Steve Hill?? Nie gehört, aber die Tatsache, dass dieser Bluesmusiker aus Kanada stammt, lässt die Hoffnung auf Großes aufkeimen. Blues aus diesem Teil Nordamerikas zeichnet sich zumeist durch eine gehörige Portion Eigenständig- und Willigkeit aus. Steve Hill bildet da keine Ausnahme. Seine Interpretation des Blues beinhaltet nämlich überaus erfrischende Anteile von Rock der härteren Gangart und lässigem Roots Rock, letzterer versetzt mit Ausflügen in 'klassische' Country- und Folkgefilde. Der Mann aus Montreal weckt spontane Assoziationen zu Rob Tognoni und John Hiatt, aber auch die Schwerblütigkeit der Texas-Bärte schimmert mehr als einmal durch.
In Kanada wurde Steve Hill mit Auszeichnungen und Lobeshymnen überhäuft. Die Montreal Gazette hält ihn für »den wichtigsten Gitarristen Kanadas« - das Real Blues Magazine aus Vancouver bezeichnet ihn gar als »besten jungen Bluesgitarristen Nordamerikas«. Mit solchen Vorschusslorbeeren ausgestattet, nimmt der Bursche nun auch den europäischen Markt auf Kimme und Korn.
Bereits sein Debütalbum von 1997 brachte Hill zumindest mal bis Frankreich und Belgien. Sechs weitere Scheiben sollten folgen - mal solo, mal mit seiner Band, den Majestiks.
Beim vorliegenden "Solo Recordings Volume 2" handelt es sich nicht - wie zuerst vermutet - um eine Compilation, die sich seinen Solo-Ausflügen widmet, sondern vielmehr um ein Album, das komplett im Alleingang eingespielt wurde. Lediglich zwei Songs von früheren Veröffentlichungen finden sich als Neueinspielungen wieder: "Simple Things" ("Steve Hill") und Long Road ("Devil At My Heels"). Ganz besonders stechen dabei Hills Slide-Künste hervor - das Röhrchen flitzt atemberaubend und lässt seine Gitarre gelegentlich wie einen Monster-Truck aufheulen ("Hate To See You Go") oder herzzerreißend jammern ("Never Is Such A Long Time"). Die kanadischen Pressekollegen haben also den Mund nicht zu voll genommen...
"Solo Recordings Volume 2" präsentiert einen Musiker für die besonderen Momente, sei es für zwanzig Schnapsleichen in einem verräucherten Club oder, anlässlich eines Festivals, einem Vielfachen davon. Seine Songs transportieren eine unglaublich verdichtete Atmosphäre, die Steve Hill zum Medium einer Séance machen könnte. Das beginnt bereits mit dem kraftstrotzend-athletischen Opener "Still Got It Bad", der tiefe Spurrillen ins bluesige Langzeitgedächtnis fräst. Das riffbetonte "Slim Chance" und das eindringliche "Never Is Such A Long Time" bedienen dagegen eher Roots Rock-Freunde, während das zarte "Tough Luck" mit Country- und Folkstimmungen spielt. Die geheimnisvoll-mystischen "Better" oder "Go On" entwickeln geradezu magische Blues-Kräfte, die beim Hörer nicht ohne Wirkung bleiben (können).
Natürlich darf Tante Boogie in dieser elfteiligen Kollektion nicht fehlen und überzeugt in der Speed- ("Hate To See You Go") wie Power-Variante ("I Want You To Love Me") gleichermaßen, aber auch hier findet Hill mit "Simple Things" und dem abschließenden "Long Road" die Abbiegung aus der reinen Blues-Ecke. Genau dies macht die nachhaltige Wirkung von "Solo Recordings Volume 2" aus: Es handelt sich eben um keine Nischenmusik für Eckensteher!
Die einzig schwierige Frage, die sich mir bei Steve Hill stellt, ist eher belangloser Natur: Soll ich "Solo Recordings Volume 2" ins Blues- oder Roots Rock-Regal stellen? Naja, wenn man nur solche Sorgen hat, ist alles gut. Leute mit Vorliebe für Grenzübertretungen sollten unbedingt mal ein Ohr riskieren.
Line-up:
Steve Hill (vocals, electric and acoustic guitars, harp, bass, drums, percussion)
Tracklist |
01:Still Got It Bad (4:55)
02:Slim Chance (3:03)
03:Tough Luck (4:06)
04:The Collector (3:45)
05:Never Is Such A Long Time (4:30)
06:Hate To See You Go (4:41)
07:Better (4:24)
08:Simple Things (4:51)
09:I Want You To Love Me (4:23)
10:Go On (3:58)
11:Long Road (4:05)
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