Gibt es einen musikalischen Nachlassverwalter, der den 1970 verstorbenen Genius der ultimativen Feedbackorgien und des exzessiven Lebensstils würdig vertreten kann oder darf?
Die Antwort muss lauten: Selbstverständlich, denn nur auf diese Weise bleibt sein Lebenswerk
auch für die nachfolgenden Generationen lebendig und erfährt die gebührende Achtung.
Aus naheliegenden Gründen kann es davon nicht viele geben, denn die musikalische und kompositorische Kompetenz eines
Jimi Hendrix hängt die Messlatte für die meisten in unerreichbare Höhe.
Mit Detailtreue, die auch das Outfit der siebziger Jahre einbezieht, lässt er die Stratocaster bei "Fire" förmlich explodieren. Feedback-Entladungen machen den Griffbrettartisten zur Reinkarnation des im Rockhimmel weilenden Gitarrenhexers. Die Finger malträtieren den Gitarrenhals und bilden Töne in blitzartiger Geschwindigkeit. Die Klänge zerplatzen, formen sich und werden sofort von einer Feedback-Walze überrollt. Eruptiv, was der Gitarrero aus seinem Instrument holt. Das gesamte Klangpotenzial wird entfesselt dargeboten. Die sanftere Seite kommt bei "The Wind Cries Mary" zum Vorschein. Fast zärtlich werden die Saiten gefühlvoll gestreichelt und sanft erinnert die Stimme an einen der größten Musiker der Rockhistorie.
Der Sechs-Saiten-Zauberer zeichnet sich nicht nur darin aus, dass
Hendrix Songs möglichst identisch wiedergegeben werden, sondern vielmehr in der experimentierfreudigen und einzigartigen Spieltechnik, die auch Fremdkompositionen wie z.B. "Hush" komplett neu erfindet und in verzerrter Version abliefert. Stakkatoartig kommen die Gitarrensoli aus den Verstärkern.
Wie das Original, werden die Saiten mit den Zähnen bearbeitet und in allen erdenklichen Lagen gespielt. Es gibt heute nicht viele Gitarristen die es fertig bringen, ein derartig artistisches Programm abzuspulen.
Randy Hansen kann es. Ständig in Bewegung, verwächst die Gitarre mit der dürren Gestalt des
Hendrix-Emulators. Die Strat singt, weint, kreischt und schwingt in allen Tonarten und bringt Klangeffekte von einzigartiger Schönheit zum Vorschein. "Bolero" von
Ravel wird in atemberaubender Improvisation, beinahe schwebend und phantasiereich, neu erfunden.
Frenetischer Applaus füllt die nur sekundenlangen Pausen zwischen den einzelnen Stücken. Natürlich darf der Lauf durch das Publikum nicht fehlen, den er mit einem Salto rückwärts, auf die Bühne wieder beendet. Humorig die Zwischeneinlage "You Can't Get What You Want In Alice's Restaurant" von
Arlo Guthrie, die perfekt in das Stimmungsbild passt. "All Along The Watchtower" und "Like A Rolling Stone" werden mit Wah Wah-Effekten und Rückkopplungen beinahe barbarisch in die Neuzeit katapultiert. "Foxy Lady" , "Red House" und "Voodoo Chile" kommen mit atemberaubenden Showeinlagen. Die Fender wird auf dem Rücken gespielt, die Töne zermalmt und wieder neu geboren. Shredderpassagen folgen auf Vibrato-Orgien, der Virtuose zieht alle Register seines überragenden Könnens.
Seine Mitmusiker, ebenfalls aus angesagten Spitzenleuten der internationalen Musikszene bestehend, wie
Manni v. Bohr an den Drums (Ex-
Birth Control) und
Ufo Walter, dem langjährigen Bassisten von
Marla Glen, arbeiten im Gleichtakt mit ihrem Tonangeber, wie entfesselt an ihren Instrumenten. Aber was wäre ein
Hansen-Konzert, ohne das in der ersten Zugabe kreischend mit dem Tremolo dargebotene "Star Spangled Banner"? Gefolgt von dem unnachahmlichen "Purple Haze", gleichsam eine Feedback-Studie, wie sie in dieser Form nur Ausnahmegitarristen intonieren können. Nach lang anhaltendem Applaus beendete
Randy Hansen mit dem wohl bekanntesten Hit der Hendrix-Ära, "Hey Joe", in einer perfekten Klangqualität, eines der Konzerte, von dem man noch lange sprechen wird. Das restlos begeisterte Publikum jubelte zu Recht einem der seltenen Talente zu, der das Kunststück fertig brachte, Vergangenheit und Gegenwart in atemberaubender Intensität miteinander zu verschmelzen.