Indukti / Idmen
Idmen Spielzeit: 63:16
Medium: CD
Label: InsideOut Music, 2009
Stil: Progressive Metal

Review vom 10.09.2009


Florian Kollin
Polen, für mich das Land der umgebauten Mercedes Sprinter, welche Heerscharen an Menschen ohne Knie, so scheint es, auf engstem Raum transportieren. Dass von dort auch gute Musik kommt dürfte einigen noch verborgen geblieben sein. Spätestens mit "Idmen", dem Zweitling des polnischen Instrumental-Konglomerats Indukti sollte sich dies aber für alle Prog-Interessierten ändern. Denn ganz unter uns: Dieses Album hat einiges zu bieten.
Musikalisch bewegen sich die fünf Musiker teils zwischen den Welten, sind andererseits aber immer im Prog verwurzelt. Wer nach Vergleichen sucht, wird sie in King Crimson, Sparta, Oceansize, aber auch Tool oder Meshuggah finden. Nicht zuletzt erinnert das Werk bisweilen auch an Russian Circles. Wobei wir beim Instrumental-Aspekt angelangt sind: Das muss man natürlich irgendwie mögen, vielen fehlen da einfach die Melodien. Dieses 'Problem' wird durch absolut überzeugendes Songwriting mit spannenden Strukturen und straighten Melodielinien einerseits und drei Gastsängern - in diesem Fall von den Bands Sleepytime Gorilla Museum, Rootwater und Prisma entliehen - andererseits bestens kaschiert. Das Album wird durch die Gastauftritte deutlich vielseitiger, man merkt, dass Wert darauf gelegt wurde, individuelle Charakteristika herauszuarbeiten statt engstirnig nur einem Konzept zu folgen. Hieraus ergeben sich natürlich auch die zwei Seiten der Medaille: Mag man den Gastsänger und seine Art, könnte man glatt auf die Idee kommen, ihm nachzutrauern. Nervt er einen, kann man sicher sein, dass man gegebenenfalls nur ein Lied skippen muss.
Zwei Dinge zeichnen diese Platte besonders aus: die Spannung, welche aufgebaut wird, und die Dynamik, welche den Liedern innewohnt, die andererseits aber auch von jedem einzelnen Musiker getragen und natürlich wiederum in die Spannungskurve transformiert wird. Das ist jetzt genretypisch nichts Ungewöhnliches, und gäbe es bei "...And Who's The God Now?!" am Anfang noch verzerrte Synthies, hätte man es glatt auf einem Nine Inch Nails-Album erwarten können. Doch dieser Eindruck schlägt innerhalb des Liedes noch einige Male um. Essig also mit einfacher Kategorisierung. Was kommt noch dazu? Ein bisschen Screamo Core-Attitüde nach einer Passage, welche, wäre sie nicht so brutal gesungen worden, glatt im "In The Court Of The Crimson King" hätte geschrieben worden sein können. Reicht aber immer noch nicht, es wird noch ein wenig Mittelalter-Barden-Feeling mit ins Potpourri gemischt. Einigen wird das nach dem vorangegangenen Interlude "Sunken Bell" (mit 2:29 min das kürzeste Stück der Platte), welches einen gefühlsmäßig in die unbekannte Welt der mit Trompeten ausgestatteten Aborigines zieht, ein wenig zu viel des Guten sein. Zugegeben: Einen Moment braucht man schon, bis man sich in die Scheibe einfindet. Dann jedoch stehen einem Soundwelten noch und nöcher offen, welche bei jedem Hören ein Stück größer zu werden scheinen. Wie es sich eben für solch eine Band gehört - nichts für die Autofahrt mit den Schwiegereltern, nichts für den ruhigen Abend mit Freund oder Freundin, nichts für die Zeit mit dem Kumpel der mal eben vorbeikommt.
Hier fordert die Platte schon ein wenig mehr. Eigentlich sogar einiges mehr... Zumindest an Zeit und einer brauchbaren Anlage darf es bei diesem Album nicht mangeln. Nur ein Lied zu hören, weil man in Eile ist, mag bei manchen stilverwandten Bands gerade noch gehen, hier wird das auf Grund der durchschnittlichen Liedlänge schon schier unmöglich. Zudem muss man auch die Möglichkeit haben, dieses Schaffen auf sich wirken zu lassen. Denn gerade hier scheinen die Künstler angesetzt zu haben. Die Soundwelten öffnen sich erst vordergründig, wachsen dann aber kontinuierlich. Wenn diese Band von einem genug hat, dann ist es musikalisches Talent. Hier gibt es keine wilden Solo-Orgien, die typischen Instrumental-Alben-Langeweile-Momente durch das zu große Ego einiger Akteure - hier gibt es Musik und Musikalität auf hohem Niveau.
Line-up:
Ewa Jablonska (violin)
Piotr Kocimski (guitar)
Maciej Jaskiewicz (guitar)
Andrzej Kaczynski (bass)
Wawrzyniec Dramowicz (drums)
Tracklist
01:Sansara (8:12)
02:Tusan Homichi Tuvota (9:03)
03:Sunken Bell (2:29)
04:...And Who's The God Now?! (10:25)
05:Indukted (6:51)
06:Aemaet (8:25)
07:Nemesis Voices (6:19)
08:Ninth Wave (11:32)
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