Harmonious Wail / Bohemian Tango
Bohemian Tango Spielzeit: 52:41
Medium: CD
Label: Bufflehead Recording, 2013
Stil: Acoustic Americana

Review vom 31.01.2014


Wolfgang Giese
Der Bandleader Sims Delaney-Potthoff hat Harmonious Wail im Jahre 1987 in Pennsylvania gegründet. Inspiriert scheint die Musik von mehreren Quellen zu sein, höre ich doch einen ganz besonderen Stil, der nicht unvermittelt in eine Schublade zu stecken ist. Da ist Bluegrass, da klingt es nach Folk, dann kommt ein Schub Jazz dazu, dabei die Mandoline erneut in Richtung Bluegrass, das Piano in Richtung Jazz und schon mischt es sich bereits gleich beim Opener. Zu dieser oberflächlich akustisch wirkenden Ausrichtung brummelt dann jedoch ein satter elektrischer Bass.
Die Ausstrahlung der Musik passt zum Eindruck der Musiker auf dem Foto. Sie schauen sehr freundlich aus und scheinen Spaß zu haben. Die Musik strahlt jedenfalls Freude aus und kann diese auch verbreiten und bereiten. Neben Eigenkompositionen wird überwiegend auf Fremdmaterial aus verschiedenen Richtungen der Musik zurückgegriffen, bspw. gleich der zweite Song stammt von der Pop-Band Feist. Hier macht man sich das Stück durch die besondere Umsetzung zu Eigen. Dann der Titelsong - ein Tango aus Böhmen? Nun, das sollte nicht der einzige Einfluss aus Europa sein, denn neben dieser slawisch angehauchten Stimmung geht es auch in Richtung europäischen Gypsy Swing à la Django Reinhardt und Stéphane Grappelli.
Sanfter Folk bei "It's Not My Fault", elegant schwebende Stimmung bei "Things That Go", swingend mit einem ordentlichen Schuss Jazzfeeling bei "I Knew It Was Love", dann der hervorragend leichtgängige Gypsy Swing auf "Paquito" mit weiterem Jazz, schwer schleppend wird noch einmal dieses Genre - im Stil der Interpretationen des Great American Songbooks - mit dem Klassiker "You've Changed" aufgegriffen. Dadurch ist "Bohemian Tango" noch nicht überwiegend eine jazzorientierte Platte geworden, denn die Musiker bringen auf vereinende Art und Weise gekonnt viele andere Elemente ein - eine Art 'akustischen Americana-Sound' könnte man das vielleicht nennen...
Die Musik klingt leidenschaftlich, aber nicht ganz durchgehend voll überzeugend. Die manchmal kehlige, klare und modulationsfähige Stimme der Sängerin ist sehr speziell - so speziell wie die Musik, die sicher ihre Fans braucht, denn 'massentauglich' ist sie mit Sicherheit nicht. Mit "My Favorite Things" gibt es einen weiteren Klassiker des genannten Songbooks - ein Titel, dem von John Coltrane einst eine neue Richtung gegeben wurde. Hier orientiert man sich weder an frühen Interpretationen noch an der Version von Trane, sondern packt den Song in ein ganz eigenes, cooles Arrangement. Auffällig ist nicht nur bei diesem Stück, dass dem Bassisten viel Raum gewährt wird. In mehreren kurzen Soli kann er beweisen, dass er sein Handwerk gekonnt beherrscht. Jeff Weiss könnte sich gut im Jazz behaupten, so denke ich. Darüber hinaus bietet er mit seinem groovenden Ton ein solides und federndes Rhythmusgerüst - gerade in Hinsicht auf die meist schlagzeuglose Musik ist das sehr wichtig.
Swingend werden wir entlassen und nun sind sie freigesetzt: die Jazzgeister - ein Saxofon noch dabei und schon wird "There Will Never Be Another You" zum jazzigsten Titel der Platte. Hier beweist die Band auf eindrucksvolle Weise, dass sie in der professionellen Lage ist, ein Album in nur diesem Stil einzuspielen. Ich persönlich würde mich darüber sehr freuen, denn dieser letzte Song bringt mein Jazzherz zum Swingen, auch dann, wenn Jason Miller ein feines Gitarrensolo einbringt. Und Maggie Delaney-Potthoff beweist, dass sie auch eine sehr gefühlvolle und ausdrucksstarke Jazzsängerin ist.
Line-up:
Maggie Delaney-Potthoff (vocals, cardboard box, egg shakers, sand blocks, tambourine -#3, scissors - #7, vintage brass lampshade - #12)
Sims Delaney-Potthoff (mandolin, 4-string tenor guitar - #8,9,11, guitar - #3,7,8, ukulele, porch board, vocals)
Jeff (Jeffo) Weiss (upright bass, electric 5-string tenor bass, guitar - #2)
Emmett Delaney (vocals - #4)
Gonzalo Bergara (guitar - #5,6,11)
Dave Adler (piano, melodica & Bohemian chorus - #3)
Les Thimmig (saxophone - #12)
Jason Miller (guitar - #12)
Kelby Kryshak (drums & congas)
Mark Krietzer (rhythm guitar - #2,6,11)
Mary Gaines (harmony vocals - #7)
Josh Harty (Bohemian chorus - #3)
Susan Robertson (Bohemian chorus - #3)
Tracklist
01:Peace Of Mind [Sims Delaney-Potthoff] (2:57)
02:Gatekeeper [Feist] (2:38)
03:Bohemian Tango [Maggie Delaney-Potthoff] (3:59)
04:It's Not My Fault [Melvern Taylor] (2:59)
05:Things That Go [Sims Delaney-Potthoff] (4:12)
06:I Knew It Was Love [Adam Granger] (4:09)
07:The Money Song [Maggie Delaney-Potthoff] (5:22)
08:Trouble In The Fields [Nancy Griffith]/ Tennesee Waltz [Stewart and King]
09:My Favorite Things [Rodgers and Hammerstein] (7:35)
10:You've Changed [Carey and Fisher] (4:11)
11:Paquito [Nanine Garcia] (5:11)
12:There Will Never Be Another You [Warren and Gordon] (3.57)
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