Klaus Heidenreich Quartett / Man On Wire
Man On Wire Spielzeit: 41:47
Medium: CD
Label: Unit Records, 2013
Stil: Jazz

Review vom 24.07.2013


Wolfgang Giese
In der Sparte 'Posaunisten' gibt es im Jazz mittlerweile viele bekannte Namen und so viele unterschiedliche Stilarten, die diese repräsentieren bzw. repräsentierten. Gleich zu Beginn des ersten Stücks und dem Einsatz der Posaune, erinnert mich Heidenreich spontan an den schwedischen Kollegen Eje Thelin. Auch die Musik spiegelt insgesamt in etwa das wieder, was ich von diesem und seiner damaligen Band kennenlernte. Sie ist insofern in jener Zeit angesiedelt, als sich Jazz und Rock zu verschiedenen Stilen zusammenschlossen und miteinander wetteiferten. Als viele Jazzmusiker nicht mehr den 'reinen' Jazz spielten, sondern hinsichtlich des Rhythmus auch weniger Swingendes zuließen.
Hier ist es unterschiedlich - so swingt "Rise" in traditionellem Gewande, während sich "Abseits" schon wieder dort ansiedelt, wo man in den Siebzigern Musiker aus dem Umkreis von ECM antreffen konnte, die einen ganz speziellen Sound schufen. Bei diesem Stück wird dies mit frühen Fusionversuchen von Miles Davis gepaart, sicher auch durch den Einsatz des elektrischen Pianos prägnant. Doch die klassische Fusion und Jazz Rock finden wir hier nicht.
Der junge Posaunist aus Hannover, neunundzwanzig Jahre alt, legt seine zweite CD in Quartettbesetzung vor und bietet eine interessante Mischung aus Tradition und Moderne. Diese wird auf frische und nicht steife, akademische Weise dargeboten, denn die Musik atmet und lebt. Sie klingt spontan und mit Freude gespielt. Und genau das äußert sich auch in der recht gleichberechtigten Beteiligung aller Musiker, die auf ihre Weise das Gesamtbild durch ihren jeweilig engagierten Einsatz komplettieren. Sehr stark schält sich hier die wichtige Rolle des Bassisten heraus, der neben einigen Soloeinsätzen vorwiegend damit beschäftigt ist, als Bindeglied perfekt zu wirken.
Zwei Standards aus dem großen Songbook der Jazzgeschichte fügen sich sehr gut ein. Die lange Einleitung mit der Posaune bei "Come Sunday" führt über in eine wunderschön schleichende Ballade und "Chelsea Bridge" kommt ganz ohne Schlagzeug und Bass aus. Die schöne Melodie des Titels wird liedhaft herausgestellt und gibt Raum für den sehr gefühlvoll agierenden Pianisten
Sebastian Sternal.
Heidenreich selbst stellt sich mit dieser Platte nicht als Forscher und Neuerer auf seinem Instrument oder mit seiner Musik vor. Vielmehr nutzt er das vielfältige Spektrum des Jazz und formt damit für sich und seine Mitstreiter eine eigenständige Klanglandschaft, die sehr zu gefallen weiß. Auf diese moderne Art vorgetragen, bleibt dem Jazz sicher noch eine lebendige Zukunft!
Line-up:
Klaus Heidenreich (trombone)
Sebastian Sternal (piano, Rhodes)
Robert Landfermann (bass)
Jonas Burgwinkl (drums)
Tracklist
01:Unentschieden (3:43)
02:Rise (3:43)
03:The Carnivore (5:30)
04:Kennysh (6:58)
05:Abseits (5:26)
06:Come Sunday (5:05)
07:Man On Wire (4:12)
08:Minor Blues (2:25)
09:Chelsea Bridge (4:42)
(all compositions by Klaus Heidenreich,
except #6 by Duke Ellington, #9 by Billy Strayhorn)
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