk der Haase Band zeigt, dass die Entscheidung richtig war: Man muss ja ohnehin immer lange auf "Die besseren Zeiten" warten, und in diesem Fall hat es sich gelohnt.
Die Scheibe ist ein ausgereiftes Werk mit ausgefuchsten Arrangements und einfühlsamer Lyrik. Die Texte sind Christian Haase hörbar wichtig - doch, ganz im Gegensatz zum oben beschriebenen Zeitgeist, jammert er nicht auf hohem Niveau. Genau genommen jammert er überhaupt nicht. Die Grundstimmung der Songs ist durchwegs positiv und das Gesamtwerk von erfrischender Dynamik. Sollen andere darüber jamme(r)n, dass die Welt ein Trauerspiel nach dem anderen liefert - unser Haase hat das "Leben zum Fressen gern". Er fühlt sich nicht an allen Ecken und Enden benachteiligt - er "Will sein", nicht haben. Neben solch aufbauenden Hymnen an ein erquickliches Lebensgefühl gibt es natürlich auch leicht melancholische Kabinettstückchen - beispielsweise die Jugenderinnerungen in "Lenchen". Doch auch hier bleibt die originäre Tendenz positiv.
Nichts gegen Weltschmerz im Popsong und auch harter Protest hat seinen Platz in deutschsprachiger Liedermacherei - aber so ein frischer Wind lässt doch auch mal aufatmen.
Die Musik steht den Lyrics in nichts nach: schnörkelloser, geradliniger Rock ist angesagt. Knackig und melodiös zugleich springt die gute Laune der Musiker den Hörer fast aus den Boxen heraus an. Dabei wirken die Lieder nur auf den ersten Lauschangriff einfach - da floss jede Menge Herzblut in Kompositionen und Arrangements.
Dabei hat Christian Haase seiner Combo erst mal eine Entschlackungskur verordnet: die Fans eher folkiger Klänge werden zunächst vielleicht die, aus früheren Produktionen bekannten, Geige und Akkordeon vermissen. Der Haase wollte hörbar back to the roots - und dennoch fehlt den Liedern nichts. Klar - der Folkie im Rezensenten wünscht sich für die Zukunft wieder ein wenig Gefiedel und die Quetschkommode - und dennoch passt das klangliche Gewand dieser maßgeschneiderten Klangkollektion.
Und in diese kleidet man seine Stimmungen gerne - in jedem Falle wissen wir nun, wie der Haase läuft, denn "Die besseren Zeiten" sind da! Endlich!
Line-up:
Christian Haase (Gitarre, Gesang)
Daniela Schwabe (Bass )
René Schostak (Gitarre )
Tina Powileit (Schlagzeug)
Tracklist |
01:Leben zum Fressen gern
02:Bank am Fluss
03:Mittendrin
04:Benzin im Kopf
05:Will sein
06:Schneetreiben
07:Lenchen
08:Fledermäuse
09:Bessere Zeiten
10:Polka
11:Ich werds finden
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