Ingrimm / Böses Blut
Böses Blut Spielzeit: 43:55
Medium: CD
Label: Alive, 2010
Stil: Rock

Review vom 08.12.2010


Sabine Feickert
»Klingt wie kotzender Hund« so der Kommentar meiner Tochter. Aber bevor es jetzt 'böses Blut' und wütende Anrufe in der Redaktion gibt, der Ausspruch bezog sich nicht auf das gesamte Album, sondern nur auf eine ganz spezielle Passage.
Doch fangen wir von vorne an: Dass diese Scheibe ein wenig speziell ist, wurde schon ziemlich früh klar, bei der Frage nämlich, wer sie bespricht. Unsere Headbanger winkten dezent ab - zu mittelalterlich. Und mir als 'Mittelalte' war sie eigentlich schon beim ersten Höreindruck zu metallisch - aber gut, sie sollte ihre Chance kriegen.
Von den Themen und Texten her ist sie durchaus im historischen Umfeld angesiedelt, ein gewisser Hang zu Dramatik und Inszenierung ist ja sowohl den Metallern als auch den Spielleuten zueigen. Damit kann sie auf jeden Fall aufwarten.
Schon der Beginn ist dramatisch, "Die Pest" wird hier an den Hals gewünscht, mit einem brachialen Schlagzeug und Bass, spielerischen kleinen Dudelsackpassagen und einer Gesangsstimme, die hier noch stimmig wirkt, etwas rauh und brüchig, auch ein leichtes Gegrowle im Hintergrund ist passend. Eine Nummer für die ich der Band ganz sicher nicht die Pest an den Hals wünsche, sondern mir eher mehr in dieser Richtung.
Was mir auch in dem zweiten Stück noch erfüllt wird. Vom Schlagzeug getrieben, verkörpert der leicht abgehackte Gesang das Verrinnen der Zeit in "Tempus Fugit" sehr stimmig.
Im Titelsong "Böses Blut" wird mir der Stakkatogesang dann schon ein wenig zu eintönig und dominant, das Gegrowle nimmt zu und mir geht zum ersten Mal 'Kreischgesang gegen Schlagzeuggeprügel' durch den Kopf. Die Chorpassagen können es jedoch noch so einigermaßen retten.
Ein ganz anderer Liedanfang verspricht im "Eisenwind" mit sanfteren, melodiösen Klängen dann Abwechslung, doch 'ätsch' das ist nur das Intro, schon nach wenigen Takten wird das Kreischgesangschema wieder aufgegriffen und darf gegen Schlagwerk und Bass anbrüllen. Und - ihr werdet es nicht ahnen - Chorgesang und Gegrowle wechseln sich in der Folge ab und erwecken das 'schonmal-gehört'-Feeling. Da kann auch der leise Sprechgesang nichts mehr reißen. Dabei sind musikalisch durchaus interessante Ansätze vorhanden, leider gehen sie weitgehend unter.
"Stella Maris" wartet wieder mit mittelalterlichen Passagen auf und wirkt durch den gezielten und relativ zurückhaltenden Einsatz metallischer Elemente interessant.
Auch "Stein auf Stein" bietet eine gute und abwechslungsreiche Mischung.
"Ad Bestias" kommt wieder sehr abgehackt daher mit dominantem Schlagzeug und Bass, das Gegrowle ist passend auch wenn hier der oben schon angesprochene Hund kotzt.
"Der Rabe" steigert den abgehackten Gesang ins Extremste und weil es so schön war, wird der "Mörder" nach dem gleichen Strickmuster weitergeführt.
In "Wasser zu Wein" variieren dann die Elemente und versöhnen wieder, um dann im "Flammenfest" einen schönen, ruhigeren Ausklang zu finden.
Insgesamt ist mein Eindruck von diesem Silberling durchwachsen:
Weniger wäre mehr - gerade bei den auffälligen Effekten.
So spannend die Mittelalter-Metal-Mischung grundsätzlich ist, so groß ist die Gefahr, dass durch die Überbetonung einzelner Faktoren Langeweile oder Gereiztheit aufkommt. Obwohl mir mehr als die Hälfte der Nummern auf der Platte eigentlich echt gut reingeht, bleibt doch ein fieser Nachgeschmack durch die anderen Tracks.
Gerade das Gegrowle und der Stakkatogesang sollte meiner Meinung nach wohldosiert und eher sparsam eingesetzt werden, da es sich doch sehr schnell abnutzt und den Rest brutal überdeckt und genauso nervig werden kann, wie das bei ewiglangen Dudelsack- oder Drehleierpassagen wäre (die es auf dieser Scheibe nicht gibt).
Die Dosis macht das Gift - doch sicher hängt es auch vom Einzelnen ab, wie hoch die verträgliche Dosis liegt und somit kann mein Maßstab natürlich nicht für Alle gelten und Ingrimm ist zu wünschen, dass sie mit diesem (ihrem dritten) Album "Böses Blut" ein breites Publikum finden, das genau diese Dosierung verträgt und wünscht.
Line-up:
Fenris (Gesang)
Hardy (Drehleier, Sackpfeife und Flöte)
Alex (Gitarren)
Klaus (Schlagzeug)
Mugl (Bass)
Tracklist
01:Die Pest
02:Tempus Fugit
03:Böses Blut
04:Eisenwind
05:Stella Maris
06:Stein auf Stein
07:Ad Bestias
08:Der Rabe
09:Mörder
10:Wasser zu Wein
11:Flammenfest
Externe Links: