Die folgenden Fragen an die fünf, mittlerweile meiner Meinung nach leicht ausgehöhlten Kürbisköpfe (ha, was für ein Wortwitz!), die man wohl stellvertretend für 99,9 % aller Metal-Fans hier stellen dürfte, sind folgende: »Seid ihr jetzt komplett übergeschnappt? Habt ihr komplett vergessen, wo ihr herkommt? Wisst ihr (bzw. noch Teile von euch), wie ihr euch damals gefühlt habt, als ihr 1988 mit dem Jahrtausend-Power Metal-Album "Keeper Of The Seven Keys II" stolz im Gepäck als Vorband von Iron Maiden als Newcomer-Hoffnung von fast Millionen Heavy Metal-Fans gefeiert wurdet? Eure Mischung aus Härte und Bombast bzw. Melodie hat euch immer gekennzeichnet, denn jeder der euch liebte, liebte euch für genau DAS!«
Der ersten Schritt in die falsche Richtung war, ohne Aushänge-Goldkehlchen Michael Kiske (Gesang auf "Keeper I" und "II" sowie noch auf zwei weiteren Studio-Alben) weiter zu machen und sich von Ausnahmemusiker Kai Hansen (Gitarre bis 1988, zusätzlich Gesang auf der ersten Scheibe "Walls Of Jericho", Gründer von Gamma Ray zu trennen, der es heute nämlich immer noch wie eh und je drauf hat! Naja gut, Andi Deris kam dann 1994, einige mochten seinen Gesang, andere wendeten sich ab. War dann ja auch wirklich eine Frage des jeweiligen Geschmacks!
Soviel dazu, kommen wir zur heutigen Zeit: Man will also 'gebührend' sein 25-jähriges Bestehen feiern und laut Mitteilung des Schreiberkollegen Jens täte man dies mit einer Best Of-Compilation. Okay, es sind Neueinspielungen (wie ich über den Titel später erfahre, 'unarmed', sprich 'unbewaffnet', was ja bereits erste böse Vermutungen bei mir aufkommen lässt), aber vielleicht kann Deris ja ganz gut die alten Göttergaben neu interpretieren. Die Erwartung ist groß, als ich die CD zum ersten Mal in meinen Händen halte. Schaffen es Helloween, ehrenvoll zurück zu kommen? Machen sie verlorenen Boden wett? Schieben sie eventuell durch klassische Streicher, die bereits angekündigt wurden, den Bombast noch ein wenig in den Vordergrund, vergessen aber nicht, die Härte beizubehalten?
Ich lege die CD auf dem Parkplatz der Gießener Hessenhallen anlässlich des "Thrash Inferno"- Festivals gespannt in den autoeigenen Player. Schnell einmal Lied 9, mein ewiges Helloween- Lieblingslied, "I Want Out", angeschmissen. Dieser Track begleitete mich seit mehreren Jahren durch viele Lebenskrisen, durch Höhen und Tiefen. "I Want Out" ging immer und zauberte mir ein freudiges Lächeln auf die Wangen!
Es geht los: Beginnend mit dem Geklimper einer Akustik-Klampfe und seltsam klingenden Drums wird der treue Fan zuerst einmal in Richtung Herzinfarkt bugsiert. Kurz danach wird die Melodie durch extreeeeem nerviges "lalalalalala"-Genudel eines Kinderchores (!!!!!!!!!!!) dargestellt. Es folgt eine massiv nervige Singweise von Andi Deris, seicht und - ich hasse es, das sagen zu müssen - zärtlich, als ob man sich auf ein Candlelight-Dinner vorbereitet. Die Kotze ist langsam am Kehlkopf angelangt. Es folgt der Refrain, wieder einmal der Kinderchor, gepaart mit Deris' Stimme. Ich schalte die CD aus und gehe in die Halle zurück, denn ich sehe lieber zum vierten Mal Sodom für dieses Jahr, als mir diesen Schrott noch eine Sekunde länger zu geben.
Zuhause angekommen, wage ich noch ein letztes Mal den Versuch, dieses Album am Stück durchzuhören. "Dr. Stein" wird im Jazzgewand verbrochen, "Future World", von allen noch die 'erträglichste' Neuaufnahme, wird lediglich akustisch gespielt, "If I Could Fly" bekommt eine klassische Note aufgesetzt und könnte bei Radio-Kommerz-was-weiß-ich-was als Ballade der Woche laufen, "Eagle Fly Free" wird ebenfalls, natürlich akustisch, im Duett weiblicher/männlicher Gesang und mit Tamburin, zahn- und kraftlos der Masse serviert, die weiteren Songs wie "The Keeper Trilogy" ("Halloween"/"Keeper Of The 7 Keys"/"The King For A 1000 Years"), "A Tale That Wasn't Right" und Co. möchte ich erst gar nicht genauer erläutern, denn noch mehr Herzschmerz einem Fan beim Lesen dieser Zeilen zuzumuten, lasse ich nun doch lieber sein.
Ach so, das Cover ziert eine Dame mit Violine in einer Wüste, umgeben von ausgedörrten Kürbisköpfen, welche wohl die noch vorhandene 'Saftigkeit' der Band darstellen soll, nämlich gar keine mehr! Dafür gibt es von mir lediglich 1 von 10 RockTimes-Uhren !
Auf anständige Metaller wird dieser Ehrenbruch am 29.01.2010 losgelassen und erscheint zusätzlich noch als Doppel-CD sowie als Vinyl.
In diesem Sinne stelle ich nun meinen mittlerweile bis zum Rand gefüllten Eimer mit Erbrochenem beiseite und eröffne die Trauerfeier mit der selbstbetitelten Debüt- EP, "Walls Of Jericho", gefolgt von "Keeper Of The Seven Keys I" und "II", denn wie heißt es immer noch so schön in einem Lied des Debüts: »Heavy Metal is the law that keeps all united free/ A law that shatters Earth and Hell/ Heavy Metal can't be beaten by any dynasty/ We're all wizards, fighting with our spell!«
REST IN PEACE, HELLOWEEN! Wir werden euch nie vergessen!
Line-up:
Andi Deris (Gesang)
Michael Weikath (Gitarre)
Sascha Gerstner (Gitarre)
Markus Großkopf (Bass)
Daniel Loeble (Drums)
Gastmusiker:
Albie Donelly (Saxophon)
Gero Drek (Akkordeon)
Harriet Ohlsson (Gesang)
Matthias Ulmer (Piano)
Prager Symphonieorchester (70 Leute)
Chöre der Gregorian Sänger
Tracklist |
01:Dr. Stein
02:Future World
03:If I Could Fly
04:Where The Rain Grows
05:The Keeper Trilogy
06:Eagle Fly Free
07:Perfect Gentleman
08:Forever & One
09:I Want Out
10:Fallen To Pieces
11:A Tale That Wasn't Right
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Externe Links:
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