Nach dem ersten Abhören dieser Platte hab ich zunächst mal ungläubig vor mich hingestiert. Was war das denn? Allen Freunden von Americana/Alt. Country/Folk bzw. der Schnittmenge daraus kann ich zurufen: Die CD ist ein SUCHTMITTEL, das nicht mal schleichend wirkt, sondern direkt nach der Einnahme. Hypnotische, selbstgeschriebene Songkleinode von einem 25-jährigen, unbeschriebenen Blatt.
Nathan Holscher stammt aus Cincinnati, Ohio und hat mit seinem Team bestehend aus Josh Seurkamp (drums), Joe Bolinger (banjo), Ric Hordinski (bass, guitar), Tasha Golden (vocals) und Kenny Holycross (pedal steel) eine Musik erschaffen, die sich unmittelbar im Kopf festsetzt und die man immer wieder konsumieren will, die dabei immer weitere kleine Details offenbart.
Zuerst mal ist Holschers Stimme bemerkenswert, die klingt so abgebrüht wie man es nie und nimmer mit einem jungen Mann seines Alters in Verbindung bringen würde. Welch großartige Fähigkeit, mit kleinsten Stimmalternierungen auch noch die tiefsten Emotionen vorzutragen. Und dann sind da diese Songs...
... die den Zuhörer mit ihrer umwerfenden Schlichtheit geradezu anspringen. Stromgitarren gibt es keine und die wären hier auch auch nur Fehl am Platz! Schon nach den ersten Tönen vom locker beschwingten "My Sweet" sind eventuell vorhandene grauen Wolken am Gefühlshimmel verzogen. Das nur als schön zu bezeichnende "Locust" - sehr sparsam instrumentiert - kann bei Menschen, die sich selbst Emotionen zugestehen, ganz leicht für Gänsehaut sorgen. Überhaupt lässt sich hinter manchen Stücken mit ihrer teilweise tiefen Traurigkeit (z.B. beim Titelsong und noch mehr beim hinreißenden "Stars") trotzdem Hoffnung erkennen, und genau das können nur wenige Interpreten so selbstverständlich rüberbringen.
Bei "Hard, High And Blue" und auch "Pretty Words" fließt der Strom aus Tönen schneller und das geht runter wie kaltgepresstes Bio-Olivenöl. Der Einsatz von Pedal Steel und Banjo wirkt auf dieser Platte zu keinem Zeitpunkt süßlich; sie sind einfach die perfekt song- und stilsicher aufgebrachten Sahnehäubchen.
Langsam verschleppter, manchmal seltsam vertrackter Rhythmus, auf den Punkt gebrachte Drumeinlagen, ein Bass der wirklich jedem Song ohne Übertreibungen das angedeihen lässt, was er auch sollte, dazu Holschers so locker aus dem Handgelenk geschüttelten, ungekünstelten und gleichzeitig anspruchsvollen Gitarrenklänge - all das beschert uns ein Album ohne einen einzigen Schwachpunkt.
Allerdings ist die CD mit nur 35 Min. Spielzeit zu kurz, hat aber durchaus eine Parallele zu einer klassischen Symphonie... man muss die Platte komplett hören und dann macht das Ganze viel mehr Sinn als Einzelteile daraus! Ganz großes, dabei gekonnt schlichtes Musikkino! Einen Vergleich zu anderen Interpreten erspar ich mir, denn keiner der üblichern Verdächtigen hat ein mir bekanntes, so in sich geschlossenes Album je vorgelegt. Die späten "American Recordings" von Johnny Cash mal ausgenommen. Wenn DAS kein Vergleich ist...
Die CD klingt sehr durchsichtig und der Mix gelang einfach optimal. Schmunzelnd stellt man fest, dass das Design der Scheibe einer LP nachempfunden wurde. Selbst "Rillen" werden auf der Labelseite im schwarzen Polycarbonat angedeutet. Recht lustig, auf alle Fälle jedoch Liebe zum Detail. Ansonsten gibt es im Digipack neben der Besetzungsliste keine Infos bzw. nur das übliche Aufzählen von irgendwelchen Namen unter der Rubrik 'Thank you'.
Aber das ist alles Beiwerk, was zählt ist die musikalische Leistung, die hervorragende 9 von 10 Rocktimes-Uhren wert ist, ohne wenn und aber. Die Höchstpunktzahl scheitert nur an der geringen Spielzeit. Hier waren echte Könner am Werk, bitte mehr von dieser Droge!
Tracklist |
01:My Sweet
02:Locust
03:Even The Hills
04:Hard, High And Blue
05:That Was Telluride
06:Stars
07:Pretty Words
08:Maria
09:Too Many Roads
10:Back To New Mexico
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