Was haben wir Musikfreunde für ein Glück, dass wir in Zeiten leben, in denen sich die 25., 30. oder gar 40. Jahrestage der Erstveröffentlichung von epochalen Alben quasi die Klinke reichen. Dieser Tage feiert IQs "Tales Of The Lush Attic", das erste 'richtige' Album der Band, seinen Dreißigsten. Aus diesem Anlass wurde nun eine Box im Buchoutfit zusammengestellt, die es nun wirklich in sich hat... nicht nur optisch! In das Hardcover wurde ein wunderschönes 32-seitiges Booklet integriert. Sogar an die 'Eselsohren' hat man gedacht...
Bei der Zusammenstellung der DVD hat man sich
so richtig Mühe gegeben! Ein Prachtstück sind die vier Live-Takes aus der "Tales Of The Lush Attic", die in einem DER Kulturtempel der Niederlande - der Borderij in Zoetermer - vor zwei Jahren aufgezeichnet wurden. Hier bekommt man
IQs Live-Qualitäten eindrücklich vorgeführt, wobei man sich verwundert die Ohren kratzt, weil sämtliche Mellotron-Passgen 'ohrenscheinlich' vom Band eingespielt werden (oder habe ich da tatsächlich etwas übersehen?). Extrem cool ist die knallige
(Sweet) Caroline-Boogie-Einlage im Mittelteil zu "Awake And Nervous"
In einem Audio-Interview erfährt man von
Michael Holmes und
Peter Nicholls so einiges zur Entstehung von "Tales Of The Lush Attic".
IQ verfügte damals noch über keinen Major-Vertrag, lebte quasi von der Hand in den Mund und musste schon ihr kreatives Potenzial gewaltig strapazieren, um das Album seinerzeit realisieren zu können.
Ferner hat man den kompletten Quasi-Erstling "Seven Stories Into Eight", der seinerzeit (1982) nur auf Cassette erschien, dazu gepackt. Die mittlerweile obligatorische Fotogalerie hat man mit Archivfotos aus diesen Tagen gespickt.
Ein ganz besonderes Schätzchen dürfte für eingefleischte
IQ-Fans das "Further Listening" darstellen: Zehn Aufnahmen die während Proben und Kompositionsessions oder als Demos aufgenommen wurden, darunter zwei ungenutzte 'Basics' für Songideen. Klanglich natürlich nicht gänzlich hochwertig, aber dafür ein ganz tiefer Blick hinter die Kulissen.
Nun, was ist zu "Tales Of The Lush Attic" noch zu sagen, was nicht schon längst bekannt wäre? Dass es im Sog der besten
Marillion-Tage zu
Fish-Zeiten ein kleiner Geniestreich war? Ja, sogar als eines der besten jemals produzierten Neoprog-Alben gelten darf? Dass
IQ damit ihre Epigonen wie
Arena oder
Frost* ganz entscheidend (mit-)beeinflussten?
Musikalisch entstammt "Tales Of The Lush Attic" ziemlich eindeutig den musikalischen Lenden von
Genesis, und zwar denen zu
Peter Gabriels Zeiten. Davon zeugen nicht nur die fetten Mellotron-Einlagen von Original-Keyboarder
Martin Orford, sondern auch die verspielten
Hackett-Zitate eines
Michael Holmes.
Peter Nicholls hat seine Affinität zu
Gabriel ohnehin nie verborgen.
Das Gerüst von "Tales Of The Lush Attic" bilden die drei epischen Longtracks "The Last Human Gateway", "Wake And Nervous" und "The Enemy Smacks" zwischen dem "Through The Corridors" und "My Baby Treats Me Right..." wie Zwischenspiele eingeschoben wirken. Bei aller Inspiration von den Altvorderen kann hier
IQ eine hohe kompositorische Kompetenz nicht abgesprochen werden. Zudem fällt die musische Virtuosität der fünf beteiligten Musiker in die Waagschale und all dies macht das 'musikalische Gewicht' dieses fünfteiligen Werkes aus. Der Sound hat sich - wie bereits eingangs erwähnt - durch die Bearbeitung der Masterbänder signifikant verbessert - da kommt nun richtig Freude auf!
Auch wenn der Nachfolger "The Wake", zwei Jahre später erschienen, noch eine gewaltige Schippe drauflegte, zählt "Tales Of The Lush Attic" in der Retrospektive zu den wahren Glanztaten
IQs.
In der Summe MUSS hier ein Kauftipp ausgesprochen werden. Angesichts des prall gefüllten Inhaltes plus einer optisch hochwertigen Ausstattung bekommt man hier wirklich 'value for money'!
Eine auf 500 Stück limitierte Vinyl-Ausgabe im Gatefold-Cover wird ebenfalls zu einem relativ günstigen Preis aufgelegt. Hier heißt es aber Beeilung, denn es sollen hiervon keine weiteren Pressungen veröffentlicht werden.