Jajaja, ich gebe es zu: Ich stehe auf Gitarren-Musik, besonders, wenn sie richtig kernig und trotzdem mit Melodieführung und eingängig ist. Ich gebe außerdem zu, dass mir unser Protagonist hier mit Ausnahme einiger Videoclips aus dem Internet nicht näher bekannt war. Zwar hatte ich die Rezension meines geschätzten Kollegen Mike gelesen, die dieser zu Beginn des letzten Jahres über das Debütalbum Rock'n'Roll Will Never Die geschrieben hat, aber ich bin bis auf die wenigen Exkurse zu einer bekannten Videoplattform nicht näher in das Thema Jimmy Gee eingetaucht. Und das, meine Damen und Herren, war ein Fehler, ein großer sogar. Seit mir das Zweitwerk vor kurzer Zeit ins Haus geflattert kam, liegt es bei mir im Auto und wird zu jeder längeren Fahrt eingeworfen.
Oh Mann, wie schön kann man allein beim Opener und Titelsong "Rock Your Town" den bundesdeutschen Highway hinunterdüsen und sich den Wind (nun ja, momentan ist es eher der Regen…) durch die dünner werdende Matte wehen lassen. Und ich bin dann sehr froh, dass mein Navi (Achtung, nicht verraten!) eine integrierte akustische und optische Radarwarnfunktion hat, denn Zeit und Raum werden beim Dahinfliegen relativ. Im Ernst, das ist Rock der Achtziger, speed and power inklusive. Riffing und Soloeinlagen sind beide vom Meister himself eingespielt und er macht wahrlich keine schlechte Figur. Harte, passende Riffs und durchaus filigrane Soli, kein übertriebenes ich-kann-aber schneller spielen-als- Steve Vai oder so. Da wird mit kleinen und manchmal auch größeren Reminiszenzen an etwas bekanntere Kollegen richtig, richtig gut abgerockt. Kerl, komm mal in den äußersten Westen, ich will Dich live erleben, klar?!
Egal, wie oft ich diese Scheibe schon habe durchlaufen lassen, es kommen immer wieder andere Assoziationen hoch. Diese aber sind dergestalt, dass man nicht an schlichtes Kopieren denkt, sondern es werden einfach nur Erinnerungen an die gute alte Zeit geweckt. Sagte ich das mit den Achtzigern bereits? Ob es sich um kleine Anlehnungen an Steven 'Big Lips' Tyler, den von mir sehr geschätzten Alice Cooper oder sogar ein bisschen Glam Rock à la The Sweet handelt (ok, das ist jetzt nicht gerade Eighties, aber sagen wir mal die Siebziger weiterentwickelt…).
Nach den ersten vier Tracks, die sich allesamt nicht viel nehmen und recht kompakt mit einem zünftigen Hard Rock-Tempo daherkommen, bescheren uns Jimmy und seine musikalische Begleitung mit "Hundred Million Tears" eine erste Ballade, die sich wirklich nicht hinter denen aus der Hochzeit der Stadion Rock-Ära verstecken muss. Sehr coole und packende Chorus-Passagen, astreiner Gesang, ohne in den Schmalztopf zu fallen. So geht das und nicht anders!
Auch ohne den Songtitel gelesen zu haben, weiß der aufmerksame Hörer sofort, dass wir es mit etwas Arabischem zu tun haben, wenn die ersten Töne von "Arabian Girl" erklingen. Und wenn jetzt irgendjemand denkt, wir bekämen nun entweder einen Abklatsch von Gates Of Babylon oder irgendeine Nummer aus der Rubrik Weltmusik, dann liegt derjenige vollkommen falsch. Wir bekommen einen richtig kernigen Rocker geliefert, der kleine aber feine orientalische Akzente setzt. Das ist noch nicht einmal so aufdringlich (im positiven Sinne), wie wir es z. B. von der Alex Oriental Experience her kennen. Nix mit Saz und so, höchstens mal hier ein paar Töne auf der Gitarre beim Intro, dort ein kleines Solo mit einer klitzekleinen Prise Orient - wunderbar, Anspieltipp.
Es bleibt kaum Luft zum Atmen, der sich anschließende Track "I Can't Stop My Love" stellt sich mit beinhartem Riff vor und lässt auch im Verlauf des Songs nicht für eine Sekunde nach. Dazu treibt die Rhythmusabteilung den Gitarristen und Sänger in Personalunion immer weiter nach vorn. Er kann mit seiner Stimme ein richtig gutes Spektrum abdecken: von derbe bis melodiös und ab und zu auch mal ein kleiner Ausflug in die ganz hohen Lagen.
"I Would Die For Your Love" ist dann die nächste Ballade, sanft, nur Gesang und ein wenig Gitarre zu Beginn, bevor dann die Drums und der Tieftöner dazukommen, aber auch hier nur ein paar Akzente setzend. Natürlich nimmt der Song damit ein wenig an Intensität und Drama zu, die elektrische Gitarre verstärkt den Eindruck, und auch ein kleines Solo frei nach Gary Moore wurde eingebaut.
Beim folgenden "Life Without Love" muss ich zu Beginn irgendwie an Bon Jovis "Runaway" von deren Debütalbum denken - aber das passt ja auch in die Zeit Anfang/Mitte der Achtziger. Ansonsten entwickelt sich natürlich eine vollkommen eigenständige Nummer, die für mich eine der besten des Albums wird.
"My Toy" rockt noch einmal die Bude, bevor es dann mit "The Voices Calling Me" recht zurückgefahren mit der Scheibe zu Ende geht. Aber halt, da gibt es doch noch einen Hidden Track, der mal eine ganz andere Seite unseres Wahlberliners zeigt und uns dann schön bluesig-swingend und schuffelnd, aber endgültig aus der Platte wirft. Dieses letzte Stück, wie auch immer er es nennt, steht trotz oder gerade wegen seiner Andersartigkeit für das gesamte Album. Es zeigt hervorragend, dass wir es hier mit einem Künstler zu tun haben, der mehr als nur sein Brett zerlegen kann. Das komplette Album ist so etwas von wenig langweilig, dass es eine wahre Freude ist. Und jetzt bringe ich die CD ganz schnell wieder in mein Auto!
Line-up:
Jimmy Gee (guitars, vocals)
Eda Schilling (keybaords, backings)
Ingo Siara (bass, backings)
Zeus X. Machina (drums)
Tracklist |
01:Rock Your Town
02:Groupie Girl
03:I'm Bad
04:Heart Attack
05:Hundred Million Tears
06:Arabian Girl
07:I Can't Stop My Love
08:I Would Die For Your Love
09:Life Without Love
10:My Toy
11:The Voices Calling Me
12:'hidden track'
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