Human Zoo / Precious Time
Precious Time
Es gibt Hard Rock-Scheiben und Hard Rock-Scheiben...
Es gibt so 'ne und solche.
Es gibt Scheiben, die werden ihrem Ruf voll gerecht und es gibt welche, die eher die Wirkung einer hochkarätigen Schlaftablette haben.
"Precious Time", das Debüt von Human Zoo übrigens, ist eine Hard Rock-Scheibe.
Und es ist nicht so 'ne.
Und das Teil ist schon gleich gar nicht in die Kategorie 'Schlaftablette' einzuordnen, dazu ist es einfach viel zu knackig.
Das hat bestimmt nichts damit zu tun, dass hier neben der üblichen Besetzung Drums (Tommy Strobel), Vocals (Thomas Seeburger), Gitarre (Ingolf Engler) und Keyboards (Zarko Mestrovic) auch hingebungsvoll aus voller Lunge 'getrötet' wird (Boris Matakovic steuert Saxophon-Einlagen bei). Letzterer vervollständigte übrigens, gemeinsam mit Tieftöner Markus Ratheiser, im Herbst 2005 die Band.
Musikalisch beeinflusst wird Human Zoo von Pink Cream 69, Gotthard und Whitesnake, was bei einigen Stücken stellenweise sehr deutlich zu Tage tritt, wie zum Beispiel bei dem knalligen Opener "Raise Your Hands", der mit einem klasse Mitgrölrefrain ausgestattet ist, oder auch das folgende "Taste Like Sugar", das mich nicht nur stimmlich verdammt an Gotthard erinnert und ordentlich den Schmalz aus den Ohren pustet. Ach waren das einst Zeiten, als die Schweizer noch ordentlich losfetzten!
Die Texte sind zwar ohne jeglichen Tiefgang, handeln von den üblichen Herz-Schmerz-Beziehungskistenproblemen sowie alltäglichem Kleinkram. Dazu meint Thommy Strobel: "Die Texte müssen zur Musik gut passen - ohne große Botschaften" - Auszug: "So Babe cool on down, you're gonna cry for sugar.... ". Nun ja..., aber wer achtet schon auf die Texte, wenn die Melodie stimmt?
Die Jungs haben sich schon was einfallen lassen, um auf sich aufmerksam zu machen: So ersetzen Saxofon-Einlagen ab und zu die Gitarrensoli, wie in "Keep On Rocking" oder auch bei der wunderschönen Ballade "In The Rain", bei der sogar der Balinger Gospelchor Voices, Hearts & Souls zu Gast war, um den Song stimmgewaltig zu unterstützen.
"Was hat ein Saxophon in einer Hard Rock-Band zu suchen" wird sich sicherlich so mancher fragen. Klar, das Instrument ist schon ungewöhnlich für diese Stilrichtung - aber glaubt mir, es passt wirklich und gibt den Stücken sozusagen den letzten Feinschliff, lässt sie einfach voller wirken.
Die Songs sind melodiös und kraftvoll und verbreiten stets gute Laune, ob sie nun eher im Midtempobereich ("Let Me Be", "Give It Up") angesiedelt sind oder straight abrocken, wie das pfiffige "Crowd`s On Fire".
Zum Abschluss gibt es noch zwei Spitzen-Live-Versionen: Bei "Straight On The Road" zeigen die Balinger, dass sie auch on stage eine toller Nummer sind und mit "In The Rain" geht es sogar mal akustisch zur Sache.
Wie gesagt, das Album macht Spaß und es lag bei mir nicht nur einmal im Player. Auf jeden Fall eine empfehlenswerte Alternative für alle verprellten Gotthard-Fans, die dieser Band den Rücken kehrten (so wie ich), als sie mehr und mehr in die Schmuse-Ecke abdrifteten.
Produziert wurde das Scheibchen übrigens von Dennis Ward (Pink Cream 69) in den 'House Of Audio Studios'.


Spielzeit: 52:09, Medium: CD, Bob Media, 2006
1:Cosmopolitan Scene Part I (00:59) 2:Raise Your Hands (04:16) 3:Taste Like Sugar (04:34) 4:Hold The Line (05:08) 5:In The Rain (05:18) 6:Let Me Be (05:28) 7:To The Limit (04:24) 8:NY Subchord (00:33) 9:Keep On Rockin (03:58) 10:Give It Up (04:28) 11:Crowd`s On Fire (04:53) 12:Straight On The Road (Live) (03:59) 13:In The Rain (Acoustic Version) (03:52)
Ilka Czernohorsky, 05.05.2006