Hamburg Blues Band / Live On The Edge Of A Knife
Live On The Edge Of A Knife
Was lange währt wird endlich gut. So könnte man die Geschichte des nun vorliegenden Live Albums der Hamburg Blues Band beschreiben. Schon bei meinem letzten Gespräch mit Michael 'Bexy' Becker im Jahr 2002 kündigte er einen geplanten Mitschnitt für die nahe Zukunft an und versetzte mich damit in erwartungsvolle Vorfreude. Immerhin hatte ich etliche Konzerte der Band miterlebt und wusste, was die Fans bei entsprechender Abmischtechnik erwarten durften. Nämlich unheimlich heißen Bluesrock von sechs hervorragenden Musikern.
Um es gleich einmal vorweg zu nehmen; die lange Wartezeit hat sich gelohnt. Was 'Bexy' Becker am Bass, Hans Wallbaum an der Schießbude, Alex Conti am Sechssaiter und Gert Lange an Mikrofon und Gitarre hier auf den Silberling gezaubert haben, ist wirklich vom Allerfeinsten. Zusammen mit dem ex-Spooky Tooth-Shouter Mike Harrison - der schon auf der letzten Studio Produktion "Touch" zeigte, dass er richtig gut in die Hamburg Blues Band passt - und dem Colosseum-Saxer Dick Heckstall Smith ist den Hamburger Bluesern ein fantastischer Konzertmitschnitt gelungen.
Und so sind wir gleich bei der einzigen negativen Seite dieser Live Scheibe angelangt. Aufgrund des Hinauszögerns des Veröffentlichungstermins war es dem sympathischen Smith nicht mehr vergönnt, die CD in den Händen zu halten. Dick Heckstall Smith verstarb am 19. Dezember 2004. So ist dieses Album sein Vermächtnis und eine Widmung erinnert an diesen großartigen Musiker, der eine immense Lücke bei der Hamburg Blues Band hinterlassen hat.
Die zwölf verwendeten Songs wurden bei sechs Konzerten in Hamburg ('Blues & Rock im Stadtpark'), Berlin (Quasimodo), Rendsburg ('Blues & Rocknight', Nordmarkhalle), Gütersloh (Weberei), Lorsch (Rex) und Roth ('Rother Bluestage', Kulturfabrik) mitgeschnitten. Verantwortlich für das Live Recording war Hans Neumann, der die Hamburg Blues Band schon seit Jahren ständig begleitet und dabei immer für einen perfekten Sound sorgt.
Ein Blick auf die Setlist zeigt uns, dass das Beste der ersten beiden Studio Alben "Rollin'" (aus dem Jahr 1999) und "Real Stuff" (von 1996) hier ganz klar im Vordergrund steht. Das geht auch soweit in Ordnung, wenngleich ich mir persönlich etwas mehr Material vom Album "Touch" (2002), sprich mit Mike Harrison on Vocals, gewünscht hätte. Aber man kann es eben nicht jedem Musikfreak recht machen.
Bei der Songauswahl kommt die ganze Bandbreite zum Tragen, zu der die Hamburg Blues Band in der Lage ist. Da gibt es harte Boogieklänge wie "Make My Day" und "Real Stuff", die mit einem enormen Drive gespielt werden und das Publikum regelrecht aufheizen. Im Wechsel dazu stehen auch zarte, balladeske Töne. Bestes Beispiel dafür ist "Make Love Strong", bei dem sich Gesang und Gitarre ein atemberaubendes Duell liefern. Dazu wird perfekter Harmoniegesang geboten ("Love Me Or Leave Me"). Natürlich darf auch der Fleetwood Mac-Klassiker "Rattlesnake Shake" nicht fehlen, der bei jedem Konzert einen der Höhepunkte darstellt.
Einziger Song der letzten Studio Produktion ist das geniale "Hold Back", bei dem sich mir, allein schon wegen der immer noch wahnsinnigen Röhre von Mike Harrison, die Nackenhaare aufstellen. Dazu gibt es noch den Spooky Tooth-Hit "That Was Only Yesterday". Auch das natürlich ein Ohrwurm ersten Ranges. Wie gesagt, aus dieser Serie hätte der Rezensent gern noch etwas mehr gehört.
Als besonders Schmankerl muss man "Friends" erwähnen, denn hier gesellt sich als Gastsängerin keine Geringere als Inga Rumpf zur Hamburg Blues Band auf die Bühne. Großartig, wie diese Funk Hymne aus seligen Atlantis-Zeiten rübergebracht wird. Da stimmt einfach die Chemie zwischen jedem einzelnen Musiker. Kein Wunder, denn schließlich haben Alex Conti und Inga Rumpf auch schon bei Rockship erfolgreich zusammen gerockt.
Auf einstimmigen Wunsch der Band wurde mit "Woza Nasu", in Erinnerung an Dick Heckstall Smith seine letzte Suite auf diesem Album verewigt. In dieser achtzehn Minuten langen Aufnahme konnte er sich noch mal so richtig entfalten und seine ganze Klasse zeigen. Eine wahrhaft gute Würdigung für einen großen Musiker.
Mit "Live On The Edge Of A Knife" ist der Hamburg Blues Band ein sehr gutes Live Album gelungen, das die ganze Power der Band auf der Bühne perfekt eingefangen hat. Für mich gehört die Gruppe zu den momentan heißesten Acts, die Deutschland zu bieten hat. Deshalb spricht Rocktimes hier eine klare Kaufempfehlung aus!


Spielzeit: 77,41 Minuten, Medium: CD, Handmade Music, 2005
1:Love Me Or Leave Me 2:Make My Day 3:Real Stuff 4:Make Love Strong 5:Rattlesnake Shake 6:On My Way Home 7:Friends 8:Woza Nasu 9:That Was Only Yesterday 10:Hold Back 11:Guitar Intro 12:Got What I Want
Jürgen Bauerochse, 19.11.2005