Japanese Voyeurs ist nicht, wie es der Name vermuten lässt, eine japanische Visual Kei-Band, sondern huldigt dem Post Grunge. Flanellhemdträger, kaputte Jeans- und Sneakerfetischisten können aufatmen, denn es tut sich wieder etwas in der fast nicht mehr existenten Grunge-Szene. Der Witz an der Sache ist: Der Fünfer kommt aus dem Vereinigten Königreich, und von dort hätte man wahrscheinlich am wenigsten Impulse zur Revitalisierung des Grunge erwartet.
Also ein neuer Aufguss von Altbekannten? Nein, hier haben sich fünf echte Fans getroffen, um ihrer Leidenschaft zu frönen - und die ist eben Grunge. Beim ersten Höreindruck muss man ihnen zugestehen, dass die Grunge-Kultur einen echten Kick bekommen hat. Eigentlich erwartet man etwas Oldschool und ist angenehm enttäuscht, dass dem doch nicht so ist.
Der Grunge hat also doch nicht abgewirtschaftet. Man kann dieses Konzept ruhig ambitioniert nennen, denn die fünf Protagonisten von Japanese Voyeurs haben mit ihrem Debütalbum "Yolk" einen Einstand nach Maß. Alles wirkt authentisch, dynamisch und emotionsgeladen. "You're So Cool" entspricht dem gewohnten Klangbild, wobei "Dumb" jedoch etwas aus der Reihe fällt.
Die Sängerin Romily Alice bläst hier einige Ladungen Punk in die Grunge-Blase und wirkt für den Hörer mit ihrem Gesangsstil etwas fremdartig. Dies ist jedoch nur am Anfang ungewohnt, denn wer Courtney Love-artige Gesänge erwartet, befindet sich auf dem Holzweg. Die Vorsängerin hat zwar nicht unbedingt das Stimmpotential um den üblichen, quälenden Stimmausdruck zu imitieren, vermittelt aber gerade dadurch eine komplett andere Stimmung.
Ansonsten funktionieren die Tracks so, dass es einem gelingt, problemlos in die Musik einzutauchen und sich damit zu identifizieren. Musikalische Verführer wie die Depressionshaken "Get Hole" oder "Milk Teeth" sind eine echte Vollbedienung und lassen Erinnerungen an vergangene Nirvana-Alben wie "Bleach" hochkommen. Als Kontrastprogramm bilden "Feed" und "Your Heart Is A Fist" die 'Balladen-Teilstrecke' und locken mit Keyboard und Streichern.
Wer damit kein Problem hatte, bemerkt spätestens jetzt, dass Japanese Voyeurs auch gute Komponisten sind. Was ist jetzt aber wirklich neu an "Yolk"? Es liegt wie so oft im Detail, auffällig sind die harten und kantigen Riffs, sowie der allgegenwärtige Bass und wem das noch nicht genug ist, kann sich an den verbalen Ausbrüchen der Sängerin erfreuen, deren mit Energie geladene Mischung nicht unbedingt symptomatisch für diesen Musikstil ist.
"Yolk" ist nicht unbedingt das Tribute-Album für die Seattle-Fraktion und mit Sicherheit auch kein neuer Aufbruch jenseits von Pearl Jam-Tragik. Aber hoch anzurechnen ist, dass nicht nur die Retro-Schiene bedient wird - denn dafür ist es noch zu früh - sondern frische Akzente gesetzt werden, die stilistisch die etwas enge Bandbreite des Grunge etwas erweitern.
8 von 10 RockTimes-Uhren
Line-up:
Romily Alice (vocals, guitar)
Tom Lamb (guitar)
Johnny Seymour (bass)
Steve Wilson (drums)
Rikki Waldron (keys)
Tracklist |
01:You're So Cool
02:Dumb
03:Cry Baby
04:Smother Me
05:Get Hole
06:Feed
07:Milk Teeth
08:Double Cheese
09:X-Ray Ted
10:That Love Sound
11:Heart Is A Fist
12:Blush
13:Stupid Snake (Hidden Track)
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