Jabe / Drama City
Drama City
Cowboys auf Speed, fällt mir spontan ein, denn dermaßen schnell, druckvoll und alles im Weg stehende niederreißend sprudeln “Those Times Are Over”, sowie “Kelly McGuire” aus den Boxen.
Fiddle, Banjo und auch die anderen Instrumente fahren anscheinend Doppelschicht. Geht es um Country, redet man ja gerne von Rhythmen, die an trabende Pferde erinnern – den erschöpften Cowboy durch die Prärie tragend. Umgesetzt auf die ersten beiden Jabe Songs müsste man folgendens schreiben: Cowboy war jahrelang im Knast und nun zieht es ihn unbändig nach Dodge City ins Puff. Um dem treuen Freund auf Höchstleistung zu bringen, bekommt der Vierbeiner einige aufgeschnittene Habanero Red in den Allerwertesten und schon lässt er jeden Dragster zur Weinbergschnecke mutieren.
Spaß beiseite, das ist Alternative Country pur. Mit “Honest As Pure Gold” wird das Tempo etwas zurückgefahren – aber es ist ein nach vorne treibender Song mit gekonntem Refrain. “Cold Cold Wind” ist eine weitere Steigerung. Midtempo, Mandolinenkläge die mehr als begeistern, etwas düstere Gitarrenstimmung, ja stellenweise etwas psychedelisch. Kurz: eine Übernummer.
Interessant, was andere Magazine über Jabe schreiben:
“Jam Magazine, New Hampshire”: ,"A blend of Americana and Grunge"
“East Coast Romper” (über Jabe Beyer): "the blood of Neil Young, Bruce Springsteen and Tom Waits running through his veins"
In der Tat erinnert manches an Young oder Springsteen. Aber immer ist dieser Cowboypunk mit an Bord. Und dann die Lyrics: Klar, genretypisch geht es meistens um Liebe und Suff, aber erstens ist genau das das Leben und zweitens kommen die Texte nicht banal daher, sondern schneiden voll ins Fleisch und zwar quer zur Faser.
Und wenn jetzt noch jemand sagt, er kennt einen Countrysong in dem es um Nekrophilie geht, dann glaub ich das nicht. “Crazy Anne Marie” ist trotzdem schön und wieder im Uptempobereich angesiedelt.
“Didn't Ever Blink” lädt zum Fußwippen ein und kommt traditionellen Countryliebhabern doch mehr entgegen. “Can't Be That Bad” ist eine tolle Ballade, die unweigerlich zum mitsingen animiert.
Düstere Crazy Horse Gitarren eröffnen “Damn Them Big Brown Eyes”. Roots, Americana, Alternative Country – weg vom bisherigen Cowboy Punk. Jabe Beyer verlieh der Band Jabe seinen Namen, aber allerspätestens jetzt wird klar, dass ihn dies nicht automatisch zum Alleinherrscher macht – die Band ist eine Einheit und spielt auf sehr hohem Niveau.
Düster auch “Pitch Black Road”. Eher 'ne Folk Nummer, denn Country. Vielseitig sind sie also auch, die Jungs.
“Wasted” rockt mit Swampanleihen, ja man fühlt sich als Passagier in einem Schnellboot durch die Sümpfe von Louisiana düsend.
“Jerk” nimmt das Tempo wieder zurück und zeigt, was ein Springsteen so nie konnte. “Into A Wall” knüpft da an, wo die beiden ersten Tracks endeten, erinnert außerdem etwas an die Pogues. Also wieder Gaul mit Chilli im Hintern. Brutale Bremse dann zum Abschluß der CD. Es wird wieder langsam und ein tolles, abwechslungsreiches Album geht zu Ende.
Alternative-Cowboy-Punk-Countryrock würde ich sagen. Kommt gut, macht Spaß und ist eine Empfehlung wert.
Spielzeit: 52:30, Medium: CD, Blue Rose Records 2004
1:Those Times Are Over 2:Kelly McGuire 3:Honest As Pure Gold 4:Cold Cold Wind 5:Crazy Anne Marie 6:Didn't Ever Blink 7:Can't Be That Bad 8:Damn Them Big Brown Eyes 9:Pitch Black Road 10:Wasted 11:Jerk 12:Into A Wall 13:You'd Think I'd Learn
Ulli Heiser, 11.07.2004