Und es war Sommer, oder?
Sommer 2011. Na ja, kalendarisch zumindest schon, aber die Tatsachen an diesem Samstag Abend in Heinsberg zeigten alles andere als Sommer. Noch nicht einmal 20 Grad und Dauerregen, der nur in seiner Intensität etwas variierte, machten den Konzertfreunden beim ehemaligen Supertramp-Musiker schon erheblich zu schaffen. Dabei waren die sonstigen Voraussetzungen sehr gut, denn die opulente Bühne auf dem Marktplatz der Stadt im äußersten Westen unseres Landes versprach ein gutes Konzert. Aber ich fange am besten vorne an.
Heinsberg und die Stars
Im Schatten des großen Aachen hat es die Stadt Heinsberg nicht leicht mit interessanten kulturellen Angeboten für ihre Bürger und Besucher, doch mindestens einmal im Jahr kommt das gesamte Umland (inkl. dem benachbarten Holland) auf den Marktplatz, wo sich deutschlandweit bekannte Künstler für einige Tage ein Stelldichein geben. Freitag zuvor hatte noch der bekannte belgischen Singer/Songwriter Milow auf der Bühne gestanden, während am folgenden Sonntag die Deutschrocker von Revolverheld dort auftraten. An diesem völlig verregneten Samstag aber gab es etwas für das gesetztere Publikum und mit dem Gründer, Sänger und Songwriter der legendären Supertramp hatte man ein tolles As aus dem Ärmel gezaubert. Die Vorfreude und die Erwartungen waren nicht nur meinerseits enorm.
Platz für den Nachwuchs
Da es bereits am frühen Abend ohne Ende regnete und Besserung absolut nicht in Sicht war, bekam jeder Besucher am Eingang schon mal einen Regenponcho aus Plastik überreicht, der mit dem Slogan 'Heinsberg lässt sie nicht im Regen stehen' bedruckt war. Gute Idee und Umsetzung, die leider auch benötigt wurde. Gegen 19.15 Uhr gab es mit Fräuleinwunder knapp 30 Minuten neuere und ältere Soulklassiker von drei Mädels plus Band der lokalen Musikschule. Nicht nur ich war über die Professionalität überrascht und mit Songs wie "Free Your Mind" von En Vogue oder alten Hits der Sorte "Son Of A Preacherman" von Dusty Springfield, heizte die Truppe schon mal gut an und mit einen herzlichen Applaus wurden die größtenteils noch sehr jungen Musiker verabschiedet.
It's Raining Again
Nach einer etwas längeren Umbaupause ging es um 20.30 Uhr endlich mit dem vom Publikum sehnlichst erwarteten Headliner los, der nach der Ansage des Veranstalters entspannt und bestens aufgelegt die Bühne betrat. Direkt zur Eröffnung mit den beiden Klassikern "Take The Long Way Home" und "School" startete die Show schon sensationell. Roger plauderte zwischen einigen Songs immer wieder gerne, erzählte ein paar Anekdoten, schien sich wirklich wohl zu fühlen und machte Witze über das Outfit des Publikums, das wie gesagt komplett in Regenponchos verhüllt war (siehe Bild). Kommentar Roger: »Mistwetter heute, aber ihr seid ja bestens vorbereitet. Ach ja, "It's Raining Again" spielen wir heute auch«.
Alles Roger
Auf der Bühne merkt man ihm seine 61 Jahre absolut nicht an und während andere Künstler im reiferen Alter hohe Töne oder schwierige Passagen meiden, bringt Hodgson alles im Original und trifft auch 2011 locker alle Töne. Diese Leichtigkeit trägt sich durch die ganze Show und so kommen auch Solo-Lieder, die dem Großteil der Zuschauer unbekannt sind, bestens an, wie z. B. die Reggae-Nummer "London" oder das ruhige " Lovers In The Wind". Auch für die treuen Supertramp-Fans gibt es ein paar Schmankerl wie das wunderbare "Sister Moonshine" (meiner Meinung nach eines seiner absoluten Glanzleistungen als Songwriter) oder "Child Of Vision". Sogar eine seltene Coverversion hat man im Repertoire, denn als die Band im März in Liverpool auftrat, wollte Hodgson unbedingt seine Liebe zu den Beatles zeigen, und so gab man dann auch in Heinsberg "Across The Universe" zum Besten. Leider wurde der Regen immer intensiver und obwohl der Funke auf das Publikum übersprang, hatte dieses genug damit zu tun, unter den Plastikponchos nicht komplett durchzunässen. Spätestens aber bei den Klassikern "Breakfast In America", "The Logical Song" und "Dreamer" war der Regen aber kurzfristig vergessen.
Churchill und die Zugaben
Höhepunkt war mit "Fools Overture" die letzte Nummer im regulären Set. Dieses zehnminütige Epos von Supertramps "Even In The Quietest Moments" aus dem Jahre 1977 ist als Studioversion schon grandios, aber live einfach nur der Hammer. Zwischendurch wurden Teile der legendäre Rede von Winston Churchill aus dem Jahre 1940 mit eingespielt, die ebenso allen Metal-Fans geläufig sind. Genau diese Zeilen der Rede verwendeten auch Iron Maiden beim Intro ihres Klassikers "Aces High". Supertramps Anti Kriegs-Epos kam an diesem Abend jedenfalls auch bestens an. Natürlich mussten Roger und Band nochmals zurück und zum Abschluss gab es dann neben einer abgefeierten Version von "Give A Little Bit" noch das versprochene Mottolied des Abends "It's Raining Again", bei dem Multiinstrumentalist Aaron Mc Donald u.a. am Saxophon nochmals alles gab und neben dem Chef auf der Bühne an diesem Abend den auffälligsten Part übernahm. Die restlichen drei Musiker hielten sich optisch dezent zurück und machten ihre Sachen hervorragend.
Gegen 22.30 Uhr endete nach knapp zwei Stunden ein wunderbarer Konzertabend, der alle Zuschauer, die nochmals die alten Supertramp-Klassiker hören wollten, absolut zufrieden stellte. Ein Konzert, bei dem es nicht um Soli, Improvisationen oder Ähnliches ging, sondern bei dem alleine der jeweilige Song im Vordergrund stand und dieser mit viel Können und Spielfreude dargeboten wurde. Ich weiß ja, dass ich mich an dieser Stelle wiederhole, aber wenn es auch noch trocken gewesen wäre, wäre es sicher noch schöner gewesen. So aber nervte der Dauerregen schon gewaltig , aber dennoch beide Daumen hoch für Roger Hodgson und Band. Tolles Konzert!
Ein herzliches Danke an Herrmann Rademächers von der Stadt Heinsberg für die Akkreditierung.
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