Helloween
Keeper Of The Seven Keys - The Legacy
Keeper Of The Seven Keys - The Legacy
Einer der Vorzüge, den Power Metal-Bands zu bieten haben, ist der der Weiterentwicklung. Bestes Beispiel hierfür ist wohl Blind Guardian, die sich inzwischen fast komplett gehäutet haben und streng genommen eine Prog-Band sind. Auch das nördliche Lager, nämlich das der Hamburger 'Kürbisköpfe', hat einige Stationen durchlaufen, hatte dabei aber trotz allem den Vorteil der Vielseitigkeit auf seiner Seite. Denn Helloween ist nicht (nicht mehr oder waren sie es noch nie? ...Diese Frage lasse ich offen.) die typische Power Metal-Band, sondern hat, besonders seit dem Einstieg von Andi Deris, immer mehr an Komplexität zugelegt.
"Ja, aber...das ist doch der neue "Keeper" - Teil!", höre ich es schon aus den Fanmassen jammern, schicke mich aber an, sie auf zweierlei Art beruhigen zu können.
1.: Dies ist definitiv mehr als das pure Melken des alten "Keeper"-Glanzes, der '87 und '88 über 250000 Verkäufe allein in Deutschland garantierte. Die Band bleibt ihrem Trend gerecht, und was wir hier haben, ist alles Andere als ein halbbackiger Aufguss.
2.: Ja, Helloween-Fans wissen zwischen den beiden Konzeptalben und den 'regulären' Platten zu unterscheiden. Nein, dieser dritte Teil klingt nicht wie die beiden vorherigen. Er zeigt, und dies sage ich wertungsfrei und allen Ernstes - auch wenn es sich wie ein Promotext anhört - eine Band auf dem Höhepunkt ihrer Kreativität.
Was nutzt es zu versuchen, den Sound früherer Tage wiederzubeleben, nur um so zu klingen, wie die Leute es erwarten und teilweise leider sogar zu wollen scheinen? Helloween war schon immer eine Band, die Spaß gemacht hat, und dies steigert sie mit jedem neuen Album. Helloween 2005 - komplexer als jemals zuvor, ohne jedoch progressiv oder in irgendeiner Form schwerer verdaulich zu klingen. Nach "Rabbit Don't Come Easy" wurde noch einmal ein großer Schritt gemacht - vielleicht der größte, den die 'Kürbisköppe' je zwischen zwei Alben gemacht haben.
Ganz zu schweigen davon, dass Andi Deris für mich seine bisher beste und vielseitigste (da ist das Wort wieder) Gesangsleistung abliefert. Er ist ein heimlicher Garant für den neuen Sound, da er immer schon variabler klang als der ständig hoch singende Power-Metal-Prototyp. Oder Michael Kiske.
…Ein weiterer Pluspunkt: Der neue Drummer Dani Löble. Endlich kann auch mal ein Schlagzeuger auf einem Helloween-Album glänzen!
Darüber hinaus ist die Produktion von Charlie Bauerfeind fehlerfrei; es werden teilweise unzählige Spuren benutzt, ohne das Endprodukt überladen wirken zu lassen.
Einen Kritikpunkt habe ich aber doch - dies ist ein Doppelalbum von 'nur' knapp 78 Minuten Länge; und es enthält trotz aller Qualität auch schwächere und mehr in die Mainstream-Ecke zielende Tracks. Man hätte also durchaus zwei Stücke weglassen und ein normales Album veröffentlichen können. Andererseits habe ich Verständnis für SPV's Entscheidung, denn wer schaut im Musikgeschäft schon auf die Spielzeit einer Einzel-CD?
…Also, ist diese Scheibe so gut wie seine Vorgänger? Ja. Aber wird es ebenfalls eine kleine Legende? -Wahrscheinlich nicht, denn dies sind andere Zeiten.
Trotz aller Variabilität - mit "Keeper Of The Seven Keys - The Legacy" wird natürlich trotzdem jeder bedient. Auch der Speed-Metal-Anteil findet seinen Platz, ebenso wie Midtempo-Nummern oder die ewige Stärke Helloweens - Balladen. Diesmal sogar mit Candice Night als Special Guest. Beide Fanlager sollten also ein Ohr riskieren - die Hansen/Kiske-Ära-Fans als auch die, die die Band von "Master Of The Ring" an mögen; sowie natürlich jeden anderen Metal-Fan: Denn wen sie bisher nicht überzeugen konnten, dem beweisen Helloween hier endgültig, dass sie sich mit Leichtigkeit über gute, aber standardisierte Abziehbilder wie Edguy oder Gamma Ray hinwegzuheben vermögen.


Spielzeit: CD 1: 38:56, CD 2: 38:47, Medium: DoCD, SPV, 2005
CD 1:
1:The King For A 1000 Years (13:54) 2:The Invisible Man (7:17) 3:Born On Judgement Day (6:14) 4:Pleasure Drone (4:10) 5:Mrs. God (2:57) 6:Silent Rain (4:21)

CD 2:
1 :Occasion Avenue (11:05) 2 :Light The Universe (5:01) 3:Do You Know What You're Fighting For (4:45) 4:Come Alive (3:21) 5:The Shade In The Shadow (3:25) 6:Get It Up (4:14) 7:My Life For One More Day (6:53)
Christoph Segebard, 28.10.2005