Es gibt Scheiben, da reicht bereits ein kurzer Blick auf das Cover, um - wie man im Saarland sagt - den Plan im Sack zu haben, und die Drehung der Hand um 180° bestätigt diesen sogleich. Bei der hier vorliegenden CD benötigt es also insgesamt rekordverdächtige drei Sekunden für die Feststellung: Bei dieser Band sind sämtliche Röhren im Oberstübchen komplett durchgebrannt.
Die Rede ist von den Hickoids - 1984 gegründet, um dem Rock'n'Roll ein »destructive, reckless, absurd, stoned, drunk, sped out tweaked« 'Dorschenanner' zu spendieren. Nach wenigen Jährchen (von 1984 bis 1992) hatte wohl die Milz der fünf Texaner jeweils einen gewaltigen Durchhänger und die Leber einen Totalausfall. Seit dem 1989er "Waltz A Crossdress Texas" hörte man jedenfalls nahezu 25 Jahre lang eher wenig von den Hickoids, bis im vergangenen Jahr wieder ein reguläres Album erscheinen sollte: Das hier zu besprechende "Hairy Chafin' Ape Suit".
Das Leben hat nicht nur tiefe Furchen in die Gesichter der Hickoids gezogen - nein, es hat sich ebenso gründlich in die Geschichten gegerbt, die ihre Songs erzählen. Songs from Booze'n'Buzz and other crazy stuff, Liebesleid und Liebesglück, von harter Arbeit mit ehrlichen Händen. Piss off, Tito And Tarantula, die Hickoids wären die ultimative Hausband im legendären Brothel 'Titty Twister' gewesen. Glaubt man ihren Texten, gehen die Jungs ohnehin im mexikanischen Grenzland ein und aus.
Die anarchistische Urgewalt der fünf Südtexaner hat geradezu ansteckenden Charakter. Irgendwie fühlt man sich spätestens nach dem zweiten Song noch einmal wahlweise halbstark oder -wüchsig und zu wirklich jeder Hanswurstiade bereit. Dazu passt, dass die Hickoids ein ums andere Mal simpelst losballern wie die Stones zu besten "Street Fighting..."-Tagen und Sänger Jeff Smith probat dazu derart rotzfrech-rüpelnd abjaggert, dass kein Auge unbenetzt und kein Trommelfell ungeplatzt bleibt.
Wer auf im besten Sinne schäbigen Stinkefinger-Garagenrock steht, kommt an den Hickoids nur schwer vorbei - die Georgia Satellites lassen vernehmlich grüßen. Staubigsten Roots Rock à la Bottle Rockets mit einer gut abgeschmeckten Tex Mex-Brise bekommt man ebenso wie alkoholgeschwängerten Country Rock serviert. Noch einige ganz freche Spritzer wüstesten Cowpunk der Marken Jason & The Scorchers und White Cowbell Oklahoma - fertig ist ein Shake mit extrem hohen Drehzahlen.
Nicht ein einziger Ausfall ist auf "Hairy Chafin' Ape Suit" zu verzeichnen. Tony Trusnovics und Davy Jones' schrubben sich mit ihren Gitarren einen Wolf - Slowpoke Farley und Rice Moorehead grooven wie die Vorboten zur Hölle. Besonders feine Akzente setzt Gastmusiker Scott Lutz - mal mit einer wimmernden Lap Steel, mal mit einem an ein winselndes 'Plastik-Casio' erinnernden Keyboard. Genau dieser billig-trashige Touch passt zu den zehn Songs wie die Faust in die Magengrube. Über allem stöhnt, kreischt, seufzt, brüllt, jammert und 'gniedelt' der omnipräsente Jeff Smith - ein Rock'n'Roll-Tier wie aus dem Lehrbuch.
Aber was soll ich hier noch weiter rumölen? Kauft euch gefälligst diesen Silberling - aber zack-zack, wenn ihr auf die genannten Referenzbands steht!!
Gratis gibt es obendrein noch eine adäquate Lebensberatung ("If Drinkin' Don't Kill Me, Kill Me") musikalische Drogen- ("TJ") und Paartherapie ("Stop It, You're Killing Me") sowie so manchen Lachflash ("The Talking Hot Pants Blues") auf Robert Crumb-Basis. In diesem Jahr hab' ich jedenfalls noch keine geilere Scheibe gehört...
Line-up:
Jeff Smith (vocals)
Tom 'Tony' Trusnovic (guitars)
Davy Jones (guitars, vocals)
Rice Moorehead (bass, vocals)
Lance 'Slowpoke' Farley (drums, gong)
Additional Musician:
Scott Lutz (pedal steel, keyboards)
Tracklist |
01:Fruit Fly (3:40)
02:TJ (4:59)
03:You Knee'd Me (5:04)
04:If Drinkin' Don't Kill Me, Kill Me (3:49)
05:Cool Arrow (3:46)
06:Stop It, You're Killing Me (6:54)
07:The Working Man's Friend (5:18)
08:The Talking Hot Pants Blues (3:25)
09:Side By Side Doublewides (3:14)
10:Mo'Hair (5:08)
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