Elton John / Goodbye Yellow Brick Road
Goodbye Yellow Brick Road Spielzeit: 76:20
Medium: CD
Label: Mercury Records, 1973
Stil: Pop


Review vom 14.12.2010

  
Udo Gröbbels
Die Gnade der frühen Geburt
Ich erinnere mich noch ganz genau an die Szene, die sich irgendwann Ende der Achtziger bei mir im Kinderzimmer abgespielt hat. Meine ältere Schwester kommt herein und sieht, das ich mir die damals aktuelle Elton John-CD "Reg Strikes Back" geholt hatte. Mit einem kritischem Ohr lauschte sie den Klängen und gab nur lapidar als Kommentar: »Der hat die besten Jahre schon hinter sich. Das hier ist doch Müll. Höre lieber mal die Sachen aus den frühen 70ern an - DAS ist Elton John Damals konnte ich mit der Aussage nichts anfangen und hatte auch als pubertierender Teenager nichts mit diesem alten 70er-Kram am Hut. Doch ca. zehn Jahre später bekam ich dann "Goodbye Yellow Brick Road" in die Finger und begriff die Aussage meiner Schwester. Seitdem gehört die CD fest in meine Sammlung und selbst heutzutage entdecke immer noch Neues beim Genuss dieses einmaligen knapp 80 Minuten langen Gesamtwerkes.
Von Jamaika nach Frankreich
"Goodbye Yellow Brick Road" war schon Album Nummer Sieben für Elton John und dieser war bereits mit einigen Hits gesegnet (wie z.B. "Crocodile Rock" oder "Your Song"). 1973 machte man sich auf nach Jamaika, um dort - wie es gerade angesagt war - an einem neuen Album zu arbeiten. Doch desolates Equipment und politische Tumulte beendeten die Aufnahmen abrupt und so wurde das erste Doppel-Album in Eltons Karriere im Château d'Hérouville in Frankreich aufgenommen. Es wurde nicht nur sein bestes , sondern mit knapp 30 Millionen verkauften Exemplaren auch sein erfolgreichstes Album in der gesamten Karriere.
Das Album als Gesamtkunstwerk
Diese Doppel-LP oder einfache CD kann man ohne Zweifel als Gesamtkunstwerk bezeichnen. Obwohl die Songs alle für sich stehen, bilden sie doch eine Einheit, was nicht zuletzt auf den für damalige Verhältnisse großartigen Sound zurück geht. 1995 wurde das Album dann als remasterte Version auf CD veröffentlicht, die man in diesem neuen Soundgewand auch 15 Jahre später wunderbar hören kann. Auch das tolle Klapp-Cover dieses Doppelalbums ist legendär und wenn man in das Bild von Sir Elton im Innenteil sieht, erkennt jeder, woher der Assistent von Stefan Raab seinen Spitznamen hat. Für die Texte war wie immer Eltons Texter Bernie Taupin zuständig und von tiefsinniger Poesie über schnulziger Liebeslyrik bis zu klischeehaften Rock'n'Roll-Texten wird auf den 17 Liedern alles geboten. Das mit Abstand bekannteste Lied - und sicher auch für viele der Kaufgrund - ist die weltbekannte Ballade "Candle in The Wind". Hier ist die Originalversion vertreten, die als Hommage an Marilyn Monroe gedacht war. Bekanntlich wurde der Song 1997 zum Tode von Lady Di mit anderem Text nochmals veröffentlicht und 'toppte' in punkto Erfolg die eh schon erfolgreiche Originalversion nochmals um Längen. Doch das Album hat zum Glück viel mehr zu bieten, als nur einen Welthit.
Die Highlights
Hier fällt es mir verdammt schwer, eine repräsentative Auswahl von guten Stücken vorzustellen, denn wie gesagt ist es ein Album-Klassiker, den man am besten am Stück hört. Trotzdem hier meine persönlichen Glanzpunkte:

"Funeral For A Friend (Love Lies Bleeding)"
Mein absoluter Lieblingssong ist der Opener, der in zwei Teilen auf insgesamt elf Minuten kommt. Während "Funeral For A Friend" ein sehr atmosphärisches und ruhiges Instrumental ist, geht "Love Lies Bleeding" richtig ab. Eine sehr geile Prog Rock-Nummer der Musikgeschichte und daher nicht verwunderlich, dass Dream Theater für ihre "Change Of Seasons"-EP den Song gecovert haben. Auch diese Version ist absolut empfehlenswert.

"Goodbye Yellow Brick Road":
Wunderbare Ballade und bei weitem nicht so kitschig wie "Candle In The Wind".

"Grey Seal":
Flotte Nummer mit toller Piano-Einlage.

"Jamaica Jerk-Off":
Musikalische Abrechnung mit der vermurksten Session in der Karibik. Cooler Reggae-Song mit witzigem Text und nebenbei ein echter Ohrwurm.

"Saturday Night's Alright for Fighting":
Yeah - Luftgitarre raus !!! Wunderbar prolliges Rock'n'Roll-Stück mit einem klasse Riff und einem Mörder-Groove. Vor ein paar Jahren gab es eine gut gemachte Coverversion von Nickelback mit Kid Rock von dieser Nummer im modernen Sound.
Ebenfalls sehr empfehlenswert (wie alle Titel aus dieser Reihe) ist die passende DVD aus der "Classic Album"-Serie von Eagle Vision aus dem Jahre 2001. Hier kommen sowohl Elton als auch seine damalige Mitmusiker zu Wort mit u.a. herrlich bizarren Videomitschnitten aus der Aufnahmesession von 1973 und Kommentaren aus heutiger Sicht. Wie immer bei dieser Serie: Sehr informativ, unterhaltsam und damit eine prima Ergänzung zum Album.
Auch nach 37 Jahren hat das Album absolut nichts von seinem Reiz verloren und zählt immer noch zu den zeitlosen Highlights in der Musiksammlung.
In der Liste einer bekannten britischen Musikzeitung landete "Goodbye Yellow Brick Road" unter den hundert besten Platten aller Zeiten. Zurecht und an dieser Stelle nochmals Danke an meine große Schwester.
Line-up:
Elton John (vocals, piano)
Dee Murray (bass)
Davey Johnstone (guitar)
Nigel Olsson (drums)
Tracklist
01:Funeral For A Friend (Love Lies Bleeding)
02:Candle In The Wind
03:Bennie And The Jets
04:Goodbye Yellow Brick Road
05:This Song Has No Title
06:Grey Seal
07:Jamaica Jerk-Off
08:I've Seen That Movie Too
09:Sweet Painted Lady
10:The Ballad Of Danny Bailey
11:Dirty Little Girl
12:All The Girls Love Alice
13:Your Sister Can't Twist
14:Saturday Night's Alright For Fighting
15:Roy Rogers
16:Social Disease
17:Harmony
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