Hannibal, ein Name, der zumindest bei einigen Völkern des Altertums böse Erinnerungen wachruft, zog doch eben jener Feldherr über die Alpen, die Römer zu bekriegen, nachdem er vorher schon im heutigen Spanien für klare Verhältnisse gesorgt hatte. Ob uns das etwas sagen will? Nun, wir wissen es nicht, hat doch die hier in Frage kommende Band nicht viel mit dem alten Karthager gemein. Weder kommt sie aus Tunesien, Spanien oder Italien, noch haben sie sich die Unterwerfung der Römer oder Iberer auf die Fahne geschrieben. Es versteckt sich im Grunde auch erstmal nur eine Person dieses Namens dahinter.
Alex Balakakis, Frontmann der griechischen Metaller, hat sich ganz 'bescheiden' diesen Namenszusatz gegönnt. Er lebt eigentlich in London und hat schon seit Mitte der neunziger Jahre mit der durchaus bekannten griechischen Metal-Band
Spitfire einen weiteren Arbeitgeber. Das Projekt
Hannibal (die Band) konnte bereits 2006 mit seinem Debüt "This Is U" aufwarten und hat sich zudem Meriten als Support von den
Scorpions,
Def Leppard,
Whitesnake,
Nightwish,
Edguy oder
Tarja, nachdem diese mutmaßlich bei
Nightwish geschasst worden war, erspielen können. Mit
Spitfire ist
Hannibal (der Sänger) schon mehrfach von
Maiden,
W.A.S.P. oder
Saxon gebucht worden. Nun also liegt der Band zweites Werk in Form des Albums "Cyberia" vor und gibt uns mit 13 Songs auf einer knappen Stunde einen nicht uninteressanten Mix aus melodischem Metal, Hard Rock, Industrial-Sounds und vielleicht noch ein paar anderen Komponenten.
Herausragend platziert sind in dieser Produktion quasi durchgängig, über nahezu alle Songs verteilt, sowohl des Shouters Organ als auch das Tastenwerk des Kollegen Herc (neben Hannibal und Hulk der dritte 'Titan' im Bunde, sofern sich sein Name auf Herkules beziehen soll), der auch für die Backings verantwortlich zeichnet. Bass, Drums und Gitarren haben zwar auch ihre Minuten, stehen aber ansonsten eher im Hintergrund. Als Ausnahme hiervon möchte man vielleicht dem Opener "Burn Me Alive" ein durchaus dominantes Riff zusprechen und auch "Somebody Wake Me" geht ein wenig in diese Richtung. Immer wieder aber stößt das Keyboard dazu und verpasst dem Ganzen diesen Touch Industrial, egal ob wir vorher im Melodic Metal oder eher im Hard Rock schwammen. Das gibt dem Konzept des Albums in der Tat das Attribut des Interessanten, wenngleich nicht immer jeder Track auf Anhieb zum nächsten passen mag oder auch einzelne Komponenten innerhalb ein und desselben Songs augenscheinlich miteinander kollidieren. So besticht "Sacred Alphabet" durchaus als eingängiger Track, der mit einigen feinen Solopassagen auf der Sechssaitigen aufzuwarten weiß, nur um zwischendurch mit ein paar elektronischen Piepsern die satte, schwere Grundstimmung zu 'erheitern'. Direkt danach folgt mit "Rise" ein wirklich positiver Ausreißer, dem diese Einsprengsel vollkommen abgehen und uns einen melodiösen Song der proggigeren Sorte bietet. Und dann folgt unmittelbar darauf "Into The Water" mit einem stilistischen Mix aus mindestens fünf Genres, von der gepflegten Gitarre Marke Classic Rock bis zum bereits angesprochenen Synthie-Sound. Und Letztgenannter führt uns dann wieder an "Where Do We Go" heran, stellt ein recht kühles Intro für die daran anschließenden und durchaus stimmungsvoll düsteren Metal-Passagen dar. Symptomatisch für die komplette Scheibe.
Der geneigte Leser und Freund gepflegten (Melodic) Metals möge sich bitte nicht ob des beeindruckenden Name Droppings zu Beginn dieser Zeilen in die Irre leiten lassen. Diese Scheibe erfordert und fordert die Bereitschaft, sich etwas mehr mit den einzelnen Song-Produkten zu beschäftigen und setzt eine gewisse Offenheit für den vorliegenden Stilmix als unabdingbar voraus. Handwerklich bietet das Zweitwerk der Griechen jedoch keinen Ansatzpunkt für irgendwelche Maulerei. Übrigens weist das dicke Booklet neben den Texten auch eine ähnlich geartete Mischung aus Stilen auf: Da gibt es altertümlich anmutende figürliche Darstellungen irgendeiner Endzeitphase, gepaart mit Elementen der Bionik und alles auch noch unterlagert von ellenlangen Ketten des Binärsystems. Eine Welt, die sich Cyberia nennt?