Liebe, Drama, Wahnsinn - das sind die Zutaten, aus denen der Wahlberner Stefan Greminger sein Werk "Big White Ghost" gestrickt hat. Aber spricht da wirklich sein wahres Ich aus ihm? Oder erzählt uns sein Hund Bingo jene melancholische Geschichte? Genauer gesagt, die Story des Mannes, der, von allen guten Geistern, aber auch von der Frau des Vorabends verlassen, durch die Songs jammert? Egal - dieses Konzeptalbum ist der musikalisch verkörperte Dackelblick eines vorgeblichen Losers. Betonung aber auf 'vorgeblich' - denn der unerwartet einsam gewordene Kerl nimmt die Situation mit jeder Menge Galgenhumor und einer großen Prise Augenzwinkern. Dabei philosophiert er über das Leben und die Liebe, dass es eine wahre Freude ist.
Die Herzdame ist weg - aber wenn er in einer Parallelwelt lebte, wäre sie sein "Parallel Girl". Solche verschmitzten Textideen bringen den Hörer immer wieder zum Schmunzeln. Das ist allerdings auch ein wenig die Crux dieses Albums. Die Lyrics sind durchwegs in Englisch gesungen, aber leider im Booklet nicht abgedruckt oder gar übersetzt. Schade - denn es lohnt sich wirklich, in die Texte Gremingers einzutauchen.
Gesanglich war die Entscheidung für die englische Sprache durchaus folgerichtig: Greminger hat eine fantastische Artikulation, die sich so homogen in den Soundtrack aus Country und Folk einfügt, dass man die Scheibe für ein echtes Americana-Meisterwerk halten könnte.
Und 'Meisterwerk' ist vollkommen ernst gemeint - "Big White Ghost" ist mit seiner durchgängigen Stimmung und der romantischen Melancholie am ehesten vergleichbar mit den legendären "Trinity Sessions" der Cowboy Junkies oder Johnny Cashs "American Recordings Vol. 1". Was die Songs des Schweizers von diesen Meilensteinen abhebt, ist die Selbstironie und der schalkhafte Charme, der textlich und musikalisch spürbar wird.
Die Instrumentierung und die Arrangements zeigen eindrücklich, dass weniger oft mehr sein kann. Eine akustische Gitarre, zurückhaltende Licks von ihrer elektrischen Schwester, dazu Bass und hier und da etwas Percussion. That's it, und das ist in diesem Falle mehr als genug. Gremingers Gesang atmet trauriges Cowboy-Timbre, kongenial ergänzt von Nadja Stoller, deren zweite Stimme Akzente zu setzen weiß.
Zudem beweist "Big White Ghost", dass sich Emotionalität und Selbstironie beileibe nicht ausschließen müssen. Leise Töne fürs Gemüt - aber definitiv keine falschen Sentimentalitäten. Vielmehr gehen da Gänsehaut und Grinsen eine glückliche Liaison ein… und damit nimmt die tragische Story ja doch noch ein höchst positives Ende.
Line-up:
Stephan Greminger (Gesang, Gitarre)
Oli Hartung (E-Gitarre, Banjo)
Nadja Stoller (Gesang, Glockenspiel)
Hans Ermel (A-Bass)
Jüre Schmidhauser (A-Bass, E-Bass)
Oli Kuster (Keys, Flügelhorn, Harmonium)
Samuel Baur (Schlagzeug)
Special Guests:
Henk Hofstede (Gesang, Sound)
Pim Kops (Hammond Orgel)
Tracklist |
01:Broken Horse
02:You're My Moon
03:Parallel Girl
04:Big White Ghost
05:It'll Be Easier, They Say
06:Bitter Love
07:Room 105
08:Love Is Love
09:This Will Last
10:Had To Go
|
|
Externe Links:
|