Als jemand, der Rich Hopkins mit seinen verschiedenen Bands immer bewundert hat, kommt mir hier beim ersten Anhören der Gedanke: »Der alte Wolf hat Kreide gefressen« und dabei kann ich ein vergnügtes Grinsen nur mühsam unterdrücken.
Normalerweise ist mir das Privatleben eines Künstlers reichlich egal, aber hier muss man - wie es wohl alle Rezensenten tun (werden) - einfach auf Richs neuen Lebensabschnitt eingehen. Und das aus zweierlei Gründen: Zum einen, weil seine neue Liebe Lisa Novak einen sehr starken, oder fast umfassenden musikalischen Einfluß auf die Platte hat und zum anderen, weil sie selbst eine gestandene Songwriterin und Interpretin ist, deren Intonation zum Teil an Lucinda Williams erinnert.
Lisa Novaks vierte Platte, "Too Shallow To Swim" (aus 2006), ist ein funkelnder Edelstein im Americana-Genre mit eingängigen Songs und die musikalische Kollaboration mit Rich Hopkins verleiht ihrem Sound das Quentchen Härte in den elektrischen Gitarren, das dann eine Spitzenproduktion ausmacht. Auch wenn man die Songs hier auf "Loveland" gemeinsam geschrieben hat (?), rudert auf dieser CD Rich Hopkins viel mehr rückwärts als Lisa Novak vorwärts. Im Gegensatz zu vielen Kollegen bin ich nämlich dezidiert der Meinung, dass diese Musik mehr eine Novak- als eine Hopkins-Platte ist.
Rein textlich ist es sicher ein Werk innerer Verbundenheit, sie singen voneinander, von ihrer Liebe zueinander und das hat dann doch den tröstlichen Unterton, auch weit jenseits der 40 noch seinen Traumpartner finden zu können. Die beiden agieren auf dieser CD nicht nur als (Liebes-)Paar, sondern darüber hinaus auch als Bruder und Schwester im Geiste, was ja bekanntlich eine eigene und auch seltene Qualität innehat.
Musikalisch haben die meisten - oder besser eigentlich alle - Songs so viele catchy Hooks, dass man die Platte gerne komplett durchhört und sie dabei bei jedem Durchgang gewinnt; nach öfterem Hören realisiert man dann auch mehr die rockige Seite. Die 'Boys in the Band' sind alles alte Haudegen des von Rich Hopkins kreiertem Wüstenrock und ehemalige bzw. aktive Mitstreiter seiner oder befreundeter Bands. Hier stimmt die Chemie in jedem Ton, die Beteiligten können sich kognitiv auf den gewünschten Sound einstellen.
"Somekindagirl" eröffnet den Songreigen und Rich Hopkins bezeichnet den Titel im Booklet als Power Pop - mein lieber Rich, da hat ausser Dir der Rest der Welt 'ne andere Ansicht: Das ist ein anmachender Roots-Knaller! "Heartbreak Police" beginnt so Lisa-typisch wie Rich-untypisch - sein recht später Vokaleinsatz ist seiner Partnerin in allen Belangen unterlegen (aber er war ja nie der große Sänger...) - seine jaulende Gitarre lässt ihn allerdings jederzeit als den erkennen, der er ist: Rich Hopkins!
Und genau so geht es weiter, immer wieder diese tollen Gitarren als Sahnehäubchen über den gefühlvollen und gleichzeitig treibenden Sounds. Obwohl Rich hier scheinbar an einer imaginären Kette liegt, keine braven Bürger mehr mit kompromisslosen Klängen erschreckt, aber dennoch seinen trockenen Stempel aufdrückt - er ordnet sich dem großem Ganzen unter und das ist auf einem Kollektivwerk wie diesem auch gut so.
Mit dem vorliegenden Konzept könnte sich ein größerer und sicherlich auch verdienter Erfolg einstellen und das wäre für zeitgenössische Rockmusik allgemein mehr als wünschenswert. Denn Hand aufs Herz: Rich Hopkins hat zwar in Deutschland eine starke Fanbasis, ist jedoch in den USA nur eher im Südwesten überregional bekannt, während sich Lisa Novaks Bekanntheit lokal auf Houston, Texas, beschränkt, wo sie allerdings zu recht sehr geschätzt wird. Diese tolle Platte könnte es für beide zum Besseren wenden.
Der Klang der CD ist sehr satt und gleichzeitig äußerst durchhörbar, die Produktion inklusive des Mixes ist auf der Höhe der Zeit. Ein dickes Booklet ist Teil der Ausstattung des Digipacks, alle Songtexte und kurze Vorstellung der Songs sind enthalten (bis auf "What Am I Supposed To Do?", dessen Text er als Co-Autor zwar selbst geschrieben hat, der jedoch durch ein Copyright geschützt ist. Sachen gibt's ... unglaublich).
Beim Coverbild musste ich erst mal nachsehen, ob die beiden nicht eine Fotografie von mir verwendet haben (grins) - denn ich hab ein paar verblüffend ähnliche, die ich im Jahr 2000 dort in den Santa Catalina Mountains rund um Tucson, Arizona, gemacht hab. »Aber hey, Lisa und Rich, Entwarnung... ist nicht meins.«
Man kann eigentlich nur hoffen, dass sich diese beiden weiterhin so scheinbar blind verstehen und/oder ihre musikalische Zusammenarbeit beibehalten werden. Sie könnten ein weiteres Traumpaar wie Buddy & Julie Miller werden. Auf der anderen Seite hoffen Richs Fans aber auch, dass er trotzdem mal wieder die kreischende elektrische Gitarren-Axt schwingt.
Auf alle Fälle ist "Loveland" für Liebhaber dieses Genres nichts weniger als ein ganz dicker Tipp inklusive Kaufempfehlung!
Tracklist |
01:Somekindagirl
02:Heartbreak Police
03:Angel In Boots
04:Human After All
05:Lucky Guy
06:... The Gospel Song
07:Longshot
08:What Am I Supposed To Do?
09:Fallin'
10:I'll Cry Later
11:Matthew Sweet
12:Lovely Heart
13:No Words For Love
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