Erstmalig 1971 erschienen auf Neon Records, gab es zwischenzeitlich einige Wiederveröffentlichungen von "Indian Summer", auch auf Repertoire Records, die diese einzige Platte der Band nun erneut vorlegen. Dieses Mal ganz in Pappe, ohne Plastik, die CD fein in eine edle Papierhülle gesteckt - man hat das ganz leichte Feeling einer LP im Miniformat. Alles schön glänzend, zum Aufklappen und mit einem Booklet samt neuen, von Chris Welch verfassten Linernotes versehen. Klar, auch die originalen Worte von Olav Wyper von 1971 fehlen nicht. Doch wer war nun Indian Summer?
1969 formierte Bob Jackson zusammen mit Paul Hooper seine erste Band. Mit zwei weiteren Musikern nahmen sie zwei Jahre später diese einzige LP auf. Nach einem Besetzungswechsel - der Bassist wurde ausgetauscht - war es bereits 1972 mit dieser Eintagsfliege vorbei. Von Jackson sollte man später bei Rigor Mortis, Badfinger und der Byron Band noch einmal hören. Aktuell soll er der derzeitigen Formation der Fortunes angehören, auch der alte Kumpel Hooper soll mit von der Partie sein.
Seinerzeit besaß ein guter Freund diese Schallplatte, die mir eigentlich sofort wegen des Covers auffiel. Dieser große Kaktus, irgendwie fragend angeschaut von einem Koyoten... Aber wie war noch gleich die Musik? Olav Wyper von RCA Records schreibt in den Linernotes, dass er und drei seiner Kollegen sich damals im November 1969 zwei Bands anschauen sollten. Eine davon bekam einen Vertrag, das war Black Sabbath. Über ein Jahr später sollte er erneut losfahren, mit dem Ergebnis, dass die abgelehnte Band nun auf Wohlgefallen stieß - Indian Summer. Und er schwärmte: »Oh, and they're good too. Very good!« Die Burschen aus Coventry sollten aber letztlich nicht den erhofften Erfolg erzielen. Woran mag das gelegen haben? Angeblich fehlte die nötige Promotion und zudem war der Markt in jenen Tagen überschwemmt von immer neuen Bands. Dabei hatten die Vier durchaus Ansätze zu dem geliefert, was sich später in der Weiterentwicklung des Prog Rocks wiederfinden sollte - als Beispiel sei hier "God Is The Dog" genannt.
Das ist für die damalige Zeit typischer Sound mit schleppendem und gelegentlich leicht polterndem Rhythmus. Im Vordergrund steht die Hammondorgel, dazu mehrstimmige Vokalharmonien, die die leicht raue Stimme des Leadsängers unterstützen. Ein flexibel agierender Bass und eine klar klingende Gitarre runden das Bild ab, früher Prog also. Jackson erhebt gelegentlich seine Stimme in höhere Gefilde, wie wir es von Ian Gillan damals auch gewohnt waren. Er zeigt ausdrucksstarke und gefühlvoll agierende Gesangsarbeit. Manchmal erinnert mich Jackson auch ein wenig an Steve Winwood. Klar, angesichts aller Zutaten liegen Vergleiche mit Deep Purple oder auch Uriah Heep durchaus auf der Hand. Doch ist hier der Sound weniger straff, weniger rockig, eher oft luftig und vom offensichtlichen Versuch beseelt, gewisse Strukturen zu durchstoßen.
Mitunter vermag ich Ansätze aus dem Bereich des Jazz Rock auszumachen, zum Beispiel im zweiten Titel, wenn dieser sich nach gut zwei Minuten plötzlich löst und der Gitarrist ein wirklich gutes Solo vom Stapel lässt, das mich weniger an Ritchie Blackmore & Co. als an dessen hervorragenden Kollegen Jim Mullen, seinerzeit in Diensten von Pete Brown & Piblokto, erinnert! Auch der Drummer löst sich nun und es hätte nur noch eines kleinen Ticks bedurft, und man hätte den reinen Rockbereich wirklich verlassen. Möglicherweise ist dies einer der Gründe, warum die Band neben den 'Stallkollegen' von Black Sabbath nicht bestehen konnte.
Die Musik von Indian Summer war subtiler, feiner und kreativer, wenngleich nicht in den Kompositionen, die weniger in den Ohren 'hängen bleiben'. Das wäre schon der nächste Grund des Misserfolgs: Wenig Wiedererkennungswert, die Käufer waren möglicherweise 'überfordert'. Mir jedenfalls gefällt es, wenn sich innerhalb der einzelnen, mit Jam-Charakter ausgestatteten Titel die Verhältnisse immer mal wieder dadurch ändern, dass ein unverhoffter Break kommt, sich ein feines Solo aus der Tiefe aufbaut, ein Mellotron die Hammond in ihrem Tun einlullend unterstützt oder sich die harmonische und 'weiche' Richtung von frühem Prog Rock herausschält.
Für mich ist dieses Album ein leider untergegangenes Kleinod, das es verdient, wieder entdeckt und angemessen gewürdigt zu werden. Zwei Titel heben sich etwas aus der Gesamtheit hervor. Einmal ist dies "From The Film Of The Same Name", weil es rein instrumental ist und klar und deutlich vor Augen hält, dass gute Musiker am Werk waren. Herrlich ist das, wie sich die Jungs hier interaktiv und ideenreich die Bälle zuwerfen, und mittendrin wieder ein sehr vom Jazz angehauchtes Solo von Colin Williams kommt. Ach, hätte der doch Karriere machen können! Der zweite Titel, der auffällt, ist der letzte Song, der urplötzlich nach gut eineinhalb Minuten mit einer Soloexkursion des Gitarristen abhebt, nachdem er recht ruhig und beschaulich begann. Eine interessante Note erhält der Track durch das im Hintergrund versteckt agierende Vibraphon. Nach 5:30 Minuten ist wieder 'Alltag' eingekehrt - der Song klingt aus.
Line-up:
Bob Jackson (keyboards, vocals)
Colin Williams (guitar, vocals)
Paul Hooper (drums, percussion, vocals)
Malcolm Harker (bass, vibes, vocals)
Tracklist |
01:God Is The Dog (6:34)
02:Emotions Of Men (5:40)
03:Glimpse (6:41)
04:Half Changed Again (6:23)
05:Black Sunshine (5:23)
06:From The Film Of The Same Name (5:50)
07:Secrets Reflected (6:46)
08:Another Tree Will Grow (6:06)
(all songs written by Bob Jackson, Colin Williams, Paul Hooper & Malcolm Harker)
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