The Headlocks / Cuckoo Bird
 Cuckoo Bird Spielzeit: 53:51
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2009
Stil: Jam Rock, Folk Rock

Review vom 01.02.2011


Steve Braun
Jam-Bands machen es Rezensoren in der Regel nicht einfach. Bei diesen Freaks geht grundsätzlich alles und stilistische Grenzen sind dazu da, um fröhlich übertreten zu werden. So klingen
The String Cheese Incident, Col. Bruce Hampton & The Aquarium Rescue Unit und
Umphrey's McGee genauso verrückt, wie es ihre Bandnamen vermuten lassen. Meinem geliebten Les Claypool ist mitsamt seiner Flying Frog Parade oder den Bucket Of Bernie Brains gar überhaupt keine Grenze heilig. Gov't Mule und die North Mississippi Allstars mögen es eher bluesrockig. Bela Fleck zieht es mitsamt seinem Banjo und den Flecktones deutlich in Country-Gefilde. Ben Harper und Jack Johnson werden irgendwie auch der Jam-Szene zugerechnet, sind allerdings zum Gähnen aufregend. Da wissen Phish und vor allem moe. - beide auch eher 'poppig' orientiert - schon wesentlich mehr zu gefallen.
War früher - zu Grateful Deads Zeiten - diese flippige Szene rund um San Francisco angesiedelt, hat sich der Schwerpunkt nun eindeutig an die gegenüberliegende Küste verlagert. 'Nabel' dieser Bewegung ist das Bonnaroo Festival, wo diese Bands mit zehntausenden Fans alljährlich eine ganze Woche lang sich und den Jam Rock feiern. Die Einladung der Headlocks zu diesem bereits jetzt legendären Festival dürfte, wenn auch vorerst nur auf einer Nebenbühne, lediglich noch eine Frage der Zeit sein.
Wie schon gesagt: Der Zugang zu den Headlocks gestaltete sich ein wenig schwierig. Nach den ersten beiden Hördurchgängen war klar, dass dies hier 'Arbeit' werden wird. Zu fröhlich wird auf "Cuckoo Bird" zwischen allen amerika-typischen Stilmitteln hin- und her 'geswitcht'. Folk, Country, Blues, Reggae, Americana, Roots Rock - darf's ein kleines bisschen mehr sein? Aber mit jedem der rund zwanzig Durchläufe wusste "Cuckoo Bird" mehr zu gefallen. Nach einigen Songs wie "Freeze The Frame" und "Freak Out Too" bin ich mittlerweile regelrecht süchtig geworden...
Wer eigentlich zu der Band zählt, ist bei der großen Anzahl der aufgeführten Musiker nicht ganz klar. Falls man in einem Club spielen sollte - und das wird man als Newcomer sicherlich des Öfteren - dürfte es eng auf der Bühne werden. Vierzehn Musiker waren zu den Aufnahmen für "Cuckoo Bird" im Studio. Die Website gibt nicht einmal die Hälfte als feste Bandmitglieder an.
The Headlocks stammen aus New York und haben sich in der Musikszene Staten Islands einen Status als 'lokale Supergroup' erspielt. Nachdem man vor ein paar Jahren mit Folk Rock begonnen hatte, stießen immer mehr Leute in dieses halboffene Freizeitprojekt. Die Grundidee 'zwei Akkorde und ein Traum' wurde mit immer mehr Ideen gefüllt und gemäß dem Jamband-Grundsatz 'anything goes' bereitwillig aufgenommen.
Wer mit den eingangs erwähnten drei ersten Bands - die Black Crowes kann man gerne noch hinzuzählen - etwas anzufangen weiß, wird an "Cuckoo Bird" sicherlich Gefallen finden. Ein offenes Ohr und ein freier Geist sind keinesfalls hinderlich. Die Headlocks (Kopfzangen) scheren sich nicht um kommerziellen Erfolg. Auch wenn einige Hooks durchaus Radio-kompatibel sind, hier ist nichts auf den schnellen Erfolg angelegt. Man kann sich gut vorstellen, dass diese Songs - jammig 'aufgeblasen' - vor allem 'live und in Farbe' zu gefallen wissen. Ob Woody Guthrie ein ums andere Mal zitiert wird, man im Stil der Band Of Heathens 'rootsig' schrammelt, dass die berühmte Schwarte kracht', oder man Dylan-esk knödelt - live funktioniert diese Mucke ganz sicher grandios!
Die ersten beiden Songs sind sehr typische, und daher eher unspektakuläre Jam-Songs im Stil von moe. und Phish. "Shelter" bedient den latenten Hang (jetzt hätte ich beinahe 'Hanf' geschrieben) der Jam-Szene zum Reggae, bevor mit dem rumpeligen "Freeze The Frame" ein Klasse-Song mit Spätzündung aber dafür Langzeitwirkung einschlägt. Es folgt ein wenig Rockabilly, Blues - ganz stark "Made Of Fire" - und das wahrhaft 'freakige' "Freak Out Too". Ebenfalls sehr schön sind die tiefgründigen Balladen "Out In The Sun" und "It's A Wonderful Life" ausgefallen. Ein weiteres Highlight ist der Whiskey-geschwängerte 'Mitgröhler' "Amen Good Charles" - hier zeigt sich das hohe Live-Potenzial und die durchaus ansteckende gute Laune in der Truppe.
Zugegebenermaßen: kein allzu leichter Stoff. Wenn man "Cuckoo Bird" die nötige Zeit gibt, verwandeln sich die anfangs etwas spröde klingenden Songs in Dauerbrenner. Natürlich werden die Headlocks damit höchstens die berüchtigten 'Blumenpötte' gewinnen.
Ein bestimmter RockTimes-Kollege würde die Band jetzt als 'Amateure' bezeichnen - ich meine dagegen: ja, aber liebenswerte Amateure...
Line-up:
Rob Carey (vocals, guitars, harmonica, piano, voyager)
Frank Duffy (guitar, background vocals, tibetian singing bowl)
Frank Cavallo (drums, glockenspiel, background vocals)
Joe Brancato (cuica, percussion, background vocals)
Steve Pepe (piano, organ, background vocals)
Nick Purpura (lead guitars, background vocals)
Gäste:
Steve Goffin (bass, background vocals)
Mario Ferraro (djembe, background vocals)
Ezra Donellan (ukulele, percussion, background vocals)
Julie Coyne, Gena Mimozo, Rachel Somma, John Nielson (background vocals)
Ronald W. Coyne (jawharp)
Chris Zic (banjo)
Jesse Blum (trumpets, accordion)
Kate Farley (violin)
Tracklist
01:Me Or You (3:05)
02:Driving In The Dark (4:21)
03:Shelter (3:45)
04:Freeze The Frame (4:03)
05:The Round Up (3:44)
06:Ways And Means (3:16)
07:Made Of Fire (4:25)
08:I Freak Out Too (4:58)
09:Out In The Sun (4:50)
10:The Watcher (3:44)
11:Amen Good Charles (4:02)
12:Another Flood (4:24)
13:It's A Wonderful Life (4:39)
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