Interstate Blues / Red Was The Sky
Red Was The Sky Spielzeit: 49:58
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Hard Blues Rock

Review vom 18.10.2010


Mike Kempf
Ha! Da habe ich mal richtig schnell geschaltet und meinen geschätzten RockTimes-Kollegen der Blues Rock-Sparte ein Scheibchen vor der Nase weggeschnappt. Moment, da kommen mir schon erste Zweifel auf. Normalerweise reißt sich der größte Teil des Kollegiums wie Hyänen um einen Silberling des Blues Rocks und bleibt keine fünf Sekunden im Angebot. Haben meine Blues-Brüder etwa bewusst auf diese Platte verzichtet oder einfach nur gepennt?
Schon der Opener "The Eternal Axis Of One" überrascht mich. Ziemlich gewaltig kommt das Teil aus den Boxen gescheppert, hält sich erst gar nicht mit langsamen, gefühlvollen Notenpassagen auf, sondern bügelt mir das Teil völlig ungebremst aufs Hirn! Gitarrenhexer Jamie Purpora schreddert seine Klampfe in allerbester Yngwie Malmsteen-Manier und bringt von Anfang die Saiten seiner Gitarre zum Glühen! Nach knapp sechs Minuten ahne ich bereits, warum sich meine Kollegen zurückhielten. Nicht weil die Scheibe schlecht ist, sondern der Blues Rock nur als Randerscheinung wahrgenommen werden kann. Zumindest von mir! Das Album bringt so viel Dynamik und extrem heftige Gitarrenpower zum Vorschein, dass ich lieber vom Hard Rock sprechen möchte.
Muss deshalb ja nicht gleich schlecht sein, werden Kenner von Interstate Blues und Purpora denken. In der Tat kann auch ich mich für Gitarrenexzesse begeistern, erst recht wenn die Musiker, so wie Purpora, alle Handspagate am Griffbrett beherrschen, die es so gibt, um dem Konsumenten schwindlig zu spielen. Die Stimmbänder von Jamie sind ebenfalls nicht von schlechten Eltern, kommen sehr rockig und klar rüber. Diese beiden Attribute lassen ihn unweigerlich in die Hauptrolle des Silberlings schlüpfen. Seine Rhythmusfraktion ist bis auf wenige Ausnahmen für den begleitenden Klangteppich zuständig, den sie fehlerfrei bereiten und vor allem Jeremy Crowther, der an seinem Kraftwerk wahre Schwerstarbeit verrichtet.
Richtig krass wird es bei "Tintorera", bei dem der Sechssaitenspezialist ungebremst den Song in voller Länge mit schwindelerregendem Solo mir um die Ohren nagelt. Dabei hat er sich nicht mal die Zeit gegönnt um sein Zwerchfell zu aktiveren und belässt es bei einem reinen instrumentalen Teil. "Help Me Find The Sun" ist meine erste Empfehlung für eine Hörprobe. Zwar stehen auch hier seine Soli und sein Gesang im Mittelpunkt, doch diesmal hat er diese Kombination in ein sehr ansprechendes Melodienkostüm gesteckt, obwohl er zwischendurch immer wieder enorm an Fahrt aufnimmt, um sich die Fingerkuppen wund zu spielen. Da er bei jedem Teil des Silberlings seine wahnsinnigen, kaum nachvollziehbaren Soli-Attacken in die Waagschale wirft, müssten diese aalglatt sein. Das hätte für ihn den Vorteil, bei eventuellen Vergehen seinerseits, dass man vergebens nach Fingerabdrücken suchen würde! Bei "Stir It Up" schreddert er dermaßen über die schmalen Drahtsaiten, dass ich überlege, wie die Steigerung von Schallgeschwindigkeit lautet? Vielleicht Lichtgeschwindigkeit? Der Begriff würde jedenfalls passen. Zum Schluss hat das Trio mit "Where Do We Go To Die" meine zweite Hörprobenempfehlung parat.
Letztlich ist es so, wie es Purpora schon bei seinen vorherigen Platten zelebriert hat: Es bleibt beim Hard- und Blues Rock mit Rekordgeschwindigkeitsgarantie! Und genau das ist wohl der Punkt, warum mich meine Kollegen ins Messer laufen ließen. Da ich aber ein Freund gitarrenlastiger Musik bin, bin ich am Ende der Gewinner und bedanke mich bei meinem Team für die unerwartete Zurückhaltung! Zugegebenermaßen sollte der Interessierte, der ebenfalls auf Gitarrenhexerei steht, vor dem Erwerb lieber erst mal reinhören, ansonsten drohen Verdauungsschwierigkeiten und es könnte sogar Langeweile drohen, denn, und das moniere sogar ich, die Scheibe bietet wenig Abwechslung.
Line-up:
Jamie Purpora (vocals, guitar)
Roger Brown (bass)
Jeremy Crowther (drums)
Tracklist
01:The Eternal Axis Of One
02:Don't Lead Me Blind
03:Tintorea
04:Red Was The Sky
05:Help Me Find The Sun
06:Innerspace Blues
07:Just Go Away
08:Stir It Up
09:Where Do We Go To Die
11:Soundcheck Bonanza
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