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Samstag Abend - Deutschland einig DSDS-Land? Nein, denn glücklicherweise gibt es noch Leute mit einem etwas anderen Musikgeschmack als
Bohlens Familienkost und die sich sogar die Mühe machen, die heimische Couch zu verlassen, um Musik dort zu erleben, wo sie hingehört: Auf einer Bühne. Da macht es dann Hoffnung, wenn der gemütliche Saal Birgit ausverkauft ist. War aber auch zu erwarten, denn wenn schon mit
Randy Hansen die
Jimi Hendrix-Blaupause unserer Zeit kommt, lässt sich das Volk nicht lang bitten. Über die Musik von
Jimi Hendrix braucht man an dieser Stelle keine Worte mehr zu verlieren. Sein Können und sein Einfluss auf die nach folgenden Musikgenerationen sind ohne Zweifel enorm wichtig und er hat sicherlich Tausende von Gitarristen inspiriert. Doch sein Kultstatus ist auch über 40 Jahre nach seinem Tod ungebrochen und aus allen Ecken des südlichen Niederrheins zog es das Publikum nach Viersen. Sogar aus den benachbarten Niederlanden waren Fans vor Ort. Überhaupt war das Publikum sehr bunt gemischt, wobei vor allem zwei Generationen vertreten waren. Da wären zum einen die Musikfreunde Ü45, aus denen ca. ¾ des Publikums bestand. ¼ waren dann aber überraschenderweise junge Leute von ca. 17-25 Jahren mit Batikshirt und Schlaghosen, die extrem textsicher in den ersten Reihen die Band abfeierten. Das zeigt ebenfalls die immer noch anhaltende Faszination dieses Künstlers. Nur meine Generation (Jahrgang 1972) war fast nicht vorhanden, aber einer muss ja DSDS gucken. ;-) Das war mal wieder so ein Punkt, wo mir klar wurde, dass ich wohl die Hochzeit des Rock'n'Roll definitiv verpasst habe. Aber zurück zum Konzert und zu einem tollen Abend.
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Um 21.00 Uhr betraten dann die drei Protagonisten die Bühne des Saals. Zunächst die deutsche Schlagzeuglegende
Manni van Bohr (u.a. lange bei
Birth Control tätig) und anschließend
Uwe 'Ufo' Walter, der unter den Bassisten ebenfalls einen Namen hat und auch als Ausnahmekünstler auf seinem Instrument gilt. Zuletzt natürlich kam dann auch der Meister himself ins Licht und mit "Stone Free" begann die Show dann auch mal sofort richtig klasse. Hier passte einfach alles und jeder noch so musikalische Laie merkte nach ein paar Takten schon, dass hier nicht nur ein, sondern drei Ausnahmekünstler auf der Bühne musizierten.
Manni van Bohr ist mit seinen mittlerweile schon 60 Jahren immer noch ein Garant für absolut präzisen und druckvollen Drumsound und macht so manchem Jungspund locker noch etwas vor. Auch das genial präzise Bassspiel von
Ufo Walter passte hervorragend in das Trio. Absoluter Hingucker und Showman war natürlich
Randy Hansen. Musikalisch sowieso, aber auch optisch glich der dem guten
Jimi mittlerweile schon extrem und mit stylischem Retro-Outfit (als wäre Woodstock erst letzte Woche gewesen) fegte er über die Bühne. Der Mann aus Seattle ist einfach 100 % Rock'n'Roll und für die besagte junge Generation gab es dann Nachhilfe mit der kompletten Palette des Gitarrenposens, wie die Windmühle, Gitarre auf dem Rücken spielen und natürlich das bekannte 'Meine Zunge ist ein Plektron'. So etwas ist Rock-Entertainment in Vollendendung und das Volk tobte zu Recht.
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Musikalisch gab es eine gelungene Mischung aus den Hits wie "Hey Joe", "Foxy Lady" oder einer genialen Version von "All Along The Watchtower". Die Kenner und eingeschworenen
Hendrix-Fans freuten sich dann vor allem über das etwas unbekanntere Material wie "Freedom", "I Don't Live Today" oder "In Your Eyes". Highlight war in meinen Augen die wahnsinnige Version von "Are You Experienced", inkl. Zitaten von "Dear Prudence" der
Beatles und sogar dem "Bolero" von
Maurice Ravel. Als wäre das noch nicht genug, spazierte
Hansen bei diesem Lied wild posend durch das Publikum. Das reguläre Set wurde dann nach 90 Minuten durch eine ebenfalls grandiose Version des Klassikers "Voodoo Chile" beendet. Wow! Natürlich ließ man sich anschließend nicht lange bitten und mit einem Medley aus dem berühmten "Star Spangled Banner" und der deutschen Nationalhymne legt man nochmals stimmungsmäßig einen drauf. Leider war nach dem unumgänglichen Klassiker "Purple Haze" nach 100 Minuten dann aber endgültig Schluss. Keine zehn Minuten später stand das Trio aber schon wieder am Merchandise-Stand und alle drei erwiesen sich als sehr nette Zeitgenossen.
Randy ließ sich geduldig fotografieren und plauderte munter noch mit allen Gästen. Sehr sympathisch.
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Viersen hat einen musikalisch absolut hochwertigen Abend erlebt und hier stimmte einfach die Mischung aus Können und Entertainment bzw. toller Musik und guter Unterhaltung. Was will man mehr? Nichts, und mit dieser Gewissheit machte ich mich dann kurz vor Mitternacht zufrieden auf den Heimweg.