Chicago Blues - das assoziiert man häufig eher mit der Zeit des Aufbruchs in die großen Städte. Hier war der Hauptstrom hinsichtlich dessen, was sich an Ereignissen teilweise überstürzte, in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Dennoch blieben die etwas weniger beachteten Sechziger, was die Veröffentlichung von Platten betraf, nicht ohne Höhepunkte. Das Manko der Fünfziger war sicher, dass die LP ihren Siegeszug noch nicht angetreten hatte und somit all die starken Scheiben seinerzeit nur auf Singles erschienen und erst später auf Compilations.
Das Zeitalter der Langspielplatte war in den Sechzigern also gerade erst angebrochen und jene Musiker, die in den Fünfzigern noch federführend und tonangebend waren (
Muddy Waters,
Howlin' Wolf,
B.B. King und
Elmore James seien hier beispielhaft genannt), hatten in den Sechzigern bereits zu kämpfen und spürten das härter werdende Geschäft mit den LPs. Doch brachte dieses Jahrzehnt so manchen Klassiker hervor. Dazu zählt auch diese Platte von
James A. Williamson aka
Homesick James.
James? Weiter oben wurde gerade
Elmore James genannt, und genau: Die beiden waren Cousins.
Homesick spielte - wie sein Verwandter - ebenfalls vornehmlich Slidegitarre, konnte aber auch mit dem sogenannten Single Note-Spiel überzeugen.
Angetrieben von stetem und druckvollen, aber stets swingend-federnden Rhythmus (so etwas gibt es heute kaum noch) von
Clifton James, ruft
Homesick James mit schneidender Stimme seine Botschaft heraus. Dazu ertönt diese herrlich metallisch klingende Slidegitarre, unterstützt von
Eddie Taylor - eigentlich Gitarrist - am Bass. Überhaupt ist dies eine ganz hervorragende Band! Klar, die langen Jahre bei
Elmore waren prägend, aber, wenngleich der Gitarrenstil verwandt ist, so ist die Musik anders. Einerseits ursprünglicher in der Ausprägung, andererseits wohl auch einen Tick moderner, denn der Delta Blues als Einfluss lässt sich nicht verleugnen. So trägt
Homesick den
Robert Johnson-Klassiker "Stones In My Passway" in einer modernen Interpretation der Sechziger vor.
So oder so, was bleibt, ist der rechte
»Blues with a feeling«! Denn das Blues-Feeling quillt mit jedem Ton aus den Boxen und direkt in Mark und Bein!
Wenn jemand beabsichtigt, sich eine Basis-Diskothek des Blues zusammen zu stellen, möge er unbedingt zu dieser Platte greifen, denn da weiß man, was man hat!