Puh, ein für mich persönlich anstrengendes musikalisches Wochenende liegt hinter mir, wie es kontroverser nicht hätte sein können.
Freitag abends Gary Moore und ZZ Top vor mehr als 10.000 Zuschauern in der aus allen Nähten platzenden Essener Grugahalle, dreieinhalb Stunden eingequetscht wie eine Ölsardine und bei lautem elektrischen Sound und Gitarrensoli bis zum Abwinken; ein Extrem-Ausdauer-Belastungstest für jedes Trommelfell.
Samstag mittags zunächst zum Fußball, wo ich den unaufhaltsamen Weg von Rot-Weiß Essen an die Tabellenspitze mit einem ungefährdeten Sieg gegen die U21 des mir so verhassten Pillenklubs und Ewigzweitem Bayer Leverkusen mit
Genugtuung bewunderte.
Abends dann zu Hardpan, dem Gemeinschaftsprojekt der vier Songwriter Terry Lee Hale, Chris Burroughs, Joseph Parsons und Todd Thibaud, Vertreter eher leiserer und akustischer Töne, bei denen einem die harte Realität meist nur Insidern bekannten, aber qualitativ hoch anzusehender Interpreten hier in Deutschland vor Augen geführt wurde.
Ort des Geschehens das Jugendzentrum Karo 12 in Wesel, zwanzig Autominuten von meinem Wohnort Rheinberg entfernt, ausgestattet mit einer kleinen Cafeteria und einem quadratischen Raum, von dessen Fläche die spartanische Bühne und das Mischpult schon ungefähr die Hälfte des Platzes einnahmen. Auf den Rest verteilten sich um die hundert Leute, von denen einige noch durch einen nervigen Pfeiler in der Sicht behindert wurden.
Aber immerhin, die Enge vermittelte echte Clubatmosphäre und sowohl die Darsteller als auch das Publikum sollten ihren Spaß bekommen.
Um ehrlich zu sein, die Musiker sagten mir bis auf Todd Thibaud nicht viel und ihre CD habe ich im Vorfeld eher als langweilig empfunden. Aber egal, man lässt sich ja gern eines Besseren belehren.
Um 21.10 Uhr betraten die vier Protagonisten die Bühne und Chris Burroughs eröffnete den Reigen mit einem starken "Closer To The Border". Danach präsentierte Joseph Parsons mit "Accidents" direkt mein Lieblingsstück auf ihrer aktuellen Scheibe.
"Dead City" stand dann im Zeichen von Terry Lee Hale, dem Spaßvogel, der im Verlauf des Programms so manchen Schwank aus seinem Künstlerleben preisgab.
Überhaupt, den Reiz des Ganzen machte der Dialog mit dem Publikum und die Sticheleien der Musiker untereinander aus, und ließ so manch schwächer geglaubtes Stück in einem ganz anderen Licht erscheinen.
So hob Hale zum Beispiel hervor, wie nett sein Kollege Todd Thibaud sei; als aber ein Zuschauer vorschlug, ihm doch ein Küsschen zu geben, lehnte er dankend ab. Dann wurde aber wieder freudestrahlend die Tequillaflasche durch die Reihen gereicht.
Es gab also viel Spaß und mancher recht trockene Song auf der CD kam live ganz anders rüber.
Es folgte Todd Thibaud mit "She's Over The Line" und so gab es ein munteres Wechselspiel, was die Front, als auch die einzelnen Instrumente anging. Dazwischen immer auch einige gute Lieder, die nicht auf der aktuellen Scheibe zu bewundern sind.
Toll "Feels Like A Crocodile" mit dem angenehmen Gesang von Joseph Parsons und schöner Gitarrenarbeit von Chris Burroughs. Auch das rhythmische "I Don't Need It Anymore", von Todd Thibaud angeführt, war ein Meilenstein des Konzerts.
"No Disguise" beendete einen zweistündigen Hauptteil, dem noch drei Zugaben folgen sollten, die natürlich vom Publikum heftig klatschend eingefordert worden waren. Am Ende hatten die Jungs Durst und wollten den letzten Abend in Deutschland, einem Land, in dem sie, laut eigener Aussage, noch nie die Sonne erblickt hatten, noch mal gebührend feiern. Und wie er ausgegangen ist, will Terry Lee Hale dann bei der Tour im nächsten Jahr erzählen...Man darf also gespannt sein, ob das Projekt erfolgreich weitergeführt wird.
Auch wenn ich bei der Heimreise ziemlich platt war, bin ich mit der Erkenntnis davongefahren, einen ganz besonderen Gig erlebt zu haben. Danke an Hardpan und Go-Ahead-Tours für einen netten Abend.
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