Will Hoge / The Wreckage
The Wreckage Spielzeit: 40:19
Medium: CD
Label: Rykodisk, 2009
Stil: Roots Rock


Review vom 20.10.2009


Manni Hüther
Will Hoge ist schon seit seinem 1999 erschienenen Major-Label-Debüt "Carousel" auf meinem musikalischem Radarschirm und jede seiner danach veröffentlichten Platten bewegte den imaginären Cursor näher ans Ziel. Funkelnde, beeindruckende Edelsteine – ohne Füllmaterial feinster, eindringlicher und höchst abwechslungsreicher Roots Rock – und obwohl Will Hoge ja aus der Country-Metropole in Tennessee stammt, hat seine Musik nun gar nichts mit Nashville-Sounds am Hut!
Um sein Schaffen nicht einer wie immer gearteten Stringenz unterwerfen zu müssen, ist er schon vor Jahren zum Indie-Label Rykodisc gewechselt, wo er weitaus mehr künstlerischen Freiraum beanspruchen konnte. Der bisherige Höhepunkt war sein 2007er Meisterwerk Draw The Curtains, das Kollege Daniel auch entsprechend gewürdigt hat.
Eigentlich hätte man schon früher einen Nachfolger erwartet und nun darf man erleichtert feststellen, dass es überhaupt noch eine neue Platte gibt: Will wurde letztes Jahr von einem unachtsamen Autofahrer fast frontal auf seinem Motorroller gerammt und entging nur knapp dem Tod. In mehreren OP's haben ihn die Chirurgen wieder 'zusammengeflickt'. Was für ein Geschenk nicht nur für ihn selbst und seine Familie, sondern auch für seine zahlreichen Fans.
Und schätzungsweise 95% derer sind wohl Amerikaner, die seine zahlreichen Shows (weit über 200 im Jahr!) besuchten, und nun nach fortschreitender Genesung weiter besuchen dürfen. Er bestreitet seine Auftritte oft als Headliner, aber war auch schon Support von den Black Crowes, My Morning Jacket, North Mississippi Allstars und den Drive-By Truckers, sowie gern gesehender Gast der 'Bonnaroo' and 'Austin City Limits'-Festivals. In Europa firmiert er leider noch immer unter 'Geheimtipp' und so wartet die hiesige, kleine Fan-Gemeinde noch darauf, diesen hochkarätigen Act auf deutschen Bühnen erleben zu können.
Mit "The Wreckage" gelingt ihm wieder spielend diese überschäumende Mischung aus alkoholgetränkten Balladen, schnörkellosem Rock'n'Roll und knalligem, dabei sehr FM-tauglichem Roots Rock. Ein Meister seines Fachs, der innerhalb von drei bis vier Minuten Spannung aufbauen, mit melodischem Geschick halten und auf den Punkt bringen kann, war er ja schon immer und seine mit jeder Menge Soul begnadete, unverwechselbare Stimme verleiht jedem Song eine Glaubwürdigkeit und Authentizität, die man wohl vollkommen zu Recht als selten bezeichnen kann.
Obwohl jeglichem Epigonentum ganz und gar unverdächtig, lehnt er sich bei manchen Tracks sehr nahe an den sattsam bekannten Tom Petty-Sound an und verschärft das Geschehen auch mal – fast – in bester Rich Hopkins-Manier. Und was das heißt, weiß wohl jeder, der die heftigen, teilweise kompromisslosen Klänge des Mannes aus Tucson, Arizona kennt. Dabei bleibt Will Hoge jedoch immer noch im Universum seines eigenen Sounds, die Grenze nach Arizona überschreitet er natürlich doch nicht wirklich. Er ist aber direkt auf der Linie und verschafft sich so eine perfekte Blaupause für Live-Gigs, bei man sich auch gerne mal der Grenzüberschreitung 'schuldig' machen und damit das Publikum in Rage versetzen kann...
Die Balladen auf diesem Album sind wie von ihm gewohnt ausnahmslos stimmig, teilweise mit einer Verzweiflung vorgetragen, wie es nur wenige können und mit musikalischen Tupfern von Piano und Lap-Steel veredelt. Überhaupt ist der Mix des Produzententeams perfekt und hat so eine Retro-'Vintage'-Stimmung, wobei aber das satte Klangbild nicht in einem Sumpf versinkt, sondern einfach den Sound sehr natürlich rüberbringt. Überzeugend auch die Sequenzierung, es kommt nie auch nur eine Spur von Langeweile auf.
Will Hoge sagte 2007 in einem Interview: »Ich reiß' mir jeden Abend den Arsch auf, ich pack' und verstaue mein Equipment selbst und hab eine Hypothek auf mein Haus aufgenommen, um die Band bezahlen zu können. Aber wenn Du das wirklich willst, musst Du auch bereit sein, zu bluten. Letztendlich bin ich einer Art fast peinlichlichen Liebe dem Rock und Roll verfallen, es verzehrt mich regelrecht.« Und genau diese innere Einstellung hört man auch in jedem Song von "The Wreckage".
Die Austattung des Digipacks ist perfekt mit allen Lyrics und Angaben der Musiker, auch am Wert des Äußeren kann man somit nicht meckern, so dass sich in der Gesamtbeurteilung ein durch und durch hervorragender Eindruck einstellt.
Für die wieder aufstrebende Gemeinde der Vinyl-Aficionados gibt es das Werk auch als LP und ist damit 'the Best of both Worlds'. Auf dem gleich hohen Niveau des Vorgängers angesiedelt, ist damit ebenfalls die Höchstbewertung fällig: 10 RockTimes-Uhren! Das unschlagbare Angebot lautet: Einmal kaufen und für immer genießen!
Tracklist
01:Hard To Love
02:Long Gone
03:The Wreckage
04:Favorite Waste Of Time
05:Even If It Breaks Your Heart
06:What Could I Do
07:Goodnight/Goodbye
08:Just Like Me
09:Highway Wings
10:Where Do We Go From Down
11:Too Late Too Soon
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